Sogenannte Spacs (Special Purpose Acquisition Companies) sind vor allem bei vermögenden Anlegern beliebt. Können auch gewöhnliche Investorinnen vom Boom bei diesen Mantelgesellschaften profitieren – und empfiehlt es sich überhaupt?
Christian Zogg: Die meisten Anleger sind wahrscheinlich irgendwann gegen Ende 2020 zum ersten Mal mit dem Begriff konfrontiert worden. Wenn ein "normales" Unternehmen an die Börse will, hat es in der Regel bereits mehrere Jahre mit einem nachweislichen "Track Record" hinter sich und der Anleger kann zumindest nachvollziehen, wie es sich mit seinen Produkten in der realen Wirtschaft entwickelt hat. Ein SPAC ist dagegen eine Art Mantelgesellschaft ohne operative Tätigkeit, einzig mit dem Versprechen, eine andere Gesellschaft zu kaufen. Das akquirierte Unternehmen wird dann indirekt über eine Verschmelzung an die Börse gebracht, ohne dass die sonst üblichen Prüfverfahren greifen würden. Wir empfehlen Privatanlegern grundsätzlich, sich nicht in solchen Papieren zu engagieren.
In einer neuen Studie von Raiffeisen schnitt ein Portfolio aus Schweizer Aktien und Obligationen besser ab als ein mit internationalen Titeln bestücktes Portfolio (zwischen 2008 und 2020). Ergibt es Sinn, nur auf heimische Titel zu setzen?
Die Marktkapitalisierung des Schweizer Aktienmarktes ist im Vergleich zur Wertschöpfung im Land, gemessen am BIP, sehr hoch. Das ist schon ein Indiz dafür, dass die börsenkotierten Unternehmen ihre Erträge zum höchsten Teil im Ausland erwirtschaften. Das macht relativ kleine Volkswirtschaften wie die Schweiz sehr kompetitiv und ihre Unternehmen sind erfolgreich auf den Weltmärkten unterwegs. Trotz dieses Erfolgs beträgt das Gewicht des Schweizer Aktienmarktes am weltweiten Aktienmarkt (MSCI Welt Free Float) jedoch "nur" 2.5 Prozent. Der US-Aktienmarkt hat ein Gewicht von 60 Prozent, Europa (ex Schweiz) rund 14 Prozent. In einem "Balanced"-Portfolio investieren wir auch überproportional rund 20 Prozent in Schweizer Aktien. Wir wollen aber dennoch von den Opportunitäten in anderen Märkten profitieren und legen 23 Prozent in globalen Aktienmärkten (inklusive Schwellenländer) an.
Christian Zogg ist Stv. Geschäftsführer der LLB Asset Management in Vaduz und verantwortlich für den Bereich Equity & Fixed Income der LLB-Gruppe, die in Liechtenstein, der Schweiz, Österreich und im Nahen Osten vertreten ist. |
Wagen wir ein Gedankenexperiment: Eine glückliche Lottospielerin, ein glücklicher Lottospieler gewinnt einen Betrag in mehrfacher Millionen-Franken-Höhe. Welche Anlagetipps geben Sie dieser Person – vorausgesetzt, dass sie bereits ein gesichertes Einkommen und etwas Vermögen hat?
Unabhängig davon, ob es eine Lottospielerin oder ein Lottospieler ist, würden wir die gleiche Anlagestrategie empfehlen. Wenn es die persönliche Situation (Risikofähigkeit und -neigung) zulässt, würden wir auf langfristigen Kapitalzugewinn setzen und deshalb mindestens ein Risikoprofil "Wachstum" umsetzen. Zusätzlich böte sich die Option "Nachhaltig" oder "Traditionell" Für die Referenzwährung (CHF) sähe das Portfolio "Nachhaltig" derzeit etwa so aus: Eine Aktienquote von gesamthaft zwei Dritteln des Portfolios, aufgeteilt in 30 Prozent im Heimmarkt Schweiz; in entwickelten Märkten International 30 Prozent und in Schwellenländern 7 Prozent. Dazu kommen verschiedene Obligationenmärkte von rund 17 Prozent. Wandelanleihen und Cat-Bonds zu je 5 Prozent bilden zusätzliche Bausteine.Ergänzt wird das Portfolio mit Realwerten in Form von Immobilien Global (3 Prozent) und Gold (2 Prozent). Rund 2 Prozent verbleiben als Cashreserve. Der Aktienteil International kann dann noch durch individuelle Impact-Themen angereichert werden. Wenn bisher zur Miete gelebt wurde, würden wir im Weiteren prüfen, ob eine Liegenschaft (Haus oder Stockwerkeigentum) erworben werden sollte.
Italien dürfte besonders stark von den Hilfen des EU-Wiederaufbaufonds profitieren. Lohnt es sich für Investorinnen, jetzt auf ausgewählte italienische Titel zu setzen?
Die Marktkapitalisierung des italienischen Aktienmarkts von etwas über 400 Milliarden US-Dollar beträgt nur etwa ein Viertel des Schweizer Aktienmarktes. Ein Blick auf den Kurszettel offenbart, dass die grössten Unternehmen aus den Sektoren Finanz, Versorger, Automobil und Luxusgüter stammen. Wie die Gelder aus dem EU-Aufbaufonds letztendlich eingesetzt werden, ist schwierig zu beurteilen. Bankaktien müssten von einer Entlastung auf der Kreditseite profitieren. Auf unserer Empfehlungsliste Europa figurieren derzeit mit Enel (Versorger) und Intesa Sanpaolo (Bank) zwei italienische Aktien.
Das Interview wurde schriftlich geführt.
Dies ist eine gekürzte Version des auf handelszeitung.ch erschienenen Interviews mit dem Titel: "'Wir empfehlen Privatanlegern, sich nicht in SPAC-Papieren zu engagieren'" |