DocMorris kommen auch nach der Kapitalerhöhung, die eigentlich viel Unsicherheit aus dem Weg hätte räumen sollen, nicht in die Gänge. Am Dienstag markierte der Valor ein neues Allzeittief bei 6,75 Franken, ehe sich der Titel am Mittwoch auf 7,00 Franken erholte. Beinahe 12 Prozent beträgt der Verlust innerhalb der letzten Woche und zur Erinnerung: Während guten Zeiten kostete eine Aktie der Versandapotheke mehr als 240 Franken.
Neben der Kapitalerhöhung hätte auch die Ankündigung des Einstiegs des polnischen Gesundheitskonzern Pelion im Mai für positive Bewegung sorgen sollen. Gänzlich verpufft sind hingegen Anpassungen der Kaufempfehlung von Jefferies vom 4. Juni, welche den Titel mit einem Kursziel von 15 Franken weiter zum Kauf anpreisen.
Stellt sich die Frage, wieso die Aktie trotz positiven Neuigkeiten - die von Bloomberg befragten Analysten haben ein durchschnittliches Kursziel von 12,63 Franken - dermassen schwächelt. Einerseits dürften verschiedene Investoren zu Verleiderverkäufen geschritten sein, da bisher eine nachhaltige Kurserholung ausblieb. Zweitens könnte es nach Abschluss der Kapitalerhöhung einmal mehr die Leerverkäufer auf den Plan gerufen haben. Diese setzten auf sinkende Kurse, in dem Aktien verkauft werden, ohne diese zu besitzen.
Ein Blick in die Research-Studien der Deutschen Bank über die letzten Wochen liefert weitere Begründungen, wieso bei DocMorris weiter der Wurm drin steckt. Der Research-Analyst Jan Koch betonte Anfang April, dass Investoren erleichtert sein dürften, dass das Unternehmen die Kapitalerhöhung in Höhe von 200 Millionen Franken erfolgreich abgeschlossen hat. Diese dürfte DocMorris helfen, das Wachstum wieder zu beschleunigen. Aber fügt Koch an: «Die Profitabilitätsaussichten für 2025 und 2026 liegen unter den Erwartungen und werden voraussichtlich zu weiteren Abwärtskorrekturen bei den Gewinnerwartungen führen.»
Mitte April doppelt der Experte nach und meinte, darüber hinaus muss DocMorris noch beweisen, dass es vom E-Rezept-Markt in Deutschland, wo es derzeit deutlich hinter seinem Konkurrenten Redcare Pharmacy zurückliegt, sinnvoll profitieren kann. DocMorris war einst der grösste Anbieter von Rezepturen in Europa, doch Redcare hat ihn durch das Joint Venture mit Galenica deutlich überholt - auch in Deutschland, wo das Rezepturgeschäft von Redcare bis Ende 2025 voraussichtlich doppelt so gross sein wird wie das von DocMorris.
Der Analyst der Deutschen Bank senkte deshalb erneut seine Gewinnschätzungen, um diese an die neue Prognose von DocMorris für 2025 anzupassen. «Wir bleiben unter der mittelfristigen Prognose des Unternehmens, da wir konkretere Beweise für die Fähigkeit von DocMorris benötigen, sein Wachstum wieder zu beschleunigen.» Der Experte behält seine Einstufung «Halten» bei, erkenn jedoch an, dass das zweite Quartal ein positiver Katalysator sein könnte, da das Management einen erwarteten Anstieg des Rezepturwachstums in diesem Quartal ankündigt. Das Kursziel lautet 9,85 Franken.
Ähnlich wie Koch von der Deutschen Bank argumentiert auch die Zürcher Kantonalbank (ZKB). Allerdings ist der Grundtenor des ZKB-Analyst Gian Marco Werro deutlich weniger optimistisch. Alles hänge nun davon ab, ob DocMorris die eingeschlagene Strategie erfolgreich umsetzen könne. «Durch die Kapitalbeschaffung sollte sich die Neukundengewinnung von DocMorris beschleunigen lassen – die Frage ist weiterhin, wie erfolgreich und zu welchen Kosten», betont der ZKB-Experte. Er veranschlagt das Kursziel bei 8 Franken mit dem Rating «Market Perform». Werro rät weiterhin von einem Kauf ab.
Es liegt nun also an DocMorris selber, den Turnaround nachhaltig zu schaffen und die gebrannten Investoren wieder für sich zu gewinnen. Ansonsten heisst es in ein paar Jahren bei DocMorris Lichter löschen - oder die Onlineapotheke wird zum Schleuderpreis an den Meistbietenden verkauft. Denn eine neuerliche Kapitalerhöhung scheint mit einem unveränderten Erfolgsausweis unwahrscheinlich.