Eine schlechte Nachricht zur Konjunkturentwicklung in der Eurozone jagt die nächste. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt ist im dritten Quartal schwächer gewachsen als erwartet, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Schwach fielen auch die Einkaufsmanagerzahlen für Frankreich und Deutschland aus. Für Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank, deutet der Einkaufsmanagerindex denn auch auf eine Rezession in Deutschland hin.
Entsprechend ist die Europäische Einheitswährung zum Schweizer Franken weiter unter Druck und notierte am Freitag kurzzeitig auf einem 10-Jahreshoch von 0,9206 Franken.
Deutliche Worte kommen auch von George Saravelos, Stratege der Deutschen Bank. Er schrieb in einem Kommentar nach den überraschend schwachen Einkaufsmanager-Zahlen: «Wir bleiben beim Euro zum Dollar sehr pessimistisch. Trump ist nur zu 30 Prozent eingepreist. Deutschland läuft Gefahr einer langfristigen Stagnation.»
Schweizer Wirtschaft zeigt sich weiter robust
Im Vergleich zu Deutschland ist die hiesige Wirtschaft in diesem Jahr schneller gewachsen als erwartet. Die von Bloomberg befragten Ökonomen prognostizieren ein Wachstum beim Bruttoinlandsprodukt in der Schweiz 2024 von rund 1,5 Prozent. In Deutschland wird dagegen bestenfalls eine schwarz null erwartet.
Grund für die Talfahrt des Euros sowohl zum Franken als auch zum Dollar sind allerdings nicht nur enttäuschende Kennzahlen aus der Eurozone. Die Geopolitik und die Aussicht auf einen sicheren Währungshafen tragen ebenfalls dazu bei. Das verstärkt den Pessimismus zusätzlich und könnte gemäss Bloomberg-Analysten den Euro zum Franken rasch auf 0,92 oder gar 0,90 Franken drücken.
Die Währungsexperten der ING Bank argumentieren ähnlich und meinen, die Europäische Zentralbank (EZB) werde die Zinsen bis zum zweiten Quartal nächsten Jahres um 150 Basispunkte senken - und damit deutlich stärker als die Schweizerische Nationalbank mit 50 Basispunkte.
«Wir glauben, dass die SNB einen Kurs von 0,90 Franken im nächsten Jahr tolerieren kann, denn obwohl der Schweizer Franken gegenüber Europa stark sein mag, wird die Franken-Schwäche gegenüber dem Dollar die Aufwärtsbewegung des handelsgewichteten Franken begrenzen,» so die Devisenstrategen der ING Bank weiter.
Mit der Schwäche des Euros zum Dollar ergibt sich für die EZB zudem ein neues Problem. Ein tiefer Euro erhöht die Importpreise für Güter und Energie. Das könnte die Inflation in der Eurozone erneut anheizen. Gerade umgekehrt ist die Situation dagegen in der Schweiz: Dank der Frankenstärke sinken die Importpreise und halten die hiesige Teuerung in Schach.
Deviseninterventionen werden nicht ausgeschlossen
Die SNB könnte bei einem raschen Absinken des Euro zum Franken gezwungen sein, am Devisenmarkt zu intervenieren. SNB-Präsident Martin Schlegel wies Ende des dritten Quartals auf das Hindernis eines starken Frankens hin. Die anhaltende Aufwertung des Frankens spricht deshalb für eine Zinssenkung um 25 Basispunkte bei den Sitzungen im Dezember und März.
Mögliche Devisenmarktinterventionen dürften die Franken-Bullen aber kaum aufhalten. Solange die Schweiz einen hohen Leistungsbilanzüberschuss aufweist und preisunempfindliche Waren wie Pharmaprodukte exportiert, wird sich an der langfristigen Frankenstärke wenig ändern.
2 Kommentare
...bis die SNB wieder interveniert, wie heute. Aber richtig, langfristig geht's immer schön und solid runter.
Vielleicht weil die EZB mit Ulrich Bindseil und Jürgen Schaaf schlecht beraten ist.