Einiges war für die Finanzmärkte schon absehbar, als Donald Trump im November zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde. Etwa, dass er seine Agenda härter durchziehen würde als während seiner ersten Amtszeit - schliesslich hat er die Schmähungen seiner ultraliberalen Influencer nicht vergessen, er sei 2016 bis 2020 ein Weichei gewesen. Absehbar zum Beispiel war auch, dass er relativ zügig die US-Notenbank für einen Börsenrückgang schuldig machen würde - zugleich mit der Forderung, die Leitzinsen zu senken. Beides ist eingetreten.

Nicht absehbar waren indes vor allem der Umfang seiner Zollpolitik und damit verbunden das beinahe schon epische Ausmass der Marktverwerfungen innert kurzer Zeit. Der Hangseng-Index in Hongkong verzeichnete am Montag den grössten Tagesverlust seit 1997. Die Bewertungen der US-Aktien sind innert weniger Tage auf das Niveau von 2023 zurückgefallen. Hedgefonds verzeichneten am Donnerstag ihre bisher höchsten Netto-Tagesverkäufe von globalen Aktien. Es liessen sich noch viele Exempel aufzählen. 

Der Trump-Crash unterscheidet sich vom Covid-Absturz, von der Finanzkrise oder der Dotcom-Crash aber dadurch, dass er nun quasi herbeigezwungen wurde. Was ihn auch vergleichslos macht. Notenbanken weltweit lockerten bei früheren Crashes alsbald die Geldpolitik und fluteten mit fantasiereichen Notprogrammen die Märkte mit Liquidität. Davon sind wir aus heutiger Sicht noch weit entfernt.

Wie lange der Absturz andauert - das weiss natürlich niemand. Ausser Trump und seine Berater. Dass er sich von den ersten warnenden Worten von Freunden wie Hedgefonds-Milliardär Bill Ackman beeindrucken lässt, ist wenig wahrscheinlich. Trump spielte übers Wochenende Golf in Florida und veröffentlichte davon ein Video. Die Zwischenwahlen sind noch weit weg. Und im ersten Jahr nach Amtsübernahme kann man seinem Vorgänger noch viel Schuld geben an Missständen.

Doch wie soll man sich als Anleger nun verhalten? Jetzt noch Aktien verkaufen ist wohl der schlechteste Ratgeber. Retail-Investoren hinken in turbulenten Börsenphasen den Profi-Anlegern immer hinterher. Während die Kleinanleger inmitten von Börsen-Crashes noch Aktien verkaufen, bauen institutionelle Anleger ihre Bestände da und dort oft wieder auf. Viele müssen dies mit Blick auf die Zielstrategie einer Vermögensallokation auch tun.

Unter langjährigen Börsenprofis tut sich wie üblich eine lange Bandbreite an Empfehlungen auf. «Bond-König» Bill Gross rät Anlegern, nicht in ein fallendes Messer zu greifen. Trump könne in nächster Zeit keinen Rückzieher machen. Dafür sei er zu sehr Macho.

Kapitalmarktstratege und Wall-Street-Veteran Edward Yardeni dagegen sah am US-Aktienmarkt schon letzte Woche Schnäppchenpotenzial. Trump werde in den nächsten drei bis sechs Monaten mit den US-Handelspartnern so dealen, dass er einen Sieg verkünden könne.

Die Wahrheit bei diesen beiden Standpunkten? Sie liegt irgendwo dazwischen. Ein Zurück zu den alten, schönen Börsentage prä-2025 wird es in nächster Zeit nicht geben. Nicht vergessen dürfen Anleger jedoch, dass viele Aktien von Unternehmen mit soliden Bilanzen, hohen Gewinnen und konstant hohen Cashflows nun teils auf Mehrjahrestiefs gefallen sind. Die Kurse dieser Unternehmen werden sich erholen.

Langfristig orientierte Investoren sollten sich die Geschichtsbücher vor Augen halten. Ob eine Börsen-Korrektur nur ein paar Wochen, einige Monate oder zwei bis drei Jahre dauert - die Wende kam immer.

Daniel Hügli
Daniel HügliMehr erfahren