Arzneimittel sind von den Zöllen von US-Präsident Donald Trump bisher noch ausgenommen. Doch der Republikaner hat letzte Woche erneut gedroht, dass er auch Strafzölle auf den Import von Medikamenten erheben will. Es war nicht die erste Drohung diesbezüglich.
In den vergangenen Wochen verhängte er bereits Zölle auf Rohstoffe und Vorprodukte aus China, welche die Branche nutzt, und kritisierte wiederholt die Arzneimittelproduktion in Europa. Diese will er mit einer separaten Zollankündigung ins Visier nehmen. Die Abgaben könnten «25 Prozent oder mehr» betragen, hatte er in Aussicht gestellt.
Hier ein Überblick über Trumps Pläne, die Reaktionen der Pharmaindustrie und mögliche Folgen.
WAS TRUMP DER PHARMAINDUSTRIE VORWIRFT
Trump fordert, dass grosse Pharmakonzerne wie Eli Lilly, Pfizer und Johnson & Johnson mehr Medikamente für US-Patienten im eigenen Land produzieren, um die Abhängigkeit vom Ausland zu verringern und die Steuereinnahmen zu erhöhen. Viele Originalpräparate werden teilweise in Europa hergestellt, insbesondere in Irland, wo niedrige Unternehmenssteuern gelten. Dort entstehen wichtige Wirkstoffe etwa für Lillys Abnehmspritze Zepbound oder die Krebsimmuntherapie Keytruda von Merck & Co.
Trump kritisiert auch, dass US-Pharmakonzerne geistiges Eigentum in Irland registrieren, um von den niedrigeren Steuersätzen zu profitieren. Ausserdem moniert er, dass die USA nicht mehr genügend Antibiotika selbst produzierten – diese sowie viele Generika stammen überwiegend aus China und Indien.
Der US-Präsident beschwert sich darüber hinaus über die hohen Preise für Originalmedikamente in den USA im Vergleich zu anderen reichen Ländern, insbesondere in Europa: «Diese Länder sind clever», sagte er. «Sie sagen, man dürfe nicht mehr als 88 Dollar verlangen, sonst könne man sein Produkt nicht verkaufen, und die Pharmakonzerne hören auf sie.»
Anders als Länder wie Deutschland oder England, die Medikamente zentral für ihre Gesundheitssysteme einkaufen, überlassen die USA Preisverhandlungen meist privaten Anbietern. Erst unter dem vorherigen Präsidenten Joe Biden begann die US-Regierung, für einige Arzneien der staatlichen Medicare-Programme selbst Preise zu verhandeln.
WIE DIE BRANCHE REAGIERT
Pharmakonzerne drängen laut Insidern darauf, etwaige Zölle schrittweise einzuführen, um die Auswirkungen der Belastungen zu verringern und Zeit für die Umstellung der Produktion zu gewinnen. Mehrere Unternehmen, darunter Eli Lilly, kündigten seit Trumps Amtsantritt an, ihre Investitionen in die Produktion in den USA zu erhöhen. Auch der dänische Konzern Novo Nordisk und andere verwiesen auf Bemühungen, mehr Medikamente für den US-Markt im Land herzustellen. Novartis kündigte Investitionen in der Höhe von 23 Milliarden Dollar an.
Der Branchenverband PhRMA betont allerdings, dass der Bau einer neuen Produktionsanlage in den USA bis zu zwei Milliarden Dollar kosten und fünf bis zehn Jahre dauern könne – ein Argument der Industrie gegen sofortige Zölle. Einige Firmen stockten bereits Lagerbestände auf, indem sie Medikamente per Luftfracht aus Europa in die USA bringen.
WANN KÖNNTEN DIE ZÖLLE KOMMEN?
Trumps Anordnung in der vergangenen Woche listete Pharmazeutika neben Holz, Halbleitern und anderen Sektoren auf, die gemäss Abschnitt 232 des Handelsgesetzes von 1962 untersucht werden könnten, um die Auswirkungen von Importen auf die nationale Sicherheit der USA zu ermitteln. Das Handelsministerium muss die Untersuchung innerhalb von 270 Tagen abschliessen. Einen genauen Zeitpunkt nannte Trump noch nicht. Am 8. April sagte er jedoch, eine Ankündigung zu Arzneimittel-Zöllen werde «sehr bald» folgen – ohne auf das Prüfverfahren einzugehen.
WELCHE FOLGEN HÄTTEN DIE ZÖLLE?
Branchenvertreter und Experten für Arzneimittelpreise warnen, dass Zölle das Risiko von Engpässen bei günstigen Generika wie Antibiotika erhöhen könnten, weil sich die Hersteller die Produktion wegen der zusätzlichen Kosten nicht mehr leisten könnten. Die Zölle könnten auch die Gewinnspannen von teuren Markenarzneimitteln und Biotech-Medikamenten schmälern, so dass den Arzneimittelherstellern weniger Geld für Investitionen in die Forschung und Entwicklung künftiger Arzneimittel zur Verfügung steht.
(Reuters/cash)