Obwohl die Bilanzsaison bis weit in den März hinein das Börsengeschehen in der Schweiz mitprägen wird, rücken allmählich auch die Generalversammlungen (GV) in den Fokus. Der Pharmakonzern Novartis zum Beispiel wird bereits am 7. März seine jährliche Aktionärsversammlung abhalten und dabei die Dividenden für 2022 festlegen. In den allermeisten Fällen werden die Dividendenänderungen bereits mit der Bekanntgabe Jahreszahlen vorgeschlagen.
Das Anlaufen der GV-Saison hat zweierlei Implikationen: Wer erstens zum Zeitpunkt der Generalversammlung in Besitz der jeweiligen Titel ist, kommt üblicherweise in den darauf folgenden Handelstagen in den Genuss der Auszahlung. Zweitens steigt der Aktienkurs in den Monaten und Wochen vor dem Dividendentermin meist an, da sich Anleger mit den meist sehr beliebten Aktien eindecken.
Gerade dividendenstarke Titel sind daher vor der Dividendenausschüttung "teurer" und verlieren dann direkt nach der Ausschüttung deutlich an Wert. Die Dividende wird ausbezahlt und vom Kurs weggerechnet. Die Aktie ist dann für einige Investoren schlichtweg nicht mehr gleich attraktiv.
Swisscom steigt «immer» in den Monaten vor dem Dividendenabschlag
Augenscheinlich ist dieses Phänomen Jahr für Jahr bei der Swisscom. Die Aktien des Telekommunikationskonzerns haben in den letzten drei Monaten 13 Prozent gewonnen. Seit Mitte Oktober beträgt das Kursplus gar rund 30 Prozent. Der Dividendenabschlag - wohl knapp 4 Prozent - wird bei der Swisscom nach dem GV-Termin Ende März wohl an der Börse innert Wochen wieder wettgemacht. Letzteres gilt generell bei gesunden Firmen mit einem nachhaltigen Geschäftsmodell.
Bei Novartis hat dieser bei der Swisscom zu beobachtende "Dividenden-Boost" heuer noch nicht gefruchtet, was an der Kursentwicklung von minus 4 Prozent in den letzten drei Monaten abzulesen ist. Die Aktie hat Anfang Februar im Vorfeld der durchzogenen Jahreszahlen korrigiert und ist seither nicht mehr in Schwung gekommen. Dies, obwohl eine doch stolze Ausschüttungsrendite von 4 Prozent winkt.
Doch kurzfristig könnte bei Novartis etwas drin liegen: Man kann häufig beobachten, dass grosse Dividenden-Aktien auch noch wenige Tage vor dem Ex-Tag deutliche Kursgewinne verzeichnen, weil einige Anleger noch auf dem "Dividenden-Zug" mit aufspringen möchten. Zudem sehen die von Bloomberg befragten Analysten - auch wegen der guten Produktpipeline und der Qualität der Bilanz - den Titel auf Jahressicht deutlich höher.
Nestlé auch kurzfristig interessant
Für Anlegerinnen und Anleger könnte es daher interessant sein, gute Dividendenzahler mit einer Kursschwäche jetzt noch ins Portfolio zu holen: Wie die untenstehende Tabelle zeigt, gibt es mit OC Oerlikon, Zurich Insurance, Mobilezone, Vontobel, Coltene, Roche oder Nestlé mehrere Titel, die in den letzten drei Monaten an Boden verloren haben oder nicht vom Fleck kommen. Die Liste mit ausgewählten Schweizer Dividendentiteln ist nach der geschätzten Dividendenrendite geordnet. Mit "GV-Datum" ist das Datum der Generalversammlung gemeint.
Titel | Dividendenrendite | Kursentwicklung in den letzten 3 Monaten | GV-Datum | Titel | Dividendenrendite | Kursentwicklung in den letzten 3 Monaten | GV-Datum |
Leonteq | 7,6 Prozent | +22 Prozent | 30. März | Swiss Life | 4,7 Prozent | +11 Prozent | 28. April |
Adecco | 7,2 Prozent | +8 Prozent | 12. April | Sulzer | 4,7 Prozent | +14 Prozent | 19. April |
Swiss Re | 6,2 Prozent | +16 Prozent | 12. April | Kühne+Nagel | 4,5 Prozent | +7 Prozent | 9. Mai |
OC Oerlikon | 5,9 Prozent | -7 Prozent | 21. März | Coltene | 4,2 Prozent | -12 Prozent | 19. April |
Zurich Insurance | 5,9 Prozent | -2 Prozent | 6. April | Novartis | 4,0 Prozent | -4 Prozent | 7. März |
Mobilezone | 5,3 Prozent | +4 Prozent | 5. April | Holcim | 3,9 Prozent | +17 Prozent | 4. Mai |
Vontobel | 5,2 Prozent | -2 Prozent | 4. April | Swisscom | 3,8 Prozent | +13 Prozent | 28. März |
Cembra Money Bank | 4,9 Prozent | +10 Prozent | 21. April | Roche | 3,4 Prozent | -11 Prozent | 14. März |
Helvetia | 4,8 Prozent | +13 Prozent | 28. April | ABB | 2,7 Prozent | +7 Prozent | 23. März |
Burkhalter | 4,7 Prozent | +7 Prozent | 16. Mai | Nestlé | 2,7 Prozent | -4 Prozent | 20. April |
Der Pharmakonzern Roche, der am 14. März seine GV abhält, hat zuletzt wegen eines durchmischten Zahlenset beim Jahresabschluss und dem Verkauf von 2,7 Millionen Inhaberaktien durch Mitglieder der Roche kontrollierenden Familie Schwäche gezeigt. Auch Rückschläge in der Produkt-Pipeline haben auf die Kurse gedrückt, so dass der Genussschein in drei Monaten 11 Prozent verloren hat.
Obwohl das Innovationspotenzial von Roche - und damit das Kurspotenzial - langfristig intakt bleibt, sollten Anlegerinnen und Anleger hier in den nächsten Wochen trotzdem nicht mit grossen Kurssprüngen rechnen. Gerade Dividendenperlen sollte man aber ohnedies nicht vor der Dividendenausschüttung abstossen - es sei denn, man ist gar nicht an der Dividende interessiert, sondern nur an Kursrenditen.
Nestlé hingegen könnte wie letztes Jahr vor der GV am am 20. April einen Auftrieb erfahren und Anlegerinnen und Anleger daher in doppelter Weise profitieren. Der Nahrungsmittel- und Getränkeriese, dessen Aktie in den letzten drei Monaten leicht rückläufig war, hat im vergangenen Jahr trotz Preis- und Umsatzsteigerungen zwar weniger verdient.
Zurich Insurance weiterhin ein interessanter Kauf
Während Anlegerinnen und Anleger bei OC Oerlikon oder Mobilezone noch die Geschäftszahlen und die Reaktion der Börse abwarten, ist Zurich Insurance mit einer Dividendenrendite von 5,9 Prozent unter den Versicherern nach der Seitwärtsbewegung der letzten drei Monaten ein interessanter Kandidat für mögliche Kursbewegung nach oben.
Die Aktien von Kühne+Nagel, die punkto Dividende fast 5 Prozent rentieren, haben in den letzten drei Monaten 7 Prozent dazugewonnen und haben gerade im Februar einen sehr guten Lauf. Das könnte sich im Hinblick auf die Dividendenzahlung noch fortsetzen. Eine ähnliche Kursentwicklung weisen die Aktien von Burkhalter auf, welche eine Dividendenrendite von 4,7 Prozent aufweisen. Auch hier könnte sich ein Einstieg lohnen.
Dies gilt nicht für den Dentalbedarfshersteller Coltene. Dieser ist im vergangenen Jahr beim Umsatz und bei der Profitabilität unter den eigenen Erwartungen geblieben, was sich auf den Aktienkurs ausgewirkt hat. Der seit August 2021 bestehende Abwärtstrend wurde auch in den letzten drei Monaten fortgesetzt. Immerhin ist damit auch die zu erwartende Dividendenrendite auf 4,2 Prozent angestiegen. Wegen dem und dem langfristigen Potenzial für Dentalbedarf sollte man trotzdem nicht in ein fallendes Messer greifen.