Seit Anfang Oktober, als sich die US-Wahlen zunehmend zugunsten von Donald Trump entwickelten, hat der US-Dollar zum Höhenflug angesetzt. Gemessen am Dollar-Index, der den Wert des Dollars gegenüber einem Währungskorb misst, legte er um gut 6 Prozent zu und erreichte den höchsten Stand seit Januar 2022. Gegenüber dem Franken stieg er von 84 auf über 89 Rappen. Das ist der höchste Stand seit Juli 2024. Dennoch ist der Dollar noch immer 12 Prozent niedriger als 2022.

Kursentwicklung des Währungspaares (USD/CHF).

Der Anstieg des Dollars wird unter Marktbeobachtern auf die Inflationsgefahr durch die von Trump angedrohten Strafzölle und die angekündigten Steuersenkungen zurückgeführt. Dies könnte die US-Notenbank Fed daran hindern, die Zinsen im gleichen Umfang zu senken, wie noch vor zwei Monaten erwartet. Damals wurde für Ende 2025 ein Fed-Zins von 3,00 Prozent prognostiziert; jetzt wird gemäss dem «Fed-Watch-Tool» ein Zins von knapp unter 4 Prozent erwartet.

Diese Argumentation sei zu einfach und zu kurz gedacht, meint Thomas Stucki, Anlagechef der St. Galler Kantonalbank, in einem Bericht von letzter Woche. «Der US-Dollar gehört schon seit längerem zu den starken Währungen. Seit 2011 ist er handelsgewichtet um rund 50 Prozent teurer geworden. Damit hat er fast genauso stark zugelegt wie der Franken». Da für die US-Wirtschaft der Aussenhandel eine geringere Bedeutung hat als für die Schweiz, liess sich die Fed davon nicht beeindrucken.

Die Dynamik des «Greenback» hat laut Stucki weniger mit den Argumenten für seine Stärke zu tun, sondern vielmehr mit den Problemen seiner grossen Konkurrenten. Der Euro ächzt seit der Eurokrise 2011 unter der Labilität seines Konstrukts sowie der wirtschaftlichen und politischen Schwäche seiner Ankerländer Deutschland, Frankreich und Italien. Der Yen leidet unter der Dauerschwäche der japanischen Wirtschaft und der Nullzinspolitik der Bank of Japan. Grossbritannien und das Pfund suchen seit dem Brexit nach politischer und wirtschaftlicher Stabilität sowie ihrem Platz in der Weltwirtschaft. «An dieser Grundkonstellation wird sich so schnell nicht viel ändern. Ein Einbruch des US-Dollars ist daher nicht zu befürchten, solange die US-Politiker ihr Land mangels eines Budgets nicht in den Konkurs treiben», so Stucki.

Wertverlust gegenüber Franken wahrscheinlich

Kurzfristig sind der Optimismus und die Prognosen eines unaufhaltsamen Dollars unter Trump jedoch wohl übertrieben. Die US-Wirtschaft zeigt sich unerwartet robust, weshalb die Fed die Zinsen nicht zwangsläufig schnell nach unten drücken muss. Das absolute Zinsniveau in den USA ist jedoch immer noch hoch. Der Zinssatz für eine 30-jährige Hypothek, in den USA der Standard, liegt trotz der bisherigen Zinssenkungen der Fed immer noch bei über 7 Prozent. Das ist hoch und belastet den Immobilienmarkt sowie die für den wirtschaftlichen Ausgleich wichtige Mobilität der Menschen.

«Die Fed wird deshalb an ihrem Pfad für niedrigere Zinsen festhalten, zumindest bis in den konjunkturneutralen Bereich, den ich bei 3,50 Prozent sehe», so Stucki, der früher als Leiter Asset Management der Schweizerischen Nationalbank tätig war. Sollte die Inflation durch die Strafzölle steigen – was alles andere als sicher ist, da andere Faktoren wie der Ölpreis die Inflation stärker beeinflussen – würde das den US-Dollar eher schwächen. Sollten die geplanten Steuersenkungen die Schuldenfrage wieder ins Scheinwerferlicht der Finanzmärkte rücken, wäre das ebenfalls nicht förderlich für das Vertrauen in die US-Währung.

Das überparteiliche Congressional Budget Office (CBO) der USA schätzt beispielsweise, dass die Schuldenstandsquote der Vereinigten Staaten in den nächsten Jahren auf Richtung 170 Prozent des BIP steuern wird. Und wenn die geplanten Massendeportationen von papierlosen Migranten und die Massenentlassungen von Staatsangestellten umgesetzt werden, wird das Wachstum in den USA leiden, und die Fed könnte die Zinsen deutlich stärker senken müssen als gedacht.

Zumindest gegenüber dem Franken wird der Dollar seinen aktuellen Wertzuwachs wieder preisgeben, davon ist der Anlagechef der St. Galler Kantonalbank überzeugt. «Wer im nächsten Sommer Ferien in den USA machen will, muss sich mit dem Eindecken mit Dollars nicht beeilen.»

ManuelBoeck
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