cash.ch: Herr Macartney, diesen Sommer kam es an den Märkten zu einer Rotation von grosskapitalisierten Aktien zu Small- und Mid-Cap-Aktien. Dieser Trend hat nun etwas nachgelassen. Was sind die aktuellen Entwicklungen?

Phil Macartney: Der erste Teil dieser Bewegung wurde durch die Tatsache ausgelöst, dass die Zinsen sanken und der Realisierung, dass Zentralbanken bereit sind, die Leitzinsen schneller zu senken als zuvor angenommen. Die historische Korrelation zwischen Zinssenkungen und einer Überperformance von Small- und Mid-Caps ist recht hoch.

Warum ist das so?

Einer der Hauptgründe für diese Korrelation ist, dass Small- und Mid-Caps in der Regel kurzfristige Finanzierungen für ihre Geschäftstätigkeit in Anspruch nehmen. Die Zinssätze sind daher sehr wichtig für die kurzfristige Liquidität dieser Unternehmen. Tiefere Zinssätze beeinflussen den freien Cashflows positiv. Ein erhöhter freier Cashflow kann wiederum zu höheren Investitionen in Unternehmen führen.  Das stärkt das Vertrauen der Anleger und treibt die Aktienkurse. Aber wie Sie schon sagten, dauerte diese Bewegung etwa fünf Minuten lang (lacht). Danach kehrten wir zum alten Trend zurück: die Konzentration in Richtung Large Cap. Die Anleger bleiben nervös. Die chinesische Wirtschaft kommt nicht in Schwung und das wirkt sich auf das europäische Wachstum aus. Auch die US-Konsumenten sehen nicht mehr so vielversprechend aus wie früher. Wenn der US-Konsument 70 Prozent des US-Bruttoinlandsprodukt ausmacht, hat das Auswirkungen auf das globale Wachstum.

Eine Rezession würde kleine Unternehmen härter treffen?

Da viel über eine Rezession spekuliert wird, versuchen die Anleger, ihre Portfolios zu schützen, indem sie im Liquiditätsspektrum nach oben wandern und Small- und Mid-Caps zugunsten von Large Caps verkaufen. Ich halte das für eine Fehleinschätzung. Wenn man die Bewertungen von Small- und Large-Caps vergleicht, hat diese Korrektur aus Sicht der Bewertungsmultiplikatoren bereits stattgefunden. Der Trend geht in Richtung «Sell the Rumour and Buy the Fact», das heisst: Wenn die Presse über die Rezession schreibt, beginnt der Markt die Erholung einzupreisen. Dies ist der Zeitpunkt, an dem der Small- und Mid-Cap-Sektor wieder in den Fokus rückt. Da die Gewichtungen im historischen Vergleich recht niedrig sind, bin ich zuversichtlich, dass es zu zusätzlichen Investitionen in diesem Sektor kommen wird und er sich in einer Rezession gut schlagen sollte.

Sie haben im Fonds Schweizer Aktien enorm übergewichtet. Wieso?

Ich habe eine gewisse Vorliebe für die Schweiz. Ich denke, wenn man die Schweiz und die Ränder Süddeutschlands und Norditaliens über einen Kamm schert, gibt es in Europa eine Menge intellektuelles Kapital, das Qualitätsunternehmen hervorbringt. Die Schweiz verfügt über einzigartige Herausforderungen. Das hohe Lohnniveau, der konstante Kampf mit der Währung und die Lage eines Binnenland sind Beispiele. Unternehmen müssen sich etwas wirklich aussergewöhnliches einfallen lassen, um derartige Nachteile wettzumachen. Man muss echte Innovationen vorweisen, um international mithalten zu können. Die Schweiz ist erwartungsgemäss ein etwas teurer Markt. Aber diese Unternehmen haben etwas Starkes an sich, weil dieser Druck, der im System steckt, und die Schwierigkeiten, die sie überwinden mussten, um auf der globalen Bühne relevant zu sein, in ihnen stecken.

Gefällt Ihnen eine Schweizer Aktie besonders gut?

Ich denke, sie sind alle wirklich gut. Eine, vielleicht nicht so bekannte, die ich aber auf lange Sicht sehr mag, ist Skan. Für mich ist dieses Unternehmen besonders interessant, weil es meiner Meinung nach einige sehr starke Makrotrends im Gesundheitswesen abdeckt. Skan ist Marktführer bei den so genannten Isolatoren, mit denen man Arzneimittel für die Zell- und Gentherapie herstellt, die Art von Arzneimitteln, von denen wir alle hören, dass das ganze Wachstum steckt. Es handelt sich um ein Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von etwa zwei Milliarden Franken und es wird nur von zwei Analysten in Europa abgedeckt. Sie haben nur sehr wenige Kontakte zu Investoren und neigen nicht dazu, auf Roadshows zu gehen und sich selbst zu vermarkten. Und das ist genau die Art von Geschäft, in die wir uns mit unserer lokalen Schweizer Expertise gerne einmischen.

Sie besitzen derzeit einen hohen Anteil an zyklischen Sektoren. Das widerspricht sich teils mit der Erwartungshaltung eines tieferen Wirtschaftswachstums.

Sektoren können trügen. Ein Unternehmen wie Belimo ist im Industriesektor angesiedelt. Aber Belimo hat ein wachstumsstarkes, repetitives Geschäftsmodell. Das entspricht nicht meiner Definition eines zyklischen Unternehmens. Ein anderes Beispiel wäre die VZ Gruppe. VZ ist ein Finanzberatungsunternehmen - auch hier handelt es sich um eine sehr repetitive Einnahmequelle und enthält nicht viel von der Zyklizität der Finanzbranche. Wir versuchen nur in Unternehmen mit einer beschränkten Exponierung auf die Wirtschaftszyklen zu investieren. Ein gewisses Mass an Zyklizität ist unumgänglich, aber viele unserer Unternehmen haben einen hohen Anteil an wiederkehrenden Einnahmen und strukturellem Wachstum.

Der Fonds ist in britischen Aktien extrem untergewichtet…

Ich habe ein altes Sprichwort, das ich in meinem eigenen Leben anwende: Wer billig kauft, kauft zweimal. Etwas billiges wird vielleicht in drei Jahren kaputt gehen. Wenn man doppelt so viel für Qualität ausgibt und ein gutes Produkt kauft, hält es vielleicht zehn Jahre. Im Vereinigten Königreich gibt es einen guten Grund, warum Aktien eher billig sind. Es besteht ein Druck das Kapital, anstatt in das Unternehmen zu reinvestieren, auszuschütten. Es ist schwer, Unternehmen zu finden, die den Cashflow zugunsten des Wachstums oder der Innovation reinvestieren. Deshalb hat die Wettbewerbsfähigkeit der britischen Unternehmen im Gegensatz - besonders - zur Schweiz oder Schweden so sehr abgenommen.

Phil Macartney verfügt über fast zwei Jahrzehnte Erfahrung in der Finanzbranche. Er kam 2020 zu zur britischen Jupiter Asset Management und ist Co-Manager des Jupiter Pan-European Smaller Companies Fund, der sich auf kleine und mittelgrosse Unternehmen in Europa konzentriert. Vor seiner Tätigkeit bei Jupiter war McCartney bei Threadneedle und in verschiedenen Funktionen im Bereich European Long-Short tätig. Seine Anlagestrategie legt den Schwerpunkt auf europäische Qualitätsunternehmen im Small- und Mid-Cap-Bereich mit starken Marktpositionen, hohen Kapitalrenditen und überdurchschnittlichem Wachstumspotenzial.

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