Vermögensverwalter, mit verwalteten Vermögen von mehreren Billionen von Dollar, raten ihren Kunden angesichts steigender Aktienkurse und der Erwartung, dass die US-Notenbank die Zinssätze kaum noch senken wird, zu einer defensiven Positionierung mit Schwerpunkt auf Anleihen.
Vanguard beispielsweise, mit verwalteten Vermögen von knapp 10 Billionen Dollar, empfiehlt in ihrem Ausblick für 2025 nur noch 38 Prozent des Portfolios in Aktien zu investieren. Gemäss dem US-Vermögensverwalter sollte der Rest in festverzinsliche Wertpapiere angelegt werden. Die Aktienquote sinkt damit von 41 Prozent für 2024 und 50 Prozent für 2023. Das kommt einer Umkehrung des beliebten 60/40-Portfolios gleich.
«Für Anleger, die bereit sind, ein wenig aktives Risiko einzugehen und von ihrem langfristigen Portfolio abzuweichen, halten wir ein De-Risking für sinnvoll», wird Todd Schlanger, ein leitender Investmentstratege bei Vanguard, in der «Financial Times» zitiert.
Gemäss Bloomberg riet auch Iqbal Khan, Co-Chef des UBS Wealth Managements, am Montag auf einer Konferenz in Schanghai zur erhöhten Diversifikation: «In einer Welt, die geopolitisch aufgeladener und potenziell weniger global ist, ist eine Diversifizierung wichtig» und verwies darauf auf China als wichtiger globaler Anlagemarkt.
Teure US-Tech-Aktien
Besonders US-Aktien sind teuer. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis des S&P 500, eine häufig verwendete Bewertungskennzahl, ist von etwa 19,2 im September 2022 auf fast 30 in dieser Woche gestiegen. Derzeit machen US-Aktien zudem mehr als 70 Prozent im MSCI World aus.
Die Empfehlung von Vanguard für ein grösseres Engagement in festverzinslichen Wertpapieren folgt auf eine zweijährige rasante Performance von US-Aktien. Während die Anleger die Aussichten von Trumps «Maganomics» sehr optimistisch einschätzen, haben Ökonomen weniger rosige Prognosen abgegeben. Ein Anstieg der Inflation und hohe Zinssätze dürften mit der von Strafzöllen und tieferen Steuern geprägten Trump-Politik einhergehen.
Laut einem Bericht der «Financial Times» rät nun auch der Vermögensverwalter Invesco zu einem verstärkten Engagement in festverzinslichen Anleihen sowie zu einer Konzentration der Aktienbestände auf defensive Sektoren wie Gesundheitswesen, Basiskonsumgüter und Versorger.
Charles Shriver, Portfoliomanager bei T. Rowe Price, sagte, sein Team sei nach wie vor für Aktien prädisponiert, habe sich aber auf Value-Aktien konzentriert und teure Wachstumsunternehmen zugunsten von «attraktiveren Bereichen» gemieden.
«Aktien sehen auf historischer Basis extrem teuer aus», meinte zudem Will Smith, ein High-Yield-Manager bei AllianceBernstein. «Es wird sehr schwer sein, in den nächsten zehn Jahren ähnlich hohe Aktienrenditen zu erzielen wie in den letzten zehn Jahren.»
Anleihen gegenüber Aktien zu bevorzugen, war im vergangenen Jahr unpopulär, nachdem der S&P 500 erneut ein überaus erfolgreiches Jahr verzeichnete. Doch gemäss Schlanger kann es in solchen Phasen zu einer Unterperformance kommen. «Wir betrachten das Modell weiterhin als funktionierend, da es versucht, die bestehenden Risiken zu bewältigen. Dabei denken wir, dass mit den anhaltenden Kurssteigerungen bei US-Aktien sowohl das Potenzial für zukünftige niedrigere Renditen als auch das Risiko von Rückschlägen zunimmt.»
(cash)
5 Kommentare
Darum Schweizer Aktien kaufen da viele auch noch extrem tief bewertet. Warum empfiehlt das fast niemand, verstehe ich nicht
Es gibt sogar relativ viele Empfehlungen im Schweizer Markt zu bleiben und sich dort eher defensiv aufzustellen. Dazu gehören im Kern Schweizer Aktien, neben Schweizer Immobilien und etwas Beimischung von Edelmetallen und Rohstoffen. Eine zusätzlich selektive globale Diversifikation versteht sich von selbst, stärker im CHF gewichten heisst nicht sich komplett aus anderen Märkten zu verabschieden. Wichtig dabei scheint mir auch in den foreign markets einen Fokus auf defensiven Titeln zu haben, also klassisch Grundversorgungs-Titel. Und auch dort gilt: Diversifikation.
Last but not least ist es wohl nicht verkehrt, den Vorteil der tiefen Schweizer Inflation zu nutzen und eine erhöhte Liquidität zu halten, um selektiv bei Korrekturen oder gar grösseren Verwerfungen, die auch an einem defensiven Portolio nicht spurlos vorbeigehen werden, mit langfristiger Perspektive nachkaufen zu können.
Die Schweizer Aktien sind nicht alle verhältnismässig tief bewertet. Das eine Problem ist, dass man nicht mit den KGVs von US Wachstumsaktien verlgeichen darf, denn diese sind im Schnitt deutlich überbewertet. Das verzerrt das Bild zu den deutlich risikoärmeren Schweizer Aktien. Das andere Problem ist, dass wir durchaus auch Schweizer Unternehmen haben, die ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben und nicht gut im Markt stehen und deshalb ihre relativ tiefe Bewertung durchaus auch verdienen. Nestlé beispielsweise. Ein Unternehmen mit viel Potential, das aber die letzten Jahre gezeigt hat, sein Potential nicht nutzen zu können. Die Abwertung von Nestlé war daher folgerichtig (und hat alleine den SMI rund 4% Performance gekostet im 2024). Insofern ist Nestlé heute günstig zu haben, WENN, ich widerhole WENN Nestlé in der Lage ist, sein Potential künftig auszuschöpfen.
Schaut man sich den SPI ein, dann haben wir dort eine ganze Reihe sehr export-orientierte Unternehmen drin, die 70+% ihres Umsatzes und v.a. ihrer Marge im Ausland machen. Diese Titel sind daher stark an den US und Euro Raum gekoppelt und damit ebenso an den USD und den EURO. Man könnte aus Marktsicht sagen, dass es sich hier um keine Schweizer Unternehmen handle. Das muss man auch berücksichtigen, denn hier spiegeln tiefe Bewertungen zu einem erheblichen Teil die Situation resp. die Perspektive in den Exportmärtken wider.
Vom Zinsniveau her sind eigentlich nur USD Festverzinsliche interessant. Allerdings lauert da inzwischen ein nicht unerhebliches Währungsrisiko. Auch wenn die FED die Zinsen wegen der sich persisitierenden Inflation noch länger auf dem aktuellen Niveau halten könnte, ist die Nettorendite unter 2% beim Zinsertrag. Der Dollar hat alleine in den letzten paar Monaten fast 8% gegenüber dem CHF aufgewertet. Wenn die US Zinsen zB in 3 Jahren <= 2% wieder erreicht haben sollten, sind diese 8% weg. Damit eräbe sich eine negative Nettorendite.
Beim Euro sieht's ein bisschen besser aus, weil dieser gegenüber dem CHF nicht so stark überbewertet ist, aber auch dort wird die Nettorendite wohl negativ werden.
Und im CHF haben wir bereits heute eine Negativrendite auf Festverzinslichen und das wird sich angesichts des Zins- und Inflationsniveau wohl länge nicht ändern.
Wo also soll ein Anleger in Festverzinslichen eine positive Rendite erwirtschaften, ohne gleich zu Titeln zu greifen, deren Risikoprofil sich von dessen einer Aktie nicht unterscheidet?
Genau sehe ich auch so. Mit CHF als Heimatwährung wäre es zurzeit ein grosses Risiko US Staatsanleihen zu kaufen.
Und jetzt? CH Dividendentitel?