Nach Jahren der Underperformance sind Schwellenländeranleihen auf dem besten Weg, andere Fixed-Income-Anlagen zu übertreffen. Der Gegenwind in Form eines starken Anstiegs von Inflation und Zinsen, einer erstarkten Dollar-Stärke und einer Verlangsamung des Wachstums hat sich nun umgekehrt. «Aufgrund der strukturellen Veränderungen spiegeln die aktuellen Bewertungen möglicherweise nicht das volle Aufwärtspotenzial wider», erklärt Cathy Hepworth, Leiterin Schwellenländer-Schulden bei PGIM Fixed Income.
Konkret gibt es fünf strukturelle Faktoren, die die Schwellenländer in den kommenden Jahren unterstützen und den zyklischen Gegenwind in Rückenwind verwandeln dürften:
- Schwellenländer senken bereits die Zinssätze aufgrund des geringeren Inflationsdrucks.
- Viele Schwellenländer weisen verbesserte staatliche Fundamentaldaten und ein solides Wirtschaftswachstum auf.
- Viele Schwellenländer haben eine niedrigere Schuldenquote im Vergleich zu Industrieländern.
- Während die demografische Alterung und das langsamere Wachstum der Erwerbsbevölkerung das Wirtschaftswachstum in den Industrieländern belasten, könnten jüngere, wachsende Bevölkerungen in den Schwellenländern mit einer zunehmenden Mittelschicht das Wachstum über Jahrzehnte hinweg stützen.
- Schwellenländer könnten vom derzeitigen Wettbewerb zwischen den Grossmächten USA und China profitieren. Die globalen Lieferketten konzentrieren sich nicht mehr nur auf Effizienz und die Hersteller mit den niedrigsten Kosten, sondern schmieden geopolitische Allianzen, um wichtige Güter wie Halbleiter, Batterien für Elektrofahrzeuge, Arzneimittel und Mineralien zu beschaffen.
Das Investitionsumfeld ist vor allem für Schwellenländer-Hartwährungsanleihen günstig. «Wir bevorzugen weiterhin mexikanische Quasi-Staatsanleihen, Staatsanleihen und Quasi-Staatsanleihen aus dem Nahen Osten und Indonesien sowie Rumänien. Diese Gruppe ist aus fundamentaler Sicht solide und bietet hohe Renditen. Zudem dürften sie vom Rückenwind der Infrastrukturinvestitionen und des Nearshorings profitieren, insbesondere Mexiko», so Hepworth. Die Performance der lokalen Märkte wird von einer Stabilisierung der Leitzinsen abhängen, bevor die inländischen Renditen deutlich sinken.
Die potenziellen Risiken und Chancen
«Wir sind für Hartwährungs-Anleihen optimistisch, müssen jedoch die Ergebnisse der Wahlen weltweit im Hinterkopf behalten – sowohl bereits stattgefundene als auch bevorstehende – sowie den politischen Gegenwind», fügt Hepworth hinzu. Kurzfristige Verzerrungen können auftreten, wenn sich das Risikosentiment verschlechtert, sei es aufgrund geopolitischer Schocks oder Wachstumsschocks. Bei den lokalen Zinssätzen und Währungen sprechen die anhaltende Stärke des Dollars und die Neubewertung der Zinssenkungserwartungen der Fed für eine taktische Positionierung im Bereich der relativen Wertentwicklung. Bei der Relative Value Strategie werden gezielt die Differenzen zwischen nationalen und internationalen Kapitalmärkten ausgenutzt, wie beispielsweise Kurs-, Zins- oder Preisunterschiede.
Langfristig konzentriert sich die strategische Allokation von PGIM Fixed Income in Schwellenländern weiterhin auf eine Reihe von Schlüsselannahmen. Dazu gehören die entscheidende Rolle der Schwellenländer bei der Neuausrichtung der Lieferketten, die Bedeutung des Rohstoffangebots und -nachfrage für die Energiewende sowie allgemeinere geopolitische Faktoren, einschliesslich der Frage, wie die Schwellenländer ihre Rolle im «Wettstreit der Grossmächte» nutzen werden.
Obwohl das kurzfristige Marktumfeld aufgrund von Wachstumssorgen getrübt bleibt, deuten geringere Volatilität der Treasury-Zinsen und niedrigere Zinssätze auf eine begünstigende Situation hin. In diesem Umfeld ist der Carry von Schwellenländer-Hartwährungsanleihen attraktiv. «Carry» bezieht sich auf die zusätzliche Vergütung (oder «Spread»), die über dem risikofreien Satz von Anleihen liegt. Dieser wird durch das wahrgenommene Kreditrisiko sowie die Fälligkeit bestimmt, da Anleger eine Prämie verlangen, um in riskantere Anleihen mit längerer Laufzeit zu investieren.
Die aktuellen Renditen (tatsächlich erzielte Cashflows) von Hartwährungs-Staatsanleihen liegen bei 6,25 Prozent. Dies bietet einen erheblichen Puffer gegenüber kurzfristigen Spread-Volatilitäten oder einem potenziellen Anstieg der US-Treasury-Renditen. Bei einer Duration von fast 6,5 Jahren wären laut PGIM mehr als 100 Basispunkte höhere Spreads beziehungsweise Treasury-Renditen erforderlich, um diesen Carry aufzuzehren und eine negative Gesamtrendite über einen Zeitraum von einem Jahr zu erzielen. «Wir glauben, dass schon eine realistische Verengung der Spreads oder eine Verringerung der Treasury-Renditen die Renditen von EM-Hartwährungen in den zweistelligen Bereich bringen würde», so die Expertin von PGIM.
Makroszenarien bieten gute Aussichten
Wichtig ist, dass die erwarteten Makroszenarien gute Aussichten für zukünftige Renditen bieten. Das Basisszenario von PGIM Fixed Income für die Schwellenländer sieht weiterhin eine weiche Landung vor, bei der das Wachstum solide bleibt, die Inflation langsam zurückgeht und der Arbeitsmarkt sich allmählich entspannt.
«An den lokalen Märkten wächst unsere Überzeugung, dass in der zweiten Hälfte des Jahres 2024 mehr Zentralbanken der Schwellenländer die Zinsen senken werden», sagt Hepworth von PGIM. Der Disinflationsprozess ist in den Schwellenländern weiter fortgeschritten als in den Industrieländern, und die Inflation war in einigen Schwellenländern seit Anfang 2023 überraschend niedrig. Und sollte die Fed die Zinsen im September senken, würde dies einer eher gemiedenen lokalen Anlageklasse Rückenwind verleihen.
Aus einer Bottom-up-Perspektive betrachtet stellen die steigenden Haushaltsdefizite in den meisten Schwellenländern und die jüngsten Wahlüberraschungen in Südafrika, Mexiko und Indien einige Herausforderungen bei der Länderauswahl dar. Im Hinblick auf die Inflationstrends gibt es eine grosse Streuung in Bezug auf die geldpolitische Ausrichtung der Zentralbanken in den Schwellenländern. Brasilien, Chile, die Tschechische Republik und Ungarn stehen kurz davor, ihren Lockerungszyklus zu beenden, während Mexiko, Kolumbien und Peru noch Raum für weitere Lockerungen haben. Die asiatischen Zentralbanken und Südafrika werden wahrscheinlich auf die Fed warten, bevor sie die Zinsen senken.