Spätestens seit der Übernahme von Actelion Anfang dieses Jahres ist der Name Johnson & Johnson (J&J) Schweizer Anlegern ein Begriff. Der weltgrösste Gesundheitskonzern, der neben Medikamenten auch Medizintechnik-Utensilien und Konsumgüter wie Listerine-Mundwasser oder Piz-Buin-Sonnencrème verkauft, übernahm das Biopharma-Unternehmen aus Allschwil für 30 Milliarden Dollar.

Schon 2011 riss sich J&J ein anderes Unternehmen aus dem Swiss Market Index unter den Nagel. Für 21 Milliarden Dollar ging das Solothurner Orthopädieunternehmen Synthes in Besitz des US-Konglomerates. Synthes und Actelion blieben die bislang grössten Übernahmen der J&J-Firmengeschichte.

Nach eigenen Angaben ist der Multi mittlerweile auch der grösste US-Arbeitgeber in der Schweiz. Der Bestand von Johnson & Johnson beträgt an 21 Standorten und zehn Kantonen knapp 7000 Mitarbeiter.

"Leider weiss das fast niemand in der Schweiz", sagte Thomas Moser, Kommunikationschef von Johnson & Johnson Schweiz, am Mittwoch an der ersten Schweizer Medienorientierung des Konzerns. Dieses Nichtwissen und die Medienpräsenz bei den Synthes- und Actelion-Übernahmen waren wohl auch der Grund, weshalb sich Johnson & Johnson zum Gang an die Öffentlichkeit entschloss. 

Nur vordergründig überraschend ist, dass Johnson & Johnson mit Synthes und Actelion die zwei grössten Akquisitionen der J&J-Firmengeschichte ausgerechnet in der Schweiz getätigt hat. Denn zum einen bringt der hiesige Standort traditionell hervorragend aufgestellte Firmen im Bereich Biotechnologie, Pharma und Medizinaltechnik hervor. Zum anderen sind US-Pharmafirmen gewohnt kauffreudige Unternehmen. Der Anteil der US-Käufer am Gesamtwert der Fusionen und Übernahmen im Pharmasektor beträgt rund 90 Prozent – Tendenz in den letzten Jahren steigend. Die Übernahmewelle in der Pharmabranche wird sich fortsetzen.

"Das kann ich Ihnen natürlich nicht beantworten"

Womit sich auch die Frage stellt, ob der Akquisitionshunger von J&J in der Schweiz gestillt ist. "Das kann ich Ihnen natürlich nicht beantworten", sagt Ludo Ooms, der für die Actelion-Integration bei J&J verantwortlich ist. Grossunternehmen wie J&J schauten sich aber immer nach Möglichkeiten um, "und wir schauen insbesondere auf Innovation".

Branchenbeobachter gehen davon aus, dass der US-Multi in der Schweiz zwei Bereiche im Auge behalten wird. Einerseits grössere, börsenkotierte Medizinaltechnikfirmen. Hier hört man im Markt immer wieder den Namen Straumann, denn das Segment Dentalimplanate fehlt noch im Medizinaltechnik-Portfolio des US-Multis. Nach einer Aktienkurssteigerung von 420 Prozent seit Anfang 2012 ist der Marktwert von Straumann mittlerweile auf fast 10 Milliarden Franken angewachsen. Auch mit einer zusätzlichen Übernahmeprämie wäre dies für die finanzstarke J&J kein Hindernis. Einige Insider wollen allerdings wissen, dass J&J nichts von Zahnmedizin wissen wolle.

Als mögliches Ziel von J&J wird auch der Hörgerätehersteller Sonova genannt. Dessen Uraktionäre Beda Diethelm sowie die Gebrüder Hans-Ueli und Andy Rihs vereinen zwar 19 Prozent des Kapitals. Doch "auch Sonova könnte durchaus übernommen werden", sagte Sonova-CEO Lukas Braunschweiler im Interview mit cash im Februar dieses Jahres.

Cilag-Übernahme bereits 1959

Braunschweiler schränkt aber auch gleich ein: Die Hörgeräte-Industrie sei nicht bloss eine Frage der Technologie, sondern auch eine Frage der Kanäle und Distribution. Gerade hier täten sich Unternehmen oft schwer: So sei Johnson & Johnson in der Optik im Linsengeschäft gross, nicht aber bei den Gläsern, weil sich die Firma nicht mit der Distribution auseinandersetzen wolle, sagte Braunschweiler im cash-Interview.

Der andere Bereich, auf den J&J in der Schweiz weiter ein Auge richten dürfte, sind kleinere Übernahmen von Unternehmen mit hoffnungsvollen Produkten. 2014 kaufte J&J die Biotechnologiefirma Covagen aus Schlieren ZH für geschätzte 200 Millionen Franken. Deren Hauptprodukt, ein Wirkstoff gegen rheumatoide Arthritis, scheiterte allerdings Ende 2015 in der ersten Phase der klinischen Entwicklung an Sicherheitsproblemen, wie die NZZ Mitte letztes Jahr schrieb. Mit Remicade hat J&J bereits ein  Blockbuster-Medikament gegen rheumatoide Arthritis im Portfolio.

Angefangen hatte die Akquisitionsgeschichte von J&J in der Schweiz übrigens bereits im Jahr 1959, als der Schaffhauser Pharmaproduktionsbetrieb Cilag in Schaffhausen übernommen wurde. Die Firma ist heute mit 1200 Mitarbeitern nach eigenen Angaben der grösste private Arbeitgeber im Kanton Schaffhausen.