Die Chirurgie ist seit jeher einer der prestigeträchtigsten Bereiche der Medizin und bleibt es auch heute noch. Sie ist gleichermassen schwierig zu erlernen, erfordert eine perfekte Ausführung und ist ein Job mit hohem Druck. Aus diesem Grund sind Chirurgen oft die bestbezahlten Ärzte in einem Krankenhaus und haben innerhalb medizinischer Organisationen viel Einfluss.
Angesichts der Bedeutung ihrer Arbeit und ihres Einflusses ist es nicht verwunderlich, dass Chirurgen eine grosse Rolle bei der Entscheidung für den Kauf von Ausrüstung spielen können. Es ist daher logisch, dass radikale (und teure) Innovationen Einzug in die Operationssäle halten und die Art und Weise, wie chirurgische Eingriffe durchgeführt werden, grundlegend verändern.
Dank ferngesteuerter Roboterchirurgie und Live-Übertragung konnten Forschende der ETH Zürich beispielsweise aus einer Entfernung von 9300 Kilometern die Magenwand eines Schweins betrachten und mit einem winzigen Greifarm gezielt Gewebeproben entnehmen. Der ferngesteuerte Eingriff wurde von einem Chirurgenteam der Chinesischen Universität Hongkong vor Ort begleitet. Nach Angaben der ETH könnte sich die Methode künftig für die diagnostische und chirurgische Versorgung von Personen in abgelegenen Gebieten eignen, in denen es oft an Fachleuten mangelt.
Unter Roboterchirurgie versteht man chirurgische Eingriffe, die nicht direkt mit den Händen des Chirurgen am Patienten, sondern mithilfe eines Operationsroboters durchgeführt werden. Die Roboterchirurgie überschneidet sich dabei mit der computerassistierten Chirurgie (CAS).
Man unterscheidet zwei Formen der Roboterchirurgie:
1. Roboterassistierte Chirurgie: Bei dieser Methode werden die Roboterarme vom Operateur gesteuert, der Telemanipulatoren oder eine Steuerkonsole bedient.
2. Autonome Roboterchirurgie: Hier erfolgt die Steuerung autonom durch ein Programm, das über Bilderkennung und künstliche Intelligenz verfügt.
Zwischen beiden Formen sind – ähnlich wie beim autonomen Fahren – Übergänge möglich. Dabei können nur Teile der Operation an den Computer delegiert werden, oder der Computer korrigiert potenzielle Fehler des Operateurs.
«Die Entwicklung neuer Technologien ist immer spannend. In den 1980er Jahren zeigte der Film "Terminator" eine Vision dessen, was möglich sein könnte, und nun werden einige dieser Ideen langsam Realität. Ein Beispiel ist die Roboterchirurgie, die bereits seit Jahrzehnten existiert und ihre Ursprünge im US-amerikanischen Militär hat. Sie hat sich stetig weiterentwickelt», sagt Moritz Henkel, Product Manager bei VanEck, gegenüber cash.ch. Trotzdem sind die Kosten für Roboterchirurgie immer noch hoch und gelten für viele Krankenhäuser als Luxus.
Roboter werden in der Chirurgie schon seit langem eingesetzt. Eines der führenden Unternehmen ist Intuitive Surgical mit dem DaVinci-Roboter, der einen Marktanteil von etwa 75 Prozent und damit eine nahezu monopolartige Stellung hat. «Als wir 2010 investierten, wurden nur wenige tausend Operationen mit diesen Robotern durchgeführt. Heute sind es über 14 Millionen Eingriffe, was für unsere Investoren eine 17-fache Rendite bedeutet», erklärt Stewart Hogg, Investment Specialist bei Baillie Gifford. Diese Roboter sind teuer: Sie kosten etwa 1,5 Millionen Pfund pro Stück, und es gibt nur etwa 4000 in den USA und ein paar Tausend in Europa und Asien. Trotz der hohen Anschaffungskosten bringen diese Geräte erhebliche wiederkehrende Einnahmen.
Seit Jahresbeginn hat die Aktie von Intuitive Surgical 62 Prozent zugelegt, über einen Zeitraum von fünf Jahren beträgt das Plus 171 Prozent. Die Analysten haben das ganze Jahr hindurch ihre Kursziele mehrheitlich nach oben angepasst, sodass das durchschnittliche Kursziel dem aktuellen Wert der Aktie entspricht. Laut Bloomberg-Daten empfehlen 22 von 33 Analysten den Kauf der Aktien. Diese positive Entwicklung ist darauf zurückzuführen, dass Intuitive Surgical das Umsatzwachstum im nächsten Jahr wohl beschleunigen wird und die adjustierte EBITDA-Marge bei 40,6 Prozent erwartet wird. Gleichzeitig wird der Free Cash Flow für 2025 auf 2,7 Milliarden Dollar geschätzt.
Kursentwicklung der Aktien von Intuitive Surgical.
Der Markt für Roboterchirurgie ist laut Baillie Gifford in den letzten 10 bis 15 Jahren um etwa 15 Prozent pro Jahr gewachsen. Dennoch werden weltweit nur 3 Prozent der Operationen von Robotern durchgeführt. Die Mehrheit der Operationen erfolgt immer noch offen oder minimal-invasiv. In den USA werden jedoch etwa 20 Prozent der Operationen mit Robotern durchgeführt, wobei 90 Prozent dieser Operationen Prostatektomien sind, was das Marktwachstum und die Führungsposition von Intuitive Surgical verdeutlicht. Der Markt wird derzeit stark von Intuitive Surgical dominiert, das 75 Prozent des Marktanteils hält, gefolgt von Stryker mit etwa 10 Prozent und Medtronic und Accuray mit jeweils rund 2 Prozent. Intuitive Surgical bleibt jedoch der führende Akteur in diesem Bereich.
Es gibt einige globale Unternehmen, die versuchen, mit Intuitive Surgical zu konkurrieren. Dazu gehören Stryker, Medtronic, CMR Surgical, das japanische Unternehmen Medicaroid und das chinesische Unternehmen Medbot. Diese Unternehmen sehen langfristiges Potenzial im Einsatz von Robotern bei Operationen. «Aktuell werden Roboter am häufigsten in der Urologie, bei gynäkologischen Eingriffen und bei allgemeinen Operationen wie Hernien eingesetzt», erklärt Hogg.
Stryker ist gut diversifiziert und bietet eine Vielzahl von Produkten an, insbesondere im Bereich der Roboterchirurgie. «Trotz höherer Zinsen und Inflation konnte das Unternehmen in den letzten fünf Jahren eine beachtliche Entwicklung an den Aktienmärkten verzeichnen und die Erwartungen vieler Marktbeobachter übertreffen, unter anderem aufgrund seines starken Produktportfolios. Dazu gehört ein roboterassistiertes System für Gelenkersatzoperationen und die Integration von KI in ihre Produkte, wie etwa ein Co-Pilot, der Ärzte bei der Planung und Durchführung von Operationen unterstützt», erklärt Henkel.
«Vicarious Surgical, in das auch Bill Gates investiert hat, nutzt eine 3D-Kamera und ein VR-Headset, um Chirurgen mit zwei Roboterarmen arbeiten zu lassen. Die Umsetzung dieser Strategie erwies sich als äusserst ressourcenintensiv und blieb hinter den Erwartungen vieler Marktteilnehmer zurück. Dies zeigt, dass Investitionen in neue Unternehmen trotz grossem Potenzial hoch spekulativ sein können», warnt Henkel.
Auch private Unternehmen zeigen interessante Entwicklungen. Neuralink, geführt von Elon Musk, ist bekannt für seine Brain Chips und nutzt Roboterchirurgie zur Implantation dieser Chips. Kürzlich wurde eines ihrer Geräte von der amerikanischen Gesundheitsbehörde als «Breakthrough Device» klassifiziert, was Fortschritte in diesem Bereich unterstreicht.