Das Unternehmen fürchtet, dass seine Zahlungen an den russischen Gasriesen nach einem ausländischen Gerichtsurteil möglicherweise gepfändet und die russischen Lieferungen gestoppt werden könnten. Ob und wann mit diesem Szenario zu rechnen ist, kann die OMV derzeit nicht sagen. Im Folgenden einige Fakten über Österreich und seine Abhängigkeit von russischem Erdgas:

Russische Gasrouten

Österreich bezieht als eines der letzten Länder in der Europäischen Union (EU) auch zwei Jahre nach Kriegsausbruch in der Ukraine den Grossteil seines Erdgases aus Russland. Im März kamen 93 Prozent aller Gasimporte von dort. Die OMV hat mit Gazprom einen Vertrag, der die Lieferung von jährlich etwa sechs Milliarden Kubikmeter Gas bis 2040 vorsieht. Der Vertrag enthält auch eine Take-or-Pay-Klausel, welche die OMV verpflichtet zu bezahlen, egal ob sie das Gas bezieht oder nicht.

Das russische Gas fliesst durch die Ukraine in die Alpenrepublik und landet gemeinsam mit Lieferungen aus Norwegen und anderen Ländern beim Gas-Knotenpunkt in Baumgarten nahe der slowakischen Grenze. Vor Kriegsausbruch flossen nach Angaben des Netzbetreibers Gas Connect Austria jährlich 390 Terawattstunden (TWh) über diese wichtige europäische Erdgas-Drehscheibe.

Österreich wiederum kann über Baumgarten Erdgas nach Italien, Tschechien und nach Südosteuropa liefern. Russland liefert auch weiter Gas nach Rumänien und in die Türkei sowie in Form von Flüssigerdgas (LNG) in europäische Häfen.

Österreichs Gasverbrauch

Die österreichische Energieagentur beziffert den Verbrauch im Jahr 2023 mit rund 75 Terawattstunden. Das ist ein Rückgang von 17,5 Prozent zum Jahr davor. Zum Vergleich: In Deutschland waren es im vergangenen Jahr 813 TWh. Aus Russland bezog Österreich rund 60 TWh. Die OMV ist mit einem Markanteil von rund 40 Prozent der Primus auf dem österreichischen Gasmarkt, aber nicht der einzige Importeur von russischem Erdgas. In Österreich sind insgesamt rund 170 Gashändler tätig.

Versorgung gesichert

Die OMV versuchte zu beruhigen: Auch bei einem möglichen Ausfall von russischen Lieferungen könne man alle Kunden versorgen. Begründet wurde dies mit der eigenen Produktion in Österreich und Norwegen, alternativen Routen über Deutschland und mit LNG-Lieferungen über das Terminal in Rotterdam. Österreichs grösster Industriekonzern hat sich auch Pipeline-Transportkapazitäten von bis zu 40 TWh gesichert - was rund 45 Prozent des gesamten österreichischen Jahresverbrauchs sind.

Der österreichische Regulator E-Control sieht die Versorgung für den kommenden Winter gesichert und verweist auf die zu 77 Prozent gefüllten Speicher sowie alternative Importmöglichkeiten über Deutschland und Italien. Dies sollte auch für den Winter 2025/26 gelten, da bis dahin Infrastrukturausbauten fertiggestellt werden. Zudem teilte die Behörde mit, dass eine mögliche Einschränkung der Lieferungen an die OMV nicht automatisch bedeuten würde, dass weniger oder kein Gas mehr über die Ukraine in die EU oder nach Österreich geliefert werden kann. Sollten die Lieferungen aber tatsächlich ausfallen, könnte es kurzfristig zu Preiserhöhungen kommen.

Transitvertrag mit Ukraine läuft zum Jahresende aus

Die Ukraine kündigte bereits an, den mit Jahresende 2024 auslaufenden Transitvertrag mit Gazprom nicht zu verlängern. Österreich muss sich daher ohnedies auf alternative Lieferrouten vorbereiten. Damit Gazprom weiterhin über die ukrainischen Pipelines liefern kann, müsste ein Zwischenhändler den Transport übernehmen.

(Reuters)