Die Aktienmärkte setzen ihre Talfahrt zu Wochenbeginn ungebremst fort. Der Swiss Market Index (SMI) büsst fast 6 Prozent ein. Andere europäische Börsenbarometer werden sogar zwischen 7,5 (Frankfurt) und 9 Prozent (Mailand) tiefer erwartet. Zur Angst vor den wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus-Ausbruchs kommt neuerdings auch noch ein Einbruch beim Ölpreis, ausgelöst durch einen Preiskrieg zwischen Saudi-Arabien und Russland. Erinnerungen an den schwarzen Montag von 1987 werden wach. Damals brachen die Kurse an der New Yorker Börse um 23 Prozent ein.
Grossbankaktien im freien Fall
Dass der SMI nicht noch deutlichere Verluste erleidet, hat er den als defensiv geltenden Schwergewichten zu verdanken. Insbesondere von den Aktien von Nestlé (-3,3 Prozent) und Novartis (-4,1 Prozent) geht eine stabilisierende Wirkung aus. Das Tagesgeschäft der beiden Grosskonzerne gilt als weitestgehend von der Wirtschaftsentwicklung unabhängig. Der Genussschein von Roche (-5,9 Prozent) gibt hingegen deutlich stärker nach, lag jedoch zuvor gut im Markt.
Die grössten Kursverluste haben die Aktien von UBS (-9,7 Prozent) und Credit Suisse (-11,7 Prozent) zu beklagen. Sie fallen immer tiefer in den einstelligen Frankenbereich. Der erneute Zinsrutsch fordert seinen Tribut. Zudem stuft die Zürcher Kantonalbank die CS-Aktie von "Übergewichten" auf "Marktgewichten" herunter und traut ihr nicht mehr länger eine überdurchschnittliche Kursentwicklung zu.
Wie die alte Fasnacht: Die Zürcher Kantonalbank stuft die Aktien der @CreditSuisse auf MARKTGEWICHTEN (Übergewichten) herunter und warnt vor möglichen Folgen der Schwäche an den Finanzmärkten. $CSGN $CS
— cashInsider (@cashInsider) March 9, 2020
In einem Kommentar bezeichnen die Bankenanalysten der Credit Suisse die jüngsten Kursverluste bei den europäischen Bankaktien als übertrieben. Am bereinigten Buchwert gemessen sei dieses Titelsegment mittlerweile sogar tiefer bewertet als auf dem Höhepunkt der Finanzkrise von 2008 oder der europäischen Schuldenkrise von 2012, so schreiben sie. Ihres Erachtens nimmt das momentane Kurs- und Bewertungsniveau einen weiteren Einbruch an den Aktien- und Immobilienmärkten um 30 Prozent sowie eine um fast 3 Prozent rückläufige Weltwirtschaftsleistung vorweg. Die Analysten setzen unter anderem auf UBS und Julius Bär (-5,5 Prozent). Den beiden Aktien hilft das bisweilen aber nicht. Sorge bereitet den Anlegern insbesondere der Preiskrieg im Ölmarkt. Dieser könnte in diesem Wirtschaftszweig Kreditausfälle nach sich ziehen.
Unter die Räder gerät einmal mehr die Inhaberaktie der Swatch Group (-6,5 Prozent). Das überrascht nicht weiter, hatte Firmenchef Nick Hayek in der Wochenendpresse doch vor kurzfristigen Folgen temporärer Ladenschliessungen in China auf die Geschäftsentwicklung gewarnt. Dass der für seine aktive Einflussnahme bei Unternehmen berüchtigte Vermögensverwalter Veraison beim Bieler Uhrenhersteller eingestiegen ist, hilft nur bedingt. Im Windschatten der Swatch Group verliert Richemont zur Stunde 4,3 Prozent. Dass das Umland rund um die Modehochburg Mailand abgeriegelt wurde, belastet die europäischen Luxusgüterwerte sichtlich. Noch ärger erwischt es Dufry (-14 Prozent). Der Basler Detailhandelskonzern betreibt Verkaufsstellen an Flughäfen und leidet damit besonders stark unter dem rückläufigen Flugpassagieraufkommen.
US-Investmentbank rät zum Verkauf europäischer Aktien in Stärken
Als in einem hohen Ausmass von China abhängig gelten auch die beiden Halbleiterhersteller U-blox (-6,2 Prozent) und AMS (-11,4 Prozent). Das bleibt nicht ohne Folgen für die Kursentwicklung. AMS versuchte am Freitag nach Börsenschluss die Wogen zu glätten und bekräftigte die zuvor gemachten Aussagen zur Umsatz- und Margenentwicklung im ersten Quartal. Analysten zufolge dürfte sich der Coronavirus-Ausbruch bei AMS vermutlich erst ab dem zweiten Quartal im Tagesgeschäft bemerkbar machen. Ausserdem treffen aus China Statistiken ein, wonach der iPhone-Absatz des Grosskunden Apple im Februar stark rückläufig war (cash berichtete).
Öl ins Feuer giesst J.P. Morgan. Die US-Investmentbank rät Anlegern zum Verkauf europäischer Aktien, sollten die Börsen zu einer Erholung ansetzen. Noch bis vor gut einer Woche nutzte J.P. Morgan Kursschwächen zum Zukuaf. Andere Banken mahnen dazu, Ruhe zu bewahren und nicht in Panik zu verfallen. Zum Zukauf von Aktien in Schwächen rät allerdings kaum noch jemand.