Verbrennungsmotoren als klimafreundliche Lösung für den Schwerlastverkehr: LKW-Bauer wie MAN oder Volvo machen ihre Motoren fit für die Zukunft und rüsten sie für den Wasserstoffantrieb um. Vergleichsweise günstig und recht einfach könnten sie so einer alten Technologie neues Leben einhauchen.

«Das Thema ist in aller Munde, jeder experimentiert damit herum», sagt Reiner Rössner, Vertriebschef beim Motorenhersteller MAN Engines, der Motoren etwa für Landmaschinen oder Boote baut. Sobald genügend Wasserstoff verfügbar sei, werde die Nachfrage steigen.

Die Technik baut zu grossen Teilen auf der für Dieselmotoren auf. Um Wasserstoff in einem Motor zu verbrennen, sind nur vergleichsweise geringe Änderungen nötig, etwa bei Einspritzdüsen, Dichtungen oder Tanks. Das ist ein grosser Vorteil im Vergleich zu batterieelektrischen Antrieben oder Brennstoffzellen - mit diesen neuen Technologien hat die Branche bislang auch wenige Erfahrung.

Mit Wasserstoffverbrennern können schwere Nutzfahrzeuge CO2-frei auf die Strasse gebracht werden, ohne dass Milliarden in Brennstoffzellen oder Batterieantriebe investiert werden müssen und ohne neue Technologien, die noch auf ihren Praxisbeweis warten. Der Verbrennungsmotor sei «eine ausgereifte Technik», bringt Anders Johansson, Vizepräsident für schwere Fahrzeuge beim kanadischen Einspritzdüsen-Experten Westport Fuel Systems ein Hauptargument der Branche auf den Punkt.

Für die Fahrzeughersteller bringt ein derartiger Umbau zudem den Vorteil, dass sie mit ihren bekannten Lieferanten weiterarbeiten können. LKW-Bauer wie die Traton-Tochter MAN oder Daimler Truck sowie grosse Zulieferer wie Bosch und Cummins haben Entwicklungsprojekte aufgelegt und bringen Testflotten auf die Strasse.

MAN will im kommenden Jahr etwa 200 Fahrzeuge in mehreren europäischen Märkten an Testkunden übergeben. Cummins-Technikchef Jonathan Wood kündigte Testfahrzeuge für die nächsten ein bis zwei Jahre an, eine Serienversion könne es in fünf Jahren geben.

Wasserstoff-Verbrenner stellten in Zukunft sicher nicht den grössten Teil des Absatzes, schätzt Lars Stenqvist, Technikchef bei Volvo, wo Mitarbeiter auch an Lösungen für Batterie- oder Brennstoffzellen-betriebene Lastwagen tüfteln. «Aber es wird ein substanzielles Volumen werden. Wir glauben deswegen daran, (Wasserstoff-)Verbrennungsmotoren parallel zu entwickeln.»

Vorteile versus Nachteile

Mit der Verbrenner-Technologie können die Hersteller der schweren Fahrzeuge einige Nachteile von Batterien oder Brennstoffzellen ausgleichen: So können Verbrennungsmotoren eine hohe Leistung erbringen über eine längere Zeit, was sie für den Einsatz etwa in Baumaschinen interessant macht. Ganz anders ist das bei Brennstoffzellen, die dann am besten funktionieren, wenn sie nicht bei voller Auslastung laufen.

Ein weiterer Vorteil der Verbrenner: sie benötigen keinen schweren Akku. Wasserstoff-Lastwagen können deshalb schwerere Lasten aufnehmen als elektrisch betriebene. Wasserstoff braucht allerdings mehr Platz als Diesel, und er muss unter hohem Druck gespeichert werden. Deshalb sind die Tanks grösser als die der gängigen Diesel-Laster, was die Ladefläche reduziert. Etliche Unternehmen arbeiten an platzsparenden Lösungen. Das Münchner Startup Keyou setzt zum Beispiel auf viele kleine ballförmige Tanks, die dann zu Speichern in flexiblen Formen gebündelt werden. Bislang wird der Wasserstoff in der Regel in Gaszylindern transportiert.

Ein mit Wasserstoff betriebener Verbrennermotor ist im Vergleich mit einem Brennstoffzellen-Antrieb auch etwas robuster. Der Motor kommt mit Fremdstoffen im Wasserstoff zurecht, die sich beim Transport in Gaspipelines oder bei der Gewinnung aus Ammoniak ansammeln können.

Brennstoffzellen dagegen benötigen reinen Wasserstoff und reinen Sauerstoff für ihren Betrieb. Dafür stossen sie auch nur reines Wasser aus. Das ist bei Wasserstoff-Verbrennern anders; wenn Wasserstoff und Sauerstoff verbrannt werden, entstehen Schadstoffe. Deshalb seien Filter nötig, sagt Bosch-Entwickler Michael Krüger. Insbesondere giftige Stickoxide könnten bei dem Verbrennungsprozess auftreten, genau wie bei Diesel-Motoren.

Das grösste Problem für die Technologie bleibt allerdings der Rohstoff: Bislang ist grüner Wasserstoff ein rares Gut. In der Europäischen Union und in den USA wurden Mittel bereitgestellt, um ein Tankstellen-Netz aufzubauen. Unternehmen wie Daimler Truck oder der Energieriese BP sind an diesem Vorhaben beteiligt. Dennoch dürfte es Jahre dauern, bis ausreichend Wasserstoff verfügbar ist, und dann könnte es deutlich teurer sein als Diesel.

(Reuters)