Das Beratungshaus Roland Berger warnt etwa vor einem neuen Handelskrieg mit China. Auch Europa könnte es wieder treffen, zumindest indirekt, heisst es in der am Mittwoch veröffentlichten Analyse. Der Handelskrieg hätte am Ende nur Verlierer, wobei es China deutlich stärker treffen würde als die EU oder die USA selbst, die vermutlich von Gegenzöllen betroffen wären.

Deutliche Steuersenkungen wie in der ersten Amtszeit des Republikaners erwarten die Experten nicht, weil die US-Haushaltslage zu angespannt ist. Profitieren würden die Rüstungsbranche und Anbieter fossiler Energien. Eine Welle an Übernahmen und Fusionen wäre absehbar, angeschoben durch vermutlich weniger Regulierungen und niedrigere Zinsen. Diese könnte die Marktstrukturen auf Jahre verändern.

«Trump würde die Europäer drängen, sich auf eine Seite zu stellen», sagte Roland-Berger-Experte Stefan Schaible. Das wäre ein Dilemma für viele deutsche Konzerne, die aber Notfallpläne dafür in der Schublade hätten. Denn Deutschland ist mit seiner starken Exportindustrie so abhängig von den Weltmärkten wie kein anderer Staat. Und steckt zusätzlich bereits in einer Wirtschaftskrise, die viele Experten als Strukturkrise bezeichnen. Die USA haben die Volksrepublik im ersten Quartal als wichtigster Handelspartner Deutschlands abgelöst.

Zumindest die Androhung von Sonderzöllen oder sonstigen Handelsbarrieren dürfte wieder Schwerpunkt der amerikanischen Handelspolitik werden, so Schaible. Lieferketten könnten erneut reissen. Ein geringeres Wirtschaftswachstum wäre wahrscheinlich. China dürfte in diesem Szenario in den Jahren bis 2028 insgesamt Wachstumsverluste von 1638 Milliarden Dollar verkraften müssen, was zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes von 2023 entspricht.

Für die USA wären es 891 Milliarden Dollar, für die EU 475 Milliarden, was vier beziehungsweise drei Prozent der Wirtschaftsleistung von 2023 entsprechen würde. Trump hat zuletzt angekündigt, im Falle eines Wahlsieges Zölle oberhalb von 60 Prozent auf alle Importe aus China in Erwägung zu ziehen. Das würde die beiden grössten Volkswirtschaften der Welt weiter entflechten.

Wichtigste Wahl des Jahres

Anfang November muss US-Präsident Joe Biden von den Demokraten seinen Posten im Weissen Haus gegen Trump verteidigen. Das Rennen gilt als offen. Umfragen zufolge könnten auch die Mehrheiten im Senat und Repräsentantenhaus wechseln.

Das riesige Subventionspaket (IRA) der Biden-Regierung zur Förderung von Klimaschutzmassnahmen wird laut Roland Berger höchstens teilweise zurückgenommen, sollte Trump die Wahl gewinnen. Auch republikanisch geführte Bundesstaaten wie South Carolina, Ohio oder Tennessee seien starke Profiteure.

Wahrscheinlicher wäre eine Teil-Rücknahme oder Reduzierung bestimmter Förderungen. Das Programm habe bereits spürbare Auswirkungen gehabt, sagte Roland-Berger-Experte Marcus Berret. Deswegen in den USA gebaute Fabriken seien meist Firmenentscheidungen für einen Zeitraum von 50 Jahren.

Für Privathaushalte sollten die Steuersätze niedrig gehalten werden, sofern die Republikaner sich durchsetzen. Die hohe Verschuldung der USA enge die Spielräume der nächsten Regierung aber ein, noch weiter zu gehen - auch bei Unternehmen. Denn die USA müssten bereits zehn Prozent ihres Haushalts für Zinszahlungen aufwenden, so Berret. Ende des Jahrzehnts dürften es 15 Prozent sein, 2050 dann sogar über 20 Prozent. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die Zinsen länger als gedacht hoch bleiben, was die USA unter Druck setze.

Roland Berger rechnet im Falle einer Trump-Wahl mit einer positiven Reaktion der Aktienmärkte, weil diese eine unternehmensfreundliche Politik antizipierten. An den Anleihemärkten könnte es dagegen anders aussehen, vor allem im Falle eines heftigen Handelskrieges oder einer Trump-Attacke auf die Unabhängigkeit der US-Notenbank Fed, sagte Berret. 

(Reuters)