Der Preisdruck erweist sich im Vereinigten Königreich als hartnäckiger als im übrigen Europa und in den USA, was die Händler dazu veranlasst, einen Höchstzinssatz der Bank of England (BOE) von über 6 Prozent einzupreisen. Das wird die Kreditnehmer in die Enge treiben und den Immobilienmarkt belasten. Anleger warten gespannt auf den Konsumentenpreisindex des Vereinigten Königreichs in der nächsten Woche, um zu beurteilen, inwieweit die BOE ihre Politik weiter straffen muss.
Die britischen Banken sehen sich "einer doppelten Bedrohung durch immer höhere Zinssätze ausgesetzt", so die Mediobanca-Analysten Adam Terelak und Jordan Bartlam. Rezessionswetten belasten die Stimmung, während höhere Zinsen den längerfristigen Nettozinserträgen wahrscheinlich schaden werden. Denn diese wirkten sich negativ auf den Hypothekarmarkt aus und könnten die Kunden dazu veranlassen, Geld von Sparkonten zugunsten von Konten mit höherer Rendite abzuziehen, so die Analysten.
Die Aktien britischer Kreditinstitute spiegeln die düstere Lage wider. Zwar ist der FTSE 350 Banks-Index in diesem Jahr um 9 Prozent gestiegen, doch der breitere Vergleichsindex stagnierte weitgehend. Die Kursgewinne sind hauptsächlich den internationalen Banken wie HSBC und Standard Chartered geschuldet, während Barclays, Natwest und Lloyds allesamt rückläufig waren. Und die Herausforderungen häufen sich.
Hypothekenausfälle steigen
"Wir glauben, dass mit dem Überschiessen der Zinssätze das Risiko zunimmt, dass mehr Einlagen als bisher angenommen von unverzinslichen zu verzinslichen umgeschichtet werden. Dadurch verschlechtert sich der Mix und die Banken sind gezwungen, den Umfang ihrer strukturellen Absicherung weiter zu verringern", so die Analysten von Morgan Stanley, darunter Alvaro Serrano.
Sie sehen 10 bis 13 Prozent der Erträge durch den sich verschlechternden Mix gefährdet und erwarten einen Anstieg der Zahlungsausfälle aufgrund höherer Hypothekarkosten. Eine BOE-Umfrage unter Kreditgebern von dieser Woche zeigte, dass die Zahl der Hypothekenausfälle bereits gestiegen ist und in den letzten drei Monaten den höchsten Anstieg seit Mitte 2009 verzeichnete.
Da einjährige Staatsanleihen eine Rendite von fast 5,3 Prozent bieten, sind die Einlagen bedroht, was den Druck auf die Kreditgeber erhöht, Zinserhöhungen in vollem Umfang an die Einleger weiterzugeben.
Raum für Enttäuschungen
Ein Silberstreif am Horizont für die britischen Banken ist, dass die Bilanzen immer noch solide sind, was - zusammen mit den niedrigen Bewertungen - den Aktien ein gewisses Polster verschaffen sollte. Alle grossen börsennotierten britischen Banken haben den Stresstest der BOE bestanden. “Diese Ergebnisse bestätigen im Grossen und Ganzen unsere positive Einschätzung der britischen Banken und beseitigen eine potenzielle Hürde für Kapitalausschüttungspläne", sagt Andrew Coombs, Analyst bei Citi, und bevorzugt Natwest, Lloyds und HSBC mit einem Rating "Buy".
Insgesamt geht der Konsens nach wie vor von starken Gewinnen für dieses Jahr aus, wobei das Gewinnwachstum den Gesamtmarkt deutlich übertreffen dürfte. Dementsprechend implizieren auch die Kursziele der Analysten für die nächsten zwölf Monate im Durchschnitt ein Aufwärtspotenzial von 31 Prozent. Das lässt Raum für Enttäuschungen in diesem Sektor, sowohl bei den Gewinnen als auch bei der Aktienentwicklung.
"Da nun das Szenario weiterer Zinserhöhungen bis in den restriktiven Bereich hinein auf dem Tisch liegt, ist unserer Ansicht nach die Wahrscheinlichkeit einer harten Landung für die britische Wirtschaft höher, und wir erwarten nun, dass sich die EPS-Kürzungen für die britischen Banken verstärken werden, was mit Risiken für die Kapitalrendite und die Qualität der Aktiva einhergeht", so die Analysten von JPMorgan, darunter Raul Sinha.
(Bloomberg/cash)