CSU-Chef Markus Söder erteilte auf dem CSU-Parteitag in Augsburg eine klare Absage an ein schwarz-grünes Bündnis nach der Bundestagswahl 2025. Die Ansicht, dass man mit den Grünen nicht zusammen regieren kann, stösst bei den CDU-Landesverbänden mit grünen Koalitionspartnern nicht unbedingt auf Zustimmung.
Aber hinter dem ständigen Abarbeiten der CSU an den Grünen steckt ein ganzes Bündel an Gründen - was ein Umschwenken der Partei nach der Bundestagswahl unwahrscheinlich macht.
Gefühlte Benachteiligung Bayern
In der bayerischen Landesregierung und in der CSU gibt es die tiefe Überzeugung, dass Bayern von der Ampel-Regierung und vor allem von Wirtschaftsminister Robert Habeck systematisch benachteiligt wird. So ärgert sich der Ministerpräsident, dass Bayern anders als andere Bundesländer keine Hochwasser-Hilfen des Bundes bekommen hat. Beim Wasserstoff-Kernnetz fühlt sich Bayern als Industrie-Schwergewicht nicht ausreichend angebunden. Das weist das Wirtschaftsministerium allerdings zurück: Bayern sei gut angeschlossen, zwei Grenzübergangspunkte nach Tschechien und Österreich seien als Anbindung an die Importversorgung geplant, heisst es dort.
Auch die Batterie-Förderung gehe an Bayern vorbei, neue Forschungsinstitute kämen nicht in den Süden, lauten weitere Klagen in München. Die CSU spricht von einer «Zweiklassen-Energiepolitik gegen Bayern», auch weil das Atomkraftwerk Isar 2 abgeschaltet wurde. Bayern erhalte zudem weniger Regionalförderung als Baden-Württemberg, NRW oder Berlin. Die Abschaffung der Steuererleichterungen für Landwirte schade dem Agrarland Bayern besonders.
Bestätigt fühlt man sich in München in der Kritik an der Wirtschaftspolitik Habecks durch eine Nachricht des Instituts für Wirtschaftsforschung (IWH): Die Zahl der Insolvenzen stieg im dritten Quartal in Bayern mit 56 Prozent besonders stark.
Wirklich verärgert ist die CSU zudem über die Wahlrechtsreform, die sie als direkten Angriff der Ampel auf die bayerische Regionalpartei empfindet.
Der Norden regiert
Die erfolgsverwöhnte CSU führt als Argument gegen die Ampel an, dass im Bundeskabinett kein einziger Bayer sitzt. «Das führt dazu, dass es keine Sensibilität für die Belange des Südens gibt», klagt ein CSU-Politiker. In der Regierung wird dies zurückgewiesen. Die Ampel-Regierung hat aber zumindest ein ungewöhnliches Übergewicht an Politikerinnen und Politikern aus dem Norden: Der Kanzler stammt aus Hamburg, der Vizekanzler aus Schleswig-Holstein, der Finanzminister aus NRW, einige Ministerinnen aus Brandenburg und Berlin.
Und die CSU vergisst nie: Schon Gerhard Schröder hatte als Kanzler einer rot-grünen Koalition 2001 im bayerischen Vilshofen ins Bierzelt gerufen, dass die Bayern «Steine statt Brot» bekämen, wenn sie nicht kuschten. Die Skepsis gegen Regierungen mit Grünen-Beteiligung hat also Tradition. 2017 und 2021 gehörte die CSU zu den Kräften, die am stärksten gegen ein Jamaika-Bündnis aus Union, Grünen und FDP agierten.
Feindbild Habeck
Dazu kommt eine persönliche Ebene. Söder arbeitet sich an Habeck ab, dessen Rücktritt er erneut forderte. Der Grund dürfte nicht nur ein sehr unterschiedliches Naturell sein. In München sitzt der Eindruck fest, dass gerade der Grünen-Wirtschaftsminister Bayern nicht mag - und Zusagen nicht einhält. Als Beleg wird in der CSU-Zentrale das Hochwasser-Thema angeführt. Sowohl Kanzler Olaf Scholz als auch Wirtschaftsminister Habeck seien mit Söder ins Hochwassergebiet gereist, um sich in Gummistiefeln ablichten zu lassen. Aber Bayern erhalte eben keine Bundeshilfen.
Abschreckendes Beispiel Österreich
Ausserdem gibt es Überlegungen der CSU. In Bayern schaut man naturgemäss stärker auf das benachbarte Österreich. Und als Lehre aus den dortigen Parlamentswahlen mit den starken Verlusten für die Regierungsparteien ÖVP und Grüne zieht CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt: «Schwarz-Grün ist gescheitert».
Er unterscheidet dabei ausdrücklich zwischen Bundes- und Landesebenen. Es sei durchaus möglich, dass Schwarz-Grün etwa in Nordrhein-Westfalen oder Schleswig-Holstein funktioniere, wehrt er Kritik der CDU an dem Grünen-Bashing der CSU ab. Aber dies liege daran, dass auf Bundesebene über andere Themen wie Energiepolitik entschieden werde, bei denen die Grünen mit dirigistischen Tendenzen ein Problem seien.
Angst vor der Wähler-Abstrafung
Schon bei den Landtagswahlen im Osten sprach sich etwa Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) strikt gegen eine Koalition mit den Grünen aus. Ein Grund: CDU-, aber auch SPD-Wahlkämpfer berichteten von einer ausgeprägten ablehnenden Stimmung gegen die Grünen. «Sollte die Union vor der Bundestagswahl auch nur den Anschein erwecken, sie wolle Schwarz-Grün, würde uns dies einige Prozentpunkte kosten», erklärt man in der CSU deshalb Söders wiederholte Ablehnung.
(Reuters)