Die Weltwirtschaft schlägt sich besser als erwartet, vor allem dank den USA. Die hohen Zinsen halten die Amerikanerinnen und Amerikaner nicht vom Konsum ab. Die Wirtschaft ist weiterhin auf Wachstumskurs und könnte gemäss neusten Schätzungen des IWF dieses Jahr fast 3 Prozent zulegen. Auch aus China kommen wieder etwas bessere Daten.

Die Gewinnfrage lautet nun nicht mehr, ob die Weltwirtschaft nach dem Post-Corona-Boom hart oder sanft landet, sondern ob sie überhaupt landet – oder gar schon wieder durchstartet.

Laut der regelmässig durchgeführten Fondsmanagerumfrage der Bank of America geht mehr als ein Drittel mittlerweile von einem No-Landing-Szenario aus. Der Anteil jener, die innert Jahresfrist eine harte Landung erwarten, ist seit Oktober von 30 auf 7 Prozent gesunken.

Dieser Konjunkturoptimismus widerspiegelt sich auch in den Zinserwartungen. Denn wenn die Wirtschaft so gut läuft, wird auch der Inflationsdruck nicht so schnell nachlassen wie bislang angenommen.

Ablesen lassen sich die Zinserwartungen am Markt für Fed Funds Futures. Das sind Terminkontrakte oder Optionen auf den kurzfristigen Geldmarktzins, den die US-Notenbank Fed festlegt. Die Banken und andere Finanzakteure verkaufen und kaufen diese, um sich gegen steigende oder fallende Kurzfristzinsen abzusichern. Aus den Preisen lässt sich so die Erwartung aller Marktakteure herleiten. Das ist gemeint, wenn Finanzmedien von Markterwartungen und «eingepreisten» Zinsschritten schreiben. Die europäischen Pendants dazu sind Kurzfristzins-Swaps, OIS genannt.

Wie in der Grafik gut zu erkennen ist, zeigten die Zinserwartungen Anfang Jahr noch steil nach unten. Ganze sieben Zinssenkungen waren bis Januar 2025 eingepreist (vgl. blaue gestrichelte Treppenlinie).

Mittlerweile ist davon nicht mehr viel übrig (rote Treppenlinie). Laut den neusten Zahlen geht die Marktakteure in der Summe davon aus, dass die US-Notenbank bis im September die Zinsen auf dem heutigen Niveau zwischen 5,25 und 5,5 lässt und sie erst dann langsam zu senken beginnt. Bis Anfang 2025 sind nur zwei Schritte «eingepreist».

Es gibt sogar einzelne Stimmen, die eine Zinserhöhung fordern oder damit rechnen. Das wirtschaftliche Szenario dazu hiesse dann nicht mehr nur «no landing», sondern «durchstarten».

Dieser Artikel erschien zuerst auf Handelszeitung.ch unter dem Titel: "Beim Fed muss die Zinswende nach unten warten".