Als 2010 die Bohrinsel Deepwater Horizon im Golf von Mexiko explodierte und die grösste Ölpest aller Zeiten in den USA auslöste, richteten sich alle Augen auf BP, das britische Unternehmen, das hinter den Bohrungen stand. Aber BP war mit dem Projekt nicht allein. Zu den Partnern gehörte die japanische Mitsui, die einen Anteil von 10 Prozent hielt.
Ausserhalb der Rohstoffindustrie wenig bekannt, ist Mitsui zusammen mit Mitsubishi, Itochu, Sumitomo und Marubeni Teil einer Gruppe von fünf japanischen Unternehmen, die in Energie- und Rohstoffprojekte auf der ganzen Welt investiert. Sie sind der Rohstoffarm von Japan mit Beteiligungen an allen erdenklichen Energieträgern - von Kohleminen in Australien über Ölfelder im Oman bis hin zu Weizensilos in Kanada.
Seit Jahren ist dies ein monotones Geschäft, dem nur wenig Beachtung geschenkt wurde. Aber jetzt quetschen die japanischen Händler dank einer einjährigen Phase himmelhoher Rohstoffpreise mehr Cash als je zuvor aus diesen Projekten und gehören damit zu den grössten Gewinnern des Inflationsbooms von 2022. Rechnet man die Gewinne aus dem Kauf und Verkauf der Rohstoffe hinzu, liegt das Nettoeinkommen auf einem Rekordniveau.
Unbekannte Unternehmen - prominenter Investor
Die japanischen Händler mögen weitgehend unbekannt sein, aber einer ihrer Top-Investoren und Nutzniesser ist prominent: Warren Buffett. Das "Orakel von Omaha" ist vor zwei Jahren bei den fünf Unternehmen - zusammen bekannt als "Sogo Shosha" oder allgemeine Handelsunternehmen - mit je 5 Prozent Anteil eingestiegen. Diese fünf Positionen von Berkshire Hathaway, Buffetts Investmentvehikel, haben seither mehr als 50 Prozent zugelegt - selbst wenn man die Abwertung des Yen gegenüber dem Dollar berücksichtigt. Vor zwei Monaten gab Berkshire den Kauf weiterer Aktien bekannt, was den Anteil auf je 6,5 Prozent erhöhte.
Berkshire hat seinen Einstieg perfekt getimt. Getreu seinem Motto, “ängstlich zu sein, wenn andere gierig sind, und gierig, wenn andere ängstlich sind”, investierte Buffett in die Sogo Shosha, nachdem viele Investoren aufgrund der stagnierende Gewinne anderweitig Ihr Geld anlegten. Vor 2020 war der kombinierte Nettogewinn dieser fünf Handelsfirmen mehr als ein Jahrzehnt festgefahren, und nur wenige hatten mit einer Trendwende gerechnet.
Nachfrage nach fossilen Energieträgern ungebremst
Der ESG-Trend fügte Mainstream-Investoren ein weiteres Hindernis hinzu, da die Reserven der Sogo-Shosha bei metallurgischer Kohle, Öl und Flüssigerdgas riesig sind. Und für diejenigen, die nicht an ESG-Prinzipien gebunden sind, waren viele im Jahr 2020 besorgt, dass Ölprojekte zu gestrandeten Vermögenswerten werden und die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen ihren Höhepunkt erreicht habe. Das war eine Illusion.
Die Covid-Pandemie hatte den Energieverbrauch nur vorübergehend entgleist. Sobald die Volkswirtschaften wieder geöffnet hatten, stiegen der Konsum – und damit die Rohstoffpreise – in die Höhe. Die Kohlenachfrage ist im vergangenen Jahr auf ein Allzeithoch gestiegen. Unterdessen beeilte sich Europa, die russischen Gaslieferungen durch andere LNG-Quellen zu ersetzen. Und trotz des langsamen Wirtschaftswachstums wird der Ölverbrauch in diesem Jahr ein Rekordhoch erreichen.
Das hat die Sogo Shosha in Geldautomaten verwandelt. Ein Grossteil der Gewinne würde aus Beteiligungen an Kohle-, Öl-, Kupfer - und LNG-Projekten kommen, teilten die Unternehmen mit Blick auf die anstehende Bilanzsaison mit. Der daraus resultierende Cash Flow fliesst über Rekord-Dividenden und kräftige Aktienrückkäufe zu den Aktionären. Die Aktienkurse von Mitsubishi und Mitsui, den beiden profitabelsten Sogo Shosha, sind seit Buffetts Einstieg im Jahr 2020 um 100 Prozent bzw. 130 Prozent gestiegen.
Weiteres Potenzial dank rekordhoher Energie-Preise
Buffett ist besser bekannt für seine erfolgreichen Investments in amerikanische Blue-Chip-Unternehmen wie Apple, Bank of America und Coca-Cola. Aber er verdient viel Geld mit fossilen Brennstoffen und Rohstoffen. Berkshire ist der grösste Aktionär von Chevron, der zweitgrössten amerikanischen Ölgesellschaft. Wie lange kann Buffett von seinem japanischen Rohstoffhandels-Abenteuer profitieren? Die Erdgas- und Ölpreise sind zurückgegangen, bleiben aber im historischen Vergleich hoch.
Die Preise für Kohle und Kupfer sind immer noch nahe an den Rekordhochs von 2022. Und im Gegensatz zu vielen westlichen Regierungen ermutigt die japanische Regierung in Tokio seine Unternehmen, sich dem Trend zur Veräusserung fossiler Brennstoffe zu widersetzen. Trotz des Klimawandels braucht die Welt immer noch Kohle, Öl und Gas. Auch wenn die Nachfrage nicht so hoch wie im Zeitraum 2021 bis 2023 sein dürfte, bedeutet dies überdurchschnittliche Gewinne für Buffett und die Sogo-Shosha.
(Bloomberg Opinion/cash)