Der berühmte Investor Warren Buffett baut seine Beteiligung am Unternehnehmen Occidental Petroleum  kontinuierlich aus, was sich zu seiner bisher grössten Akquisition entwickeln könnte. Seine Holding-Gesellschaft Berkshire Hathaway hat am letzten Freitag die Genehmigung zum Kauf von bis zu 50 Prozent der Aktien erhalten.

Einige Investoren glauben, dass dies ein Schritt in Richtung einer vollständigen Übernahme sein könnte, welche am Ende mehr als 50 Milliarden Dollar kosten dürfte. Die folgenden Gründen machen Occidental für Berkshire so attraktiv:

1. Öl

Die Inflation könnte für die erste Hälfte der 2020er-Jahre einen grossen Trend darstellen, und Rohöl  gehört zu den besten natürlichen Absicherungen dagegen. Der Einmarsch Russlands in der Ukraine und fehlende Investitionen in neue Ölfelder in den letzten fünf Jahren haben die Versorgung beeinträchtigt, was zu stagnierenden Produktionsprofilen geführt hat. Inzwischen ist die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen stark, auch wenn die Regierungen auf eine Umstellung auf saubere Energie drängen. 

Buffett, welcher Investitionen im gesamten Energiesektor getätigt hat, behauptet von sich selbst, ein Realist in der Debatte um fossile Brennstoffe zu sein. "Die Leute,  welche auf beiden Seiten der Extreme stehen, sind ein bisschen verrückt", sagte er auf einer Berkshire-Aktionärsversammlung im Jahr 2021.

2. Vertrautheit

Buffett investierte erstmals im Jahr 2019 in Occidental, als sich das Ölunternehmen mit Chevron einen Bieterkrieg um den Konzern Anadarko geliefert hat. Dabei handelt es sich um einen Rivalen aus Houston. Occidental-CEO Vicki Hollub ist mit der Gulfstream V des Unternehmens nach Omaha, Nebraska, geflogen, und hat Buffett davon überzeugt, die eigene "Kriegskasse" um 10 Milliarden Dollar aufzustocken.

Das hat schlussendlich ausgereicht, um das Geschäft ins Rollen zu bringen, und Chevron zog sich kurz darauf zurück. Im Gegenzug erhielt Buffett Vorzugsaktien mit einer jährlichen Rendite von 8 Prozent, sowie Optionsscheine zum Kauf von Stammaktien zum Preis von 59,62 Dollar pro Stück. Inzwischen liegt die Occidental-Aktie bei einem Wert von 71,29 Dollar, weshalb die Optionsscheine mittlerweile einen Gewinn von mehr als mehr als 900 Millionen Dollar einbringen würden.

3. Wert

Ursprünglich war der Anadarko-Deal eine Katastrophe, weil er die Bilanz von Occidental kurz vor der Pandemie mit mehr als 30 Milliarden Dollar zusätzlichen Schulden belastet hat. Der Marktwert von Occidental sank von 50 Milliarden Dollar, Stand 2019, bis Ende 2020 auf weniger als 9 Milliarden Dollar, da die Ölpreise abgestürzt sind. Das stellte sich aber auch als gute Gelegenheit für Buffett heraus.

Als der Rohölpreis Ende letzten Jahres durch die russische Ukraine-Invasion in die Höhe schoss, war Occidental nämlich am besten positioniert, um davon zu profitieren. Die Aktie ist der beste Wert im S&P 500 in diesem Jahr, mit einem Plus von mehr als 140 Prozent gegenüber einem Index-Rückgang von 11 Prozent. "Oxy begann dieses Jahr hoch verschuldet, mit einem massiven Engagement im Rohölbereich”, sagte Bill Smead, der bei Smead Capital Management 4,8 Milliarden Dollar verwaltet und einer der 20 grössten Aktionäre von Occidental ist. Steigende Rohölpreise bedeuten, dass "sie jetzt ihre Schulden abbezahlen und einen Haufen Bargeld einnehmen können. Das ist die Beste aller möglichen Entwicklungen".

4. Bargeld

Zu viel Bargeld stellte in den letzten Jahren Berkshires grösste Herausforderung dar. Das Konglomerat verfügte Ende Juni über etwa 105 Milliarden Dollar an Barmitteln. Es wird erwartet, dass es in den nächsten fünf Jahren jedes Quartal einen freien Cashflow von etwa 8 Milliarden generieren wird, so Greggory Warren von Morningstar.

Die höchste Inflationsrate seit 40 Jahren stellt einen grossen Anreiz dar, dieses Geld auch einzusetzen. Occidental würde als Tochtergesellschaft von Berkshire besser funktionieren als eine Aktienbeteiligung "angesichts der Volatilität, welche an den Energie-/Rohstoffmärkten besteht ", meinte Warren. "Das könnte sich zu einer Übernahme im Zeitlupentempo entwickeln, bei der Berkshire alle Anteile kauft, bis es Oxy ganz übernehmen kann."

5. Ölschiefer

Occidental ist nicht nur einer der grössten Produzenten im Permian Basin, dem grössten US-Ölfeld, sondern trägt auch niedrige Kosten, da ein Ölpreis von nur 40 Dollar pro Barrel erforderlich ist, um die eigene Dividende zu erhalten. West Texas Intermediate wird derzeit zu einem Preis von etwa 90 Dollar pro Fass gehandelt. Hollub hat die "Drill-Baby-Drill"-Mentalität zurückgedrängt, welche die Schieferindustrie in den ersten zehn Jahren gekennzeichnet hat, und räumt nun den Gewinnen Vorrang vor der Produktion.

Der freie Cashflow erreichte im zweiten Quartal einen Rekordwert von 4,2 Milliarden Dollar. Der Kauf von Anadarko mag teuer gewesen sein, aber er vergrösserte den Landbesitz von Occidental im Permian auf 2,8 Millionen Hektar. Das entspricht der 14-fachen Grösse der fünf Stadtbezirke von New York. Ausserdem gehören nun auch Anlagenim Golf von Mexiko und Algerien dazu, welche Beständigkeit und Cashflow aufweisen.

6. CEO

Buffett hat eine gute persönliche Beziehung zu Hollub, welche bei einem Meeting 2019 in Omaha begann, vermittelt durch den Bank of America-CEO Brian Moynihan. Dieses Jahr lobte Buffett die Occidental-Chefin, nachdem er die Abschrift einer Telefonkonferenz vom 25. Februar gelesen hatte. In diesem versprach das Öl-Unternehmen finanzielle Disziplin, obwohl die Ölpreise stiegen. "Ich habe jedes Wort gelesen und finde, dass das genau dem entspricht, was ich selbst auch tun würde", sagte Buffett gegenüber CNBC. "Sie führt das Unternehmen auf die richtige Art und Weise."

7. Gesetz zur Verringerung der Inflation
 
Die Ölindustrie hat viel Kritik am Gesetz geäussert, welches Präsident Joe Biden in diesem Monat unterzeichnet hat, um die Inflation zu verringern. Die 437 Milliarden Dollar teure Gesetzgebung "entmutigt notwendige Investitionen in Öl und Gas" und biete "die falsche Politik zur falschen Zeit", meinte das American Petroleum Institute dazu. Hollub zeigte sich jedoch überraschend optimistisch und nannte den Gesetzentwurf "sehr positiv".

Das könnte mit der Ausweitung der Steuergutschriften für die Kohlendioxidabscheidung zu tun haben, welche Occidental klar befürwortet. Das Unternehmen plant den Bau der weltweit grössten Luftabscheidungsanlage. Für diese erhält Occidental eine Steuergutschrift von bis zu 180 Dollar für jede Tonne Kohlenstoff, die aus der Luft abgesaugt wird.

(Bloomberg/cash)