Charlie Munger sei seiner Familie zufolge am Dienstagmorgen in einem Krankenhaus in Kalifornien im Alter von 99 Jahren gestorben, hiess es in einer Mitteilung. Darin erklärte Buffett, Berkshire hätte «ohne Charlies Inspiration, Weisheit und Mitwirkung» nicht den heutigen Status erreichen können. Munger war seit 1978 Vice Chairman der Investmentgesellschaft, die von Buffett geleitet wird.
Munger wäre am 01. Januar 100 Jahre alt geworden. Seine Verbindung zu Buffett reichte bis in seine Jugendzeit zurück, als er in Omaha im Bundesstaat Nebraska für dessen Grossvater in einem Lebensmittelgeschäft arbeitete. Im Zweiten Weltkrieg diente Munger als Meteorologe und absolvierte 1948 ein Jura-Studium an der Harvard Law School. Während seiner Tätigkeit als Anwalt wandte er sich Mitte der 1960er Jahre dem Aktien- und Immobilienhandel zu. Seine Investmentgesellschaft Wheeler, Munger & Co. lief gut. Die Partnerschaft mit Buffett, die zu einer der erfolgreichsten der Investitionsgeschichte werden sollte, begann formell 1975.
«Er hat meinen Horizont erweitert»
Der Buffett-Biografin Alice Schroeder zufolge trafen sich die beiden Männer zuerst 1959 in Omaha. Nach einer Vorstellung seien sie im privaten Raum einer Gaststätte in ein tiefes Gespräch verfallen, es folgten stundenlange Telefonate. Mungers zweite Frau Nancy soll ihn gefragt haben, warum er so viel Zeit mit Buffett verbringe. «Du verstehst nicht», antwortete Munger. «Das ist kein gewöhnlicher Mensch.» Beide Männer teilten die Investment-Philosophie des Ökonomen Benjamin Graham, die als «value investing» zusammengefasst wird. Dabei wird etwa nach gut geführten Unternehmen gesucht, deren Aktien unterbewertet sind.
Buffett zufolge war es Munger, der ihn davon überzeugte, sich auch Firmen anzuschauen, deren Aktien korrekt bewertet sind. «Charlie hat mich dazu gebracht, nicht nur Schnäppchen zu kaufen, wie Ben Graham es mir beigebracht hatte», sagte Buffett. «Es war die Macht von Charlies Verstand. Er hat meinen Horizont erweitert.» In einem Aktionärsbrief von 1989 formulierte Buffett dies mit einem zwischen berühmten englischen Wortspiel um die Bedeutungen des Wortes «fair» aus - «It's far better to buy a wonderful company at a fair price than a fair company at a wonderful price» - und schrieb diese Erkenntnis Munger zu: «Charlie hat das früh begriffen; ich war ein langsamer Schüler.»
Mungers Wortwahl war im Vergleich dazu derber. Er verglich Banker mit «Heroinsüchtigen» und nannte die Cyberwährung Bitcoin «Rattengift». Über Gold sagte er dem Sender CNBC: «Gold ist eine tolle Sache, um es in seine Kleidung einzunähen, wenn man 1939 eine jüdische Familie in Wien ist. Aber ich glaube, zivilisierte Menschen kaufen kein Gold. Sie investieren in produktive Unternehmen.» Über Berkshire sprach er ähnlich direkt. Ein Teil der Beliebtheit des Konzerns gehe wohl darauf zurück, «dass wir wie Leute aussehen, die einen Trick gefunden haben», sagte Munger 2010. Es handle sich jedoch nicht um Genialität: «Es ist nur das Vermeiden von Dummheit.» Auch zur Künstlichen Intelligenz äusserte er sich noch in diesem Jahr. Er stehe dem Hype skeptisch gegenüber, sagte Munger. «Ich glaube, die altmodische Intelligenz funktioniert ziemlich gut.»
Nancy Munger war 2010 gestorben, Charlie Munger war sechsfacher Vater und zweifacher Grossvater. Experten erwarteten keine grösseren Folgen für das Geschäft von Berkshire. Die Aufsicht über das täglichen operativen Vorgänge haben zwei weitere Vize-Vorsitzende, Greg Abel und Ajit Jain. Es wird erwartet, dass Abel Geschäftsführer wird, wenn der heute 93 Jahre alte Buffett nicht mehr an der Spitze steht. «Ich glaube nicht, dass Berkshire viel anders aussehen wird, abgesehen davon, dass Buffett keine Ideen mehr mit Munger austauschen kann», sagte Thomas Russo von Gardner Russo & Quinn in einer ersten Reaktion auf den Tod von Munger. «Berkshire ist ohne ihn vielleicht etwas weniger spassig.»
(Reuters)