Analysten befürchten noch mehr Ungemach und verweisen auf die potenziell verheerenden Auswirkungen eines ausgewachsenen Handelskriegs mit den USA, wenn Donald Trump im Januar ins Weisse Haus zurückkehrt. Sollten die Exporte in den wichtigen US-Markt leiden, würde dies den massiven Druck zur Kostensenkung weiter erhöhen, um einen weiteren Gewinnrückgang zu verhindern.
Der Dezember erweist sich bereits als Vorbote für das Bevorstehende. Stellantis hat seinen Vorstandsvorsitzenden Carlos Tavares entlassen, und bei VW haben fast 100'000 Beschäftigte ihre Arbeit niedergelegt, weil Pläne für noch nie dagewesene Kürzungen vorliegen, die den Autobauer wettbewerbsfähig machen sollen. Eine vierte Gesprächsrunde und weitere Arbeitsniederlegungen sind für Anfang nächster Woche angesetzt, aber im Moment gibt es kaum Anzeichen dafür, dass die VW-Geschäftsleitung und die Gewerkschaftsführer einer Einigung nahe sind.
Die Branche stehe «vor einem nahezu perfekten Sturm», schreiben die UBS-Analysten um Patrick Hummel in einer Mitteilung an ihre Kunden. Preisdruck, Marktanteilsverluste in China, verschärfte CO2-Regulierung, Zollrisiken und eine anhaltend schwache Nachfrage dürften die Gewinne der Branche trotz verstärkter Restrukturierungsbemühungen weiter belasten.
Die Automobilindustrie, ein wichtiger Arbeitgeber in ganz Europa, hat sich in diesem Jahr bisher am schlechtesten entwickelt. Selbst bei Unternehmensbewertungen, die rund 30 Prozent unter dem historischen Durchschnitt liegen, sind die Anleger vorsichtig, da der Zeitpunkt einer breiteren und nachhaltigen Markterholung ungewiss bleibt. «Solange das Ende des Herabstufungszyklus nicht absehbar ist, dürfte eine mögliche Erholung von den aktuellen Tiefständen nur von kurzer Dauer sein», so die UBS.
Stimmung in rapidem Sinkflug
Das Münchner Ifo-Institut schliesst sich dem ernüchternden Ausblick der UBS an. In einem aktuellen Bericht stellt sie fest, dass sich die Stimmung in der deutschen Automobilindustrie «rapide verschlechtert». Lange Zeit konnte sich die Autoindustrie auf volle Auftragsbücher stützen, nachdem die Covid-19-Pandemie und Lieferengpässe dazu geführt hatten, dass die Hersteller nicht genügend Halbleiter produzieren konnten, um die Nachfrage zu decken. Doch nun sind diese Auftragsbestände abgearbeitet.
Da die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen stagniert und die Konjunktur in China nicht wieder anzieht, gehen neue Aufträge nur noch schleppend ein. Der Rückgang hat bei den Automobilherstellern zu Überkapazitäten geführt, so Anita Wölfl, Automobilexpertin des Ifo Instituts.
Infolgedessen müssen die Hersteller Einsparungen vornehmen. Ford plant, bis Ende 2027 etwa 14 Prozent seiner europäischen Belegschaft abzubauen, vor allem in Deutschland und Grossbritannien. Die deutschen Oberklassehersteller Mercedes-Benz und Porsche wollen ebenfalls ihre Kosten senken.
Der Abschwung zieht sich durch die gesamte Lieferkette. Robert Bosch, Continental und ZF Friedrichshafen haben zusammen den Abbau von rund 20'000 Arbeitsplätzen in ihrem Heimatmarkt Deutschland angekündigt, wo die Automobilzulieferer ein wichtiger Wirtschaftsfaktor sind. Schaeffler plant, zwei Standorte zu schliessen, um Geld zu sparen, und wird Tausende von Stellen streichen oder verlagern.
Die Arbeitsplatzverluste vervollständigen das düstere Bild von Europas grösster Wirtschaft, die in diesem Jahr mit einem schrumpfenden Produktionssektor weiter stagniert. Die Auftragseingänge in der Industrie sind im Oktober erneut zurückgegangen, wenn auch weniger stark als von Ökonomen vorhergesagt, was darauf hindeutet, dass die mehrjährige industrielle Rezession des Landes ihren Tiefpunkt erreicht haben könnte.
«Weichenstellung» steht bevor
Dennoch gibt es nach wie vor wenig konkrete Anzeichen dafür, dass eine signifikante und nachhaltige wirtschaftliche Erholung in Sicht ist, insbesondere im Automobilsektor. Die düsteren Aussichten für die Autohersteller werden sich am Montag erneut zeigen, wenn VW mit der IG Metall zu einer neuen Verhandlungsrunde über Einschnitte bei der angeschlagenen Marke zusammenkommt.
Das Management hat erklärt, dass es Fabriken in Deutschland schließen müsse, um der sinkenden Nachfrage nach Elektroautos, den steigenden Betriebskosten und der zunehmenden Konkurrenz zu begegnen. Das Management lehnte letzte Woche den Gegenvorschlag der Gewerkschaft ab - ein Paket von zusätzlichen Kürzungen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro, das geringere Dividendenzahlungen, niedrigere Bonuszahlungen und einen Fonds für mögliche Entlassungen und Schichtreduzierungen vorsah.
Da die beiden Seiten immer noch weit auseinander liegen, könnten in den kommenden Wochen in der Vorweihnachtszeit weitere Arbeitsniederlegungen und Proteste folgen. Daniela Cavallo, die Vorsitzende des Gesamt- und Konzernbetriebsrats von VW, sagte, dass die Verhandlungsrunde am Montag wahrscheinlich eine «Weichenstellung» bringen werde: «Annäherung oder Eskalation».
(Bloomberg)
1 Kommentar
Ganz einfach: Volkswagen und Stellantis sollten Toyota folgen . Zur Einsicht kommen ,wieder Autos zu bauen mit Einfacher handhabung. Nicht nur auf e-Autos zu setzen sondern wie Toyota auch auf Leichtbau und Sparsamkeit. E-Fuels sind kostengünstig im Anmarsch (2026) , Aramco und Sulzer Aktien sind der Beweis.