In seinen ersten Tagen im US-Präsidialamt hatten Börsianer aufgeatmet, weil Trump keine konkreten Strafzölle verhängte und eher versöhnliche Töne Richtung China anschlug. «Der US-Präsident hat ein Kursfeuerwerk mit der Aussicht auf eine wirtschaftsfreundliche Politik ausgelöst», fasst Helaba-Strategin Claudia Windt zusammen.
«Die Androhung von Zöllen bleibt zwar bestehen, scheint aber (noch) nicht die erste Mittelwahl zu sein.» Einige Strategen sehen angesichts der starken Dynamik bereits höhere Risiken für eine Korrektur an den Märkten oder zumindest grössere Kursschwankungen voraus.
Der SMI konnte in der abgelaufenen Woche um 2,5 Prozent zulegen, damit resultieren seit Jahresanfang rund 6 Prozent Gewinn. Der Dow Jones Industrial verbuchte ein Wochengewinn von ebenfalls mehr als zwei Prozent. Der Nasdaq 100 hatte ein Plus von gut anderthalb Prozent. Der Dax eilte von Rekord zu Rekord und gewann knapp drei Prozent.
Fed dürfte abwarten
Für Bewegung dürften auch die anstehenden Entscheidungen der Zentralbanken sorgen. Die US-Notenbank Fed dürfte dabei auf Konfrontationskurs zu Trump gehen, der für weitere Zinssenkungen trommelt, um die amerikanische Wirtschaft anzukurbeln.
Doch von Reuters befragte Experten erwarten unisono, dass die Währungshüter nach der jüngsten Zinssenkung vom Dezember nun eine Pause einlegen. Angesichts des stabilen Arbeitsmarkts bestehe kein akuter Handlungsdruck. Vielmehr könne die Fed nun in Ruhe die ersten Entscheidungen der Trump-Regierung unter die Lupe nehmen. «Grundsätzlich bleibt eine weitere geldpolitische Lockerung 2025 wahrscheinlich, aber wohl nicht im bisher erwarteten Ausmass», sagt Strategin Windt.
Die US-Wirtschaft zeigte sich zuletzt robust. In der neuen Woche steht unter anderem die Inflation im Fokus, wenn am Freitag der Preisindex für Konsumausgaben ohne Nahrungsmittel und Energie veröffentlicht wird. Am Dienstag gibt der Auftragseingang langlebiger Güter Einblick in die Lage der Industrie.
Bei der EZB dürfte es am Donnerstag nach Meinung von Experten trotz anhaltendem Inflationsdruck mit den Einlagesätzen weiter nach unten gehen. Dies gilt vor allem mit Blick auf die angespannte Konjunkturlage als sicher. Am Donnerstag stehen die BIP-Schätzungen für Deutschland und die Euro-Zone an. «Offensichtlich haben die Zinssenkungen der EZB die Wirtschaft bisher noch nicht spürbar angeschoben. Wahrscheinlich wird sich der positive Effekt der sinkenden Leitzinsen erst in der zweiten Hälfte dieses Jahres vollumfänglich bemerkbar machen», sagt Commerzbank-Ökonom Vincent Stamer.
Neben den Wirtschaftsdaten halten auch die geopolitischen Sorgen in der Ukraine und Nahost die EZB auf Trab. Ausserdem stelle sich die Frage, wie diffus beziehungsweise verlässlich die Trump-Regierung sein werde, sagen die Strategen der NordLB. Vor allem beim Thema Zölle dürfte EZB-Chefin Christine Lagarde wachsam bleiben. «Zölle wirken nicht nur handelshemmend statt weltoffen, sondern auch inflationär», sagen die NordLB-Experten.
Aufwärtspotenzial bei starken Bilanzen
Bei den Unternehmen geht die Bilanzsaison weiter. Europäische Firmen dürften das dritte Quartal in Folge ein Gewinnwachstum erzielt haben, was dazu beitragen könnte, die Börsen weiter anzuschieben. Im Schnitt rechnen Analysten mit Ergebnissteigerungen im Schlussquartal von 1,5 Prozent. «Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Aktienkurse steigen, wenn die Unternehmen in der Berichtssaison die Erwartungen übertreffen. Das Aufwärtspotenzial ist grösser als das Abwärtspotenzial», sagt Matthieu Dulguerov, Leiter Aktien bei REYL Intesa Sanpaolo.
«Viele glauben, dass Europa vor wirtschaftlichen Herausforderungen steht und im Vergleich zu den USA ein geringeres Wachstum verzeichnen wird. Allerdings sind die meisten europäischen Unternehmen nicht stark vom europäischen Wirtschaftswachstum abhängig, da sie global tätig sind», erläutert der Experte.
Aus Schweizer Sicht stehen am Dienstag die Quartalsergebnisse von Logitech an, gefolgt vom Jahresergebnis von Lonza am Mittwoch. Am Donnerstag folgen dann Roche und ABB mit ihren Ergebnissen zu 2024, so wie Umsatzzahlen seitens Bucher und Gurit. Abgeschlossen wird die Newsflut vom Ergebnis 2024 von Novartis am Freitag.
Einen Einblick in ihre Bücher gewähren unter anderem der Luxusriese LVMH am Dienstag, der niederländische Hersteller von Computerchip-Ausrüstung ASML am Mittwoch und die Deutsche Bank am Donnerstag.
In China steht das Frühlingsfest, allgemein bekannt als chinesisches Neujahr, als wichtigster Feiertag bevor. Die Börsen dort bleiben von Dienstag an eine Woche geschlossen.
(cash/Reuters)