Schwellenländer sind Volkswirtschaften, die sich in einem intensiven Wandlungsprozess befinden und häufig ein hohes Wirtschaftswachstum aufweisen. Daher werden sie auch als «Emerging Markets» bezeichnet. Anleger denken in diesem Zusammenhang oft an Rohstoffe oder günstige Nachahmerprodukte, was jedoch den Realitäten nicht gerecht wird.
Das Durchschnittsalter der Bevölkerung in Schwellenländern ist oft deutlich niedriger als in Industrieländern. In Indien beispielsweise liegt es unter 30 Jahren. Dadurch stehen der Wirtschaft in Indien verhältnismässig mehr Arbeitskräfte zur Verfügung – eine wichtige Voraussetzung für anhaltend hohes Wirtschaftswachstum. Gleichzeitig bauen viele Schwellenländer ihre Bildungsangebote massiv aus, was die Grundlage für höhere Produktivität und Innovation bildet.
«Mit der fortschreitenden Entwicklung der Volkswirtschaften erwarten wir steigende Einkommensniveaus, da die Menschen zunehmend komplexere Tätigkeiten ausüben, die höhere Löhne ermöglichen und zunehmend in den heimischen Märkten eingesetzt werden. Dies führt zu einem positiven Kreislauf», so Matt Williams, Head of Emerging Markets Strategy bei abrdn.
Dieser anhaltende Trend steigender Einkommen fördert das schnelle Wachstum der Mittelschicht sowie steigende Ansprüche und Konsumausgaben. Dieses Konsumwachstum bietet fruchtbaren Boden für Unternehmen, die Dividenden zahlen, insbesondere für führende inländische Marken, die in ihren jeweiligen Branchen einen erheblichen Marktanteil erobert haben.
Chance dank aufstrebender indischer Mittelschicht
Ein Beispiel hierfür ist Bajaj Holdings, ein indisches Unternehmen mit Kontrollbeteiligungen an Bajaj Auto und Bajaj Finserv, einem führenden Hersteller von Fahrzeugen sowie einem Finanz- und Versicherungsdienstleister. Die Aktien von Bajaj Holdings haben sich im vergangenen Jahr um 44 Prozent gesteigert.
«Bajaj Holdings ist seit langem Teil unserer Strategie, da es sich um eine aufstrebende heimische Marke in den Bereichen Finanzen und Fahrzeugproduktion handelt», so Williams. Die Zukunftsaussichten von Bajaj Holdings sind laut dem Experten von abrdn eng mit denen der aufstrebenden indischen Mittelschicht verbunden. Das in Pune, Maharashtra, ansässige Unternehmen spiegelt mit seinen beiden Geschäftsbereichen die zunehmende finanzielle Stärke des indischen Konsumenten wider. Bajaj Auto ist ein führender Hersteller von Zwei- und Dreiradfahrzeugen, während Bajaj Finserv ein Unternehmen im Bereich der Konsumentenfinanzierung ist.
Zwei- und Dreiräder dominieren die Strassen in Indien. Motorroller und Motorräder übertreffen Pkw bei weitem, und Tuk-Tuk-Autorikschas sind in den Städten allgegenwärtig. Darüber hinaus hat Bajaj in andere Märkte wie Afrika und Lateinamerika expandiert, wobei Exporte etwa 40 Prozent des Gesamtumsatzes des Unternehmens ausmachen. Die nächste Generation des Transports – Elektrofahrzeuge – sollte ebenfalls ein grosser Vorteil für das Unternehmen sein.
Ursprünglich konzentrierte sich der Finanzzweig von Bajaj lediglich auf die Bereitstellung von Krediten für Zwei- und Dreiräder, und es besteht immer noch die weit verbreitete Ansicht unter Investoren, dass dies ein Nischensegment des Unternehmens ist. «Wir glauben nicht, dass dies der Fall ist», so Williams. Aus kleinen Anfängen haben sich Bajaj Finserv und seine Tochtergesellschaft, Bajaj Finance, zu Anbietern umfangreicherer Kredite, Hypotheken und Versicherungen entwickelt.
Im Laufe der Zeit erwartet der Experte, dass das Nicht-Banken-Finanzinstitut einen grösseren Marktanteil erobert, insbesondere von staatlichen indischen Banken. Ein weiterer positiver Faktor ist die führende Rolle des Unternehmens bei der Digitalisierung. Mit neuen digitalen Initiativen, einschliesslich einer persönlichen Kredit-App, hat Bajaj Finance die Verfügbarkeit seiner Produkte erweitert. Digitalisierung ist besonders wichtig in einem Land wie Indien, wo viele Menschen (insbesondere in ländlichen Gebieten) bisher keinen Zugang zu formalen Krediten hatten. Eine grössere digitale Präsenz bedeutet, dass Bajaj Finance nun Kredite und Dienstleistungen für grosse Teile der Bevölkerung anbieten kann, die zuvor als «unbanked» galten.
Anta Sports mit grossem Aufwärtspotenzial
Williams von abrdn nennt gegenüber cash.ch drei weitere Unternehmen, von denen er überzeugt ist: Anta Sports und Li Ning (zwei führende chinesische Athleisure-Unternehmen), Wuliangye Yibin (chinesischer Premium-Spirituosenhersteller) und Midea Group (chinesischer Hersteller von Haushaltsgeräten).
Anta Sports Products Limited ist ein chinesischer, multinationaler Sportartikelkonzern mit Hauptsitz in Jinjiang, China. Das Unternehmen ist nach Umsatz der grösste Sportartikelhersteller der Welt und nach Nike und Adidas der drittgrösste insgesamt. Das an der Hongkonger Börse gelistete Unternehmen verzeichnete in diesem Jahr einen Kursrückgang von 7 Prozent, was das Kurs-Gewinn-Verhältnis auf 14 gedrückt hat. Von den 56 von Bloomberg abgedeckten Analysten empfehlen alle bis auf einen den Kauf des Titels, wobei das durchschnittliche Aufwärtspotenzial bei 51 Prozent liegt.