Die Sportbahnen Braunwald sitzen finanziell tief in der Patsche. Das Familienskigebiet im Glarnerland schrieb die letzten zwei Saisons Verlustzahlen in Millionenhöhe. Um den Betrieb in diesem Winter sicherzustellen, haben Aktionäre der Sportbahnen vor wenigen Wochen neues Kapital in der Höhe von 1,7 Millionen Franken eingeschossen. Doch die Ausgangslage ist klar: Die Lifte laufen nächstes Jahr nur, wenn es diese Saison einen guten Winter gibt.
Das Braunwalder Beispiel hat Symbolcharakter. Es sind schwierige Momente, in denen sich viele Schweizer Skigebiete befinden. Den Auslöser kennen wir alle. Durch die steigenden Durchschnittstemperaturen fällt weniger Schnee. Die Schneesicherheit in niedrigeren Höhenlagen nimmt ab. Doch die wärmeren Temperaturen aufgrund des Klimawandels sind noch lange nicht der einzige Grund, wieso immer mehr Skigebiete in den Schweizer Bergen verschwinden. Blick geht zusammen mit Jürg Stettler, Institutsleiter Tourismus an der Hochschule Luzern, in die Details und benennt die vier Hauptgründe:
1. Durch den Klimawandel steigen die Betriebskosten
«Der Klimawandel ist der Grundtreiber», stellt auch Jürg Stettler fest. Besonders in tiefer gelegenen Regionen fällt einfach zu wenig Schnee, um einen Betrieb in der Wintersaison aufrechtzuerhalten. Doch für viele Bergbahnen sind die finanziellen Folgen, die die höheren Temperaturen mit sich bringen, ausschlaggebend. Denn dadurch steigen die Produktionskosten massiv. «Früher mussten Skigebiete nur in den Weg nach oben investieren – also in die Lifte», erklärt Stettler. «Heute brauchen sie aber auch enorm viel Geld für den Weg nach unten.» Der Aufwand für eine allfällige technische Beschneiung und die Pistenpräparation wird oft unterschätzt.
Kommt hinzu, dass auch die Unterhaltung der Skilifte teurer geworden ist. Ein Bügellift an einem kleinen Hang verursacht keine wahnsinnigen Kosten und könnte wohl noch länger ohne grosses finanzielles Engagement betrieben werden. Doch vor allem Skigebiete mit einer gewissen Grösse setzen auf Skilifte, die nicht bodengebunden sind. Die Instandhaltung dieser Sessel- oder Gondelbahnen verursacht hohe Ausgaben.
2. Die hohen Preise für die Gäste
Die Preise für Skipässe, Ausrüstung und Unterkunft spielen eine wesentliche Rolle. «Für viele Familien ist eine Woche Skiferien nicht mehr bezahlbar», so der Tourismusexperte. «Oder sie sind nicht mehr bereit, so viel Geld fürs Skifahren auszugeben.»
In den 70ern hiess es noch: Alles fährt Ski. Das ist heute schon anders und in Zukunft wohl nicht mal annähernd mehr der Fall. Schon gar nicht, wenn die Prognose von Reto Gurtner, Chef der Bergbahnen in Flims-Laax, eintrifft. Er meint, dass Tageskarten in zehn Jahren 200 bis 300 Franken kosten könnten. Die steigenden Preise für die Gäste drücken die Nachfrage nach unten. Das bedeutet wiederum weniger Ertrag für die Skigebiete.
3. Das Skifahren ist weniger sozialisiert
Neben den betrieblichen Ursachen hat auch eine kulturelle Veränderung bei Schweizerinnen und Schweizer stattgefunden. «Früher gab es im Winter nur das Skifahren. Heute bieten sich den Wintersportfans viele andere Optionen wie Schneeschuh- und Langlaufen», erkennt Jürg Stettler. Diese Alternativen sind billiger.
So ist auch die Sozialisierung des Skifahrens viel weniger ausgeprägt. «Vor einigen Jahren war es normal, dass man eine Woche mit der Familie in die Skiferien ging. Zudem hatte man mehrere Skilager in der Schule», so der Institutsleiter weiter. Heute können Schüler froh sein, wenn sie während ihrer Schulzeit überhaupt noch ein Skilager haben. Und wenn man mit dem Skifahren nicht schon früh beginnt, steigt man auch später weniger in eine Bindung.
4. Alle Einflussfaktoren wirken in dieselbe Richtung
Gemäss Stettler führen alle genannten Gründe auf ein Ergebnis: «Die Nachfrage für Skigebiete fällt und die Kosten gehen in die Höhe. Diese Schere geht je länger, desto stärker auf.» Über die letzten Jahre hinweg war die Anzahl an Skitagen stetig rückläufig, mittlerweile hat sie sich etwas stabilisiert.
Den zunehmenden Kostendruck haben viele Skigebiete zu spüren bekommen – so auch in Braunwald. Dort sucht man jetzt Unterstützung bei den Geschäften und Hotels im Dorf. Ob das zu einer langfristigen Lösung für die Sportbahnen führt, wird sich zeigen.
Dieser Artikel ist zuerst im Blick erschienen.