Fünf Prozent Zins: So viel haben die Versicherten der Sulzer Vorsorgeeinrichtung (SVE) auf ihr Pensionskassenguthaben für das Jahr 2023 erhalten. Damit zählt die SVE zu einer Gruppe von Kassen mit hoher Verzinsung in der Zweiten Säule. Laut dem aktuellen Pensionskassen-Jahrbuch des Beratungsunternehmens PPCmetrics geben 3,4 Prozent der untersuchten Kassen einen Zins von fünf Prozent oder mehr. Der Spitzenwert liegt gar bei neun Prozent.
Am anderen Ende des Spektrums befindet sich Vorsorgeeinrichtungen (VE), die höchstens die Mindestverzinsung von einem Prozent gewählt haben. Sie machen rund einen Viertel der 268 betrachteten Kassen aus. Dass weniger als das Minimum gewährt wird, ist erklärbar: Das Gesetz erlaubt es, tiefer zu gehen als der vom Bundesrat festgelegte Mindestzinssatz - sofern eine Unterdeckung nicht anders behoben werden kann. Zudem müssen Kassen mit überobligatorischen Plänen den Mindestzinssatz nicht zwingend einhalten, sie dürfen bei angespannter finanziellen Lage auch weniger verzinsen.
Die Kassen mit sehr hoher und sehr tiefer Verzinsung bilden Pole. Laut PPCmetrics betrug die durchschnittliche Verzinsung im Jahr 2023 rund 2,16. Der Median lag bei 1,88 Prozent - sprich: Die Hälfte der Vorsorgeeinrichtungen gewährt mehr als 1,88 Prozent Zins, die andere Hälfte weniger. Über die letzten zehn Jahre betrachtet zeigt sich: Im Schnitt der Pensionskassen hat sich eine - kumulierte - Verzinsung von 25,07 Prozent respektive 2,26 Prozent pro Jahr ergeben.
Dies ordnet PPCMetrics durchaus positiv ein: Trotz wechselvoller Entwicklung an den Finanzmärkten hätten Schweizer Pensionskassen gute Renditen erzielt und «einen substanziellen Teil der Anlageerfolge» an die aktiven Versicherten weitergegeben. Bewegt worden seien die Finanzmärkte indes vom Tiefzinsumfeld, von der Corona-Pandemie, von geopolitischen Krisen und Rezessionsängsten.
Diese Einschätzung wird durch eine Rechnung gestützt. Sie vergleicht den Durchschnitt der Pensionskassen mit Vorsorgeeinrichtungen, die lediglich den Mindestzins gegeben haben. Dabei steht die durchschnittliche kumulierte Verzinsung von 25,07 Prozent über zehn Jahre einer Mindestverzinsung von insgesamt 12,11 Prozent in einer Dekade gegenüber.
«Schweizer Vorsorgeeinrichtungen verzinsten das Sparkapital der aktiven Versicherten kumuliert somit mehr als doppelt so hoch, als es mit dem BVG-Mindestzinssatz der Fall gewesen wäre», folgern die Autoren des Penionskassen-Jahrbuchs von PPCmetrics.
In absoluten Werten ergeben sich Differenzen von mehreren 10'000 Franken bei einem Kapital von einigen hunderttausend Franken, wie die folgende Tabelle zeigt.
Kapital Anfang 2014 | Kapital nach zehn Jahren mit durchschnittlicher Verzinsung | Kapital nach zehn Jahren mit Mindestverzinsung | Differenz |
200'000 | 250'140 | 224'220 | 25'920 |
300'000 | 375'210 | 336'330 | 38'880 |
400'000 | 500'280 | 448'440 | 51840 |
500'000 | 625'350 | 560'550 | 64'800 |
600'000 | 750'420 | 672'660 | 77'760 |
700'000 | 875'490 | 784'770 | 90'720 |
Berechnungen in Franken aufgrund «Penionskassen-Jahrbuch» des Beratungsunternehmens PPCmetrics.
Eine kumulierte Verzinsung von 25,07 Prozent entspricht laut PPCmetrics einer Verzinsung pro Jahr von 2,26 Prozent; die kumulierte Mindestverzinsung von 12,11 Prozent bedeutet eine Verzinsung pro Jahr von 1,15 Prozent.
Man kann also beispielsweise folgern: Bei einem Kapital von 500'000 Franken per Anfang 2014 drückt sich die Zinsdifferenz von 1,11 Prozent in einem Betrag von 64'800 Franken nach zehn Jahren aus. So gesehen spielt es eine Rolle, ob eine Pensionskasse eine - scheinbar - geringfügig höhere oder tiefere Verzinsung zugunsten der Versicherten wählt. Denn die letztlich ausbezahlte Rente hängt auch davon ab, wie stark das Alterskapital über die Jahre und Jahrzehnte gewachsen ist.
Allerdings ist nicht anzunehmen, dass eine Kasse stets mit dem gleich hohen Prozentsatz arbeitet. Beispiele zeigen, wie sehr die Verzinsung schwanken kann. Die Sammelstiftung Profond legte die Verzinsung für das Jahr 2021 bei acht Prozent fest und hat sie in den beiden Folgejahren auf 2,2 respektive 2,5 Prozent angepasst. Die Schindler Pensionskasse verzinste die Altersguthaben im Jahr 2023 mit 5,5 Prozent, im Jahr 2022 mit einem Prozent und Jahr 2021 mit acht Prozent. In den sechs Jahren zuvor schwanken die Sätze zwischen 1,00 und 2,50 Prozent. Die Migros Pensionskasse strebt langfristig eine Verzinsung von 2,00 Prozent an. Gegenwärtig fährt sie mit 3,75 Prozent einen deutlich höheren Satz.
Anpassungen der Verzinsung sind also von Jahr zu Jahr möglich. Sie hängen mit der finanziellen Lage der Vorsorgeeinrichtung zusammen. Erzielt sie hohe Anlagerenditen und verfügt sich über eine hohen Deckungsgrad, stehen die Chancen auf eine bessere Verzinsung entsprechend besser. Tiefe Erträge und ein geringer Deckungsgrad verringern hingegen die Aussicht auf eine attraktive Verzinsung. Weiter mitentscheidend ist das Verhältnis von Aktivversicherten zu Rentnern. Je ungünstiger es ist, desto weniger Spielraum hat die Kasse.
Kritik ernten die Vorsorgeeinrichtungen von den Gewerkschaften. Sie sagen, die finanzielle Lage der Pensionskassen hätte sich wegen der Zinswende verbessert. Dennoch würden sie die höheren Zinsen nicht an die Versicherten weitergeben. Diese Sicht wird durch eine Angabe im Pensionskassen-Jahrbuch angekratzt. Darin heisst es, die Spanne zwischen höchster und tiefster Verzinsung habe zugenommen, von 0,00 bis 7,00 Prozent im Jahr 2022 auf 0,25 bis 9,00 Prozent im Jahr 2023.