In den Tagen vor der Halbjahresergebnisveröffentlichung wurde die Aktie von Zur Rose regelrecht in die Knie gezwungen. Alleine seit Freitag errechnet sich ein sattes Minus von fast 10 Prozent. Seit Jahresbeginn hat die Versandapotheke mehr als 75 Prozent ihres Börsenwerts eingebüsst. Damit ist sie am Schweizer Aktienmarkt eines der diesjährigen Schlusslichter.
Versandapotheke sieht keinen unmittelbaren Kapitalbedarf
Neben der Angst vor einer Kapitalerhöhung machten auch Spekulationen wegen einer Reduktion der diesjährigen Ziele sowie des mittelfristigen Margenziels für die Kurserosion die Runde (cash berichtete). Diese Ängste erweisen sich nun als unbegründet.
Zur Rose rechnet für 2022 auch weiterhin mit einem operativen Verlust (EBITDA) zwischen 75 und 95 Millionen Franken. Zudem will das Unternehmen auf Stufe EBITDA schon 2023 die Gewinnschwelle erreichen. Das mittelfristige Ziel einer EBITDA-Marge von 8 Prozent wird bestätigt. Das Unternehmen sieht aus dem operativen Geschäft keinen zusätzlichen Kapitalbedarf erwachsen. Auch diese Aussage dürfte die erhitzten Gemüter etwas beruhigen.
Die Halbjahreszahlen rücken hingegen in den Hintergrund, bewegen sich diese doch mehr oder weniger im Rahmen der Erwartungen. Während der Umsatz mit 964 Millionen Franken etwas unter den von Analysten geschätzten 979 Millionen Franken liegt, fällt der operative Verlust (EBITDA) mit 49 Millionen Franken doch tiefer als befürchtet aus. Analysten waren von einem Fehlbetrag in Höhe von 55 Millionen Franken ausgegangen.
Viele Analysten bleiben vorsichtig
Dennoch gewinnt die UBS dem Halbjahresergebnis vorwiegend negative Aspekte ab. Für die Grossbank steht dabei einerseits der tiefer als erwartet ausgefallene Umsatz, andererseits aber auch das gesenkte Umsatzziel für das laufende Jahr im Vordergrund. Die UBS stuft die Aktie deshalb wie bis anhin mit "Sell" und einem 12-Monats-Kursziel von 56 Franken ein.
Wie die Basler Kantonalbank schreibt, dürfte die Meldung, dass man vorerst keinen zusätzlichen Kapitalbedarf hat, bei vielen Investoren nicht nur für Erleichterung, sondern auch gleich für Euphorieschübe sorgen. Dies umso mehr, als dass die Gewinnschwelle auf Stufe EBITDA bereits ein Jahr früher als ursprünglich geplant erreicht werden soll. Der zuständige Analyst bleibt jedoch skeptisch und verweist auf die Unwegbarkeiten bei der Einführung elektronischer Medikamenten-Rezepte in Deutschland. Er bleibt bei seiner "Untergewichten" lautenden Verkaufsempfehlung und hält am Kursziel von 55 Franken fest.
Versöhnlichere Töne schlägt die Zürcher Kantonalbank an. Sie erachtet das baldige Erreichen der EBITDA-Gewinnschwelle als positiv. Angesichts der Unsicherheiten rund um die Einführung elektronsicher Medikamentenrezepte in Deutschland hält die Bank die Wahrscheinlichkeit einer Kapitalerhöhung jedoch weiterhin für gegeben. Sie stuft die Aktie daher weiterhin mit "Marktgewichten" ein.
Auffällige Veränderungen im Aktionariat
Die "Beruhigungs-Pille" scheint ihre Wirkung allerdings nicht zu verfehlen. Nach einem frühen Vorstoss auf etwas mehr als 63 Franken gewinnt die Zur-Rose-Aktie zur Stunde noch 7 Prozent auf 59 Franken. Beobachtern zufolge haben erste Leerverkäufer damit begonnen, ihre Wetten gegen die Versandapotheke zu schliessen. Der Mist sei geführt, wie es weiter heisst.
Für Gesprächsstoff sorgen in Händlerkreisen auch die der SIX Swiss Exchange gemeldeten Veränderungen im Aktionariat. So haben sich die beiden Grossaktionäre Patrick Bierbaum und Patrick Schmitz-Morkramer im Vorfeld der Ergebnisveröffentlichung von Titeln getrennt und ihren Stimmenanteil erstmals seit April 2021 wieder auf unter 3 Prozent reduziert. Im Gegenzug ist der US-Vermögensverwalter Sands Capital mit 3,5 Prozent beim Unternehmen eingestiegen.