"Anders als Aktien und Anleihen generieren Währungen keinen Cash Flow wie Zinszahlungen oder Dividenden, die den Preis erklären können", schreibt Davis in einem Blog-Eintrag, den er am Montag veröffentlicht hat. Genau genommen sind laut Davis‘ Urteil Zahlungsmittel wie Bitcoin, Ethereum oder Ripple, um die grössten zu nennen, nicht einmal richtige Währungen.
Mit "Kryptos" liessen sich zwar sowohl der Wert von Gütern und Dienstleistungen messen – auch seien sie grundsätzlich als Zahlungsmittel einsetzbar. Von traditionellen Währungen unterschieden sich die Kryptowährungen aber dadurch, dass sie nicht verlässlich als Wertanlage dienen könnten, schreibt Davis. Grund dafür: Die extreme Volatilität und der spekulative Hype bei diesen Konstrukten. Genauso besteht laut Davis bei Kryptos - im Gegensatz zu nationalen Währungen oder Währungsräumen - keine zugrundeliegende volkswirtschaftliche Leistung.
Kryptos vs Zentralbanken
Das ungnädige Urteil des Vanguard-Ökonomen, der im Finanzimperium auch als hochrangigerer Anlagestratege fungiert, geht aber noch weiter: Bei der mit Abstand am grössten kapitalisierten Kryptowährung der Welt Bitcoin bestehe eine "ansehnliche Wahrscheinlichkeit", dass der Wert gegen null sinke. Im Vergleich zum absolten "Peak" des Bitcoin-Hypes am 18. Dezember vergangenen Jahres steht Bitcoin heute um 57 Prozent tiefer. Während ein Bitcoin damals über 19'000 Dollar wert war, beträgt der Kurs akutell 8250 Dollar. Auf diesem Niveau hat er sich in den letzten Monaten immerhin etwas stabilisiert.
‘Decent Probability’ Bitcoin Price Goes to Zero: Vanguard Economist https://t.co/CLjN3fSCu2 pic.twitter.com/YBFYwtS5WQ
— BitCoin Cryptocurrency (@BitCryptoPrice) May 22, 2018
Die grösste Gefahr für Kryptowährungen kommt laut Davis ausgerechnet von den Zentralbanken - also jenen Institutionen, welche Bitcoin & Co. umgehen oder gar ersetzen wollen. Zentralbanken selbst würden mit der Zeit Kryptowährungen herausgeben und als legale Zahlungsmittel etablieren wollen. "Wenn die Wahl besteht zwischen Bitcoin und einem Blockchain-basierten Dollar, was würden Sie wohl eher in ihr digitales Portemonnaie legen?", fragt Davis seine Leser rhetorisch.
Debatte geht weiter
Wer heute in Kryptowährungen investiere, zweige nur Mittel ab, die man in bewährte und "echte" Anlageklassen wie Aktien, Anleihen oder Cash stecken könnte, so Davis. Vanguard vertreibt Anleihenfonds und Exchange Traded Funds (ETF) und ist nach Blackrock der zweitgrösste Vermögensverwalter der Welt. Das amerikanische Unternehmen, dem Investoren über 5 Billionen Dollar anvertraut haben, hat sich schon mehrfach kritisch über Kryptwährungen geäussert. Anfang Jahr sagte CEO Tim Buckley zum Sender CNBC, Vanguard werde "niemals" einen Bitcoin-ETF auflegen.
Aufgeschlossener zeigt sich Vanguard gegenüber der Blockchain-Technologie, auf welcher der Finanzkonzern auch schon einige Projekte laufen lässt. In seiner Analyse warnt Chefökonom Davis aber davor, Bitcoin & Co. als Investment in die Blockchain zu betrachen. Das sei es so wenig, wie seinerzeit eine Dotcom-Firma ein Investment in das Internet dargestellt habe.
Die Kryptowährungs-Debatte befeuert hat kürzlich auch Warren Buffett. Der Anleger-Guru sagte, Bitcoin sei "Rattengift hoch zwei". Solche Äusserungen schrecken die wahren "Techies" aber nicht ab. Der Schweizer Startup-Unternehmer Gian-Carlo Collenberg, der mit dem Blockchain-Unternehmen Swiss Alps Energy & Mining in Kürze ein auf Bitcoin basierendes ICO (Initial Coin Offering) wagt, sagte vor ein paar Tagen zu Medienvertretern über das Verdikt des berühmten Grossinvestoren: "Warren Buffett hat Grossartiges geleistet. Dass er in seinem Alter den Schwenk zu den Kryptowährungen nicht mehr mitmacht, ist verständlich."