Das Präsidialamt, das Verteidigungs- und das Aussenministerium hätten ihre Appelle zur Zurückhaltung in Gesprächen mit Israel verstärkt, sagten zwei mit den Diskussionen vertraute Personen. Ein vordringliches Ziel der USA sei, mehr Zeit für die Verhandlungen über die Freilassung von Geiseln zu gewinnen. «Im Moment gibt es keinen klaren Fahrplan oder eine klare Reihenfolge der Schritte hin zu einer vollständigen Deeskalation», sagte einer der Insider. «Die Priorität liegt darin, Schritt für Schritt daran zu arbeiten, die Geiseln freizubekommen.»

Seit dem Überraschungsangriff der Hamas Anfang Oktober stehen die USA demonstrativ an der Seite Israels. Die Islamisten töteten etwa 1400 Menschen und verschleppten mehr als 200. US-Präsident Joe Biden hat beim Kongress um Milliardenhilfen für den Gaza-Krieg gebeten. Das US-Militär schickte zwei Flugzeugträger-Verbünde in Richtung Israel mit dem erklärten Ziel, andere Staaten und Gruppen von einem Eintritt in den Konflikt abzuhalten. In der Öffentlichkeit betont Bidens Regierung, dass Israel ein Recht auf Selbstverteidigung habe und selbst über den Zeitplan für eine Invasion entscheide.

Den Insidern zufolge würde eine Verschiebung der Invasion aber Zeit für die Lieferung humanitärer Hilfe in den Gazastreifen bringen. Zudem habe US-Verteidigungsminister Lloyd Austin in mehreren Telefonaten mit seinem israelischen Kollegen die Notwendigkeit unterstrichen, sich auf die Folgen einer Bodenoffensive vorzubereiten, wie aus US-Militärkreisen verlautete. Dazu gehöre die Gefahr eines grösseren regionalen Konfliktes. Dies könnte die US-Stützpunkte und -Interessen in der Region betreffen. Eine Verschiebung der Bodenoffensive gibt den USA mehr Zeit, sich auf ein solches Szenario vorzubereiten.

Israels stellvertretender Botschafter in Washington, Eliav Benjamin, spielte am Montag im israelischen Armee-Radio den Einfluss der USA auf die Planung für eine Offensive herunter. «Wir werden tun, was wir tun müssen, wenn wir es tun müssen», sagte er. Israel hat in der Öffentlichkeit signalisiert, dass ein Einmarsch in den Gazastreifen bevorsteht. Niemand hat jedoch ein festes Datum angegeben oder spricht von einer Verschiebung. Seit Sonntag hat Israel offenbar die Taktik geändert und schickt Infanterie und Panzer auf Sondierungseinsätzen in den Gazastreifen. Dies führte zu Kämpfen mit der Hamas. Zudem fliegt die Luftwaffe Angriffe auf Gebiete, wo die Islamisten nach israelischer Darstellung ihre Kämpfer für einen Hinterhalt bei einer Invasion versammeln.

(Reuters)