“Die fiskalische Rücksichtslosigkeit des letzten Jahrzehnts ist wie ein Horrorfilm”, sagte der Hedgefonds-Investor und langjährige Gegner von Defizitwirtschaft, Stanley Druckenmiller, Anfang Woche in einer Rede an der University of Southern California Marshall School of Business.

In einer nachfolgenden E-Mail an die Nachrichtenagentur Bloomberg drückte der 69-jährige anschliessend seine Hoffnung aus, dass die US-Regierung nicht zahlungsunfähig werde. "Aber ehrlich gesagt ist diese ganze Konzentration auf die Schuldenobergrenze anstelle des zukünftigen Schuldenproblems so, als ob man am Strand von Santa Monica in Kalifornien sitzt und sich Sorgen darüber macht, ob eine ein Meter hohe Welle den Pier beschädigen wird und man auf der anderen Seite weiss, dass ein 6 Meter hoherTsunami nur noch 10 Kilometer entfernt ist.”

US-Finanzministerin Janet Yellen warnte diese Woche vor einem möglichen Zahlungsausfall der Regierung. Die Schuldenobergrenze könnte bereits am 1. Juni erreicht sein, so Yellen. Für eine Anhebung der Schuldenobergrenze brauchen die regierenden Demokraten den Support der republikanischen Opposition, die sich aber dagegen wehrt. Wird die Schuldenobergrenze nicht erhöht, könnte es zu einem noch nie erlebten Zahlungsausfall der USA kommen. Die Folgen für die Weltwirtschaft wären nicht absehbar.

Druckenmiller, der an der Börse Milliarden verdiente, hatte Studentinnen und Studenten schon vor einem Jahrzehnt aufgefordert, auf die ausufernden Staatsdefizite zu achten, die seiner Meinung künftige Generationen in den Ruin zu treiben drohen. Damals sagte er, dass ein durch rücksichtslose Ausgaben ausgelöstes Wirtschaftsdebakel die Probleme von 2008 in den Schatten stellen könnten.

Die heutige Situation “sieht viel schlimmer aus, als ich sie mir vor zehn Jahren vorgestellt habe”, sagte der milliardenschwere Investor gegenüber den Studierenden. Das grosse Problem seien das Thema Sozialversicherung, Medicare und Medicaid, die ohne Kürzungen in der Zukunft gestrichen werden müssten, so Druckenmiller. In seiner Rede äusserte er sich besorgt über die Pläne der Regierung Biden zur Bewältigung der potenziellen Finanzierungslücken und auch über die mangelnde fiskalpolitische Zurückhaltung der republikanischen Partei.

Gefahr droht noch von anderer Seite

Nach Schätzungen des Congressional Budget Office würden die Ausgaben für Senioren einschliesslich der Zinsausgaben bis 2040 etwa 100 Prozent der Steuereinnahmen des Bundes erreichen, so Druckenmiller. Die derzeitige US-Schuldenlast von 31 Billionen Dollar lasse zudem die künftigen Ansprüche unberücksichtigt. Wenn man den Gegenwartswert dieser Bürde berücksichtigt, liege die Schuldenlast eher bei 200 Billionen Dollar, so Druckenmiller.

Die Höhe der Schulden ist allerdings nur ein Teil des Problems. Das zweite Problem ist die Finanzierungsstruktur der Verbindlichkeiten. Die amerikanische Finanzbehörde Treasury ist in den letzten Jahren dazu übergegangen, die bestehenden Schulden mit immer kürzer laufenden Anleihen zu refinanzieren. Das bedeutet, dass mittlerweile der Grossteil der US-Schulden eine sehr kurze Laufzeit haben (siehe nachfolgende Grafik).

Der Grossteil der amerikanischen Treasury Bonds werden in den nächsten fünf Jahren fällig (The Sober Look).

Der Grossteil der amerikanischen Treasury Bonds werden in den nächsten fünf Jahren fällig (Quelle: The Sober Look).

Quelle: ZVG

Mit den Leitzinserhöhungen der amerikanischen Notenbank Fed auf einen Satz über 5 Prozent sind die Kosten für den Schuldendienst massiv in die Höhe gestiegen, weil die kurzfristigen Zinsen im Vergleich zu den langfristigen Zinsen angestiegen sind.

Für das laufende Jahr wird erwartet, dass die USA erstmals mehr 1,1 Billionen Dollar Zinszahlungen leisten müssen. Der Schuldendienst übertrifft damit gemäss Angaben von Statista das Verteidigungsbudget von 877 Milliarden Dollar deutlich. 

(cash mit Material von Bloomberg)