Auf der Hauptversammlung am 25. April werde die Zustimmung zu einer Eigenkapitalermächtigung von 35 Prozent angestrebt, schreibt der Aufsichtsratsvorsitzende Norbert Winkeljohann in einem am Freitag veröffentlichten Brief an die Anteilseigner. Dabei sollen die Aktionäre nicht vom Bezugsrecht ausgeschlossen werden. Der Kurs der Bayer-Aktie geriet am Freitag stark unter Druck.
Ermächtigungen sind nicht unüblich bei Unternehmen, doch in diesem Fall geht es schon um eine besonders hohe Summe. Grund sind die Rechtsstreitigkeiten des Konzerns wegen des Unkrautvernichters Glyphosat in den USA. «Während wir daran arbeiten, die Rechtsstreitigkeiten einzudämmen, befinden wir uns in einer Situation, in der wir unter Umständen schnell Kapital benötigen», schrieb Winkeljohann weiter. Die Erlöse würden ausschliesslich genutzt, um die Bilanz während der Beilegung der Rechtsstreitigkeiten widerstandsfähig zu halten. Übernahmen wolle Bayer damit nicht finanzieren.
Der Aufsichtsratschef betonte zudem, dass Bayer derzeit keine spezifischen Pläne verfolge, von der Ermächtigung Gebrauch zu machen. «Mit der Genehmigung könnten wir jedoch vermeiden, Schulden zu ungünstigen Konditionen aufnehmen zu müssen.»
Die hohen Schulden des Konzerns sind eine Folge der Übernahme des US-Agrarchemiekonzerns Monsanto im Jahr 2018 unter dem damaligen Bayer-Chef Werner Baumann. Mit der Akquisition hatte sich der Konzern die Rechtsstreitigkeiten rund um angebliche Krebsrisiken glyphosathaltiger Unkrautvernichter sowie angebliche Gesundheitsfolgen der seit Jahrzehnten verbotenen Chemikalie PCB ins Haus geholt. Vor allem das Thema Glyphosat hat schon Milliarden verschlungen.
Wie Bayer am Mittwoch im Zuge der Veröffentlichung von Geschäftszahlen für 2024 mitgeteilt hatte, wurden bis zum 31. Januar von insgesamt circa 181.000 angemeldeten Ansprüchen in der Causa Glyphosat rund 114.000 per Vergleich beigelegt, oder sie erfüllen aus verschiedenen Gründen nicht die Vergleichskriterien.
Bayer hofft weiterhin perspektivisch auf ein Grundsatzurteil des obersten US-Gerichts, des Supreme Courts, zum Thema Glyphosat. Hintergrund sind unterschiedliche Urteile untergeordneter Gerichte zur Frage, ob Bundesrecht zu Warnhinweisen beim Verkauf von Unkrautvernichtern über dem Recht von Bundesstaaten steht. Allerdings ist offen, wann und ob sich der Supreme Court der Sache annehmen wird.
Der seit Juni 2023 amtierende Bayer-Chef Bill Anderson hatte am Mittwoch erklärt, dass das Timing hier etwas ungewiss sei. Denn es gebe mehrere Fälle, die die Grundlage für den Gang zum Supreme Court bilden könnten - «und jeder dieser Fälle arbeitet sich durch die unteren Berufungsgerichte».
Der Manager geht davon aus, dass noch in diesem Jahr einer der Fälle beim obersten US-Gericht eingereicht wird. Ein Urteil könnte dann gegen Ende des laufenden oder in der ersten Hälfte des kommenden Jahres gefällt werden. Mehr Klarheit hinsichtlich des Timings stellt Anderson für die kommenden 90 bis 120 Tagen in Aussicht.
An der Börse kamen die Nachrichten nicht gut an. Die Bayer-Aktien fielen um rund acht Prozent. Ein Händler sah die Kursentwicklung gelassen: «Das ist ja nur ein Vorratsbeschluss und nur wenn 'absolut notwendig'. Also war vielleicht erstmal der Schreck um die hohe Summe das grösste Problem. Aber der Kurs sollte sich jetzt wieder beruhigen.»
(AWP/Reuters)
1 Kommentar
Auch wenn die Händler und Analysten in ihrem
Besserwisser-Wahn aufgrund ihres wenig ausgeprägten unternehmerischen Wissens aufschreien, muss ich selbst als Bayer-Aktionär der Bayer-Leitung ein grosses Kompliment machen. Sie streben auf sinnvolle Weise eine zukunftsträchtige Lösung der anstehenden sehr komplizierten/komplexen Probleme an!