Europas grösster Autobauer Volkswagen setzt künftig auf Technologie aus dem Silicon Valley, um seine Software zu verbessern: Die Wolfsburger holen sich nach langjährigen Problemen bei der Softwaretochter Cariad nun Hilfe von dem Elektroauto-Startup Rivian und investieren für ein gemeinsames Softwareunternehmen bis zu fünf Milliarden Dollar. Diese Nachricht wurde am Dienstagabend bekannt gegeben.

Im Rahmen der Vereinbarung wird Volkswagen zunächst 1 Milliarden Dollar in Form von Wandelanleihen in Rivian investieren und im Laufe der Zeit bis zu 4 Milliarden Dollar zusätzlich investieren  - 2 Milliarden Dollar in Rivian-Aktien und 2 Milliarden Dollar im Zusammenhang mit dem Joint Venture.

Rivian Automotive profitierte am Mittwoch von dieser Meldung mit einem Kurssprung von 23 Prozent. Dieser finanzielle Schub kommt genau zum richtigen Zeitpunkt, da das Unternehmen immer noch Verluste schreibt und derzeit mit einem rückläufigen Interesse an Elektroautos in den USA zu kämpfen hat. An der Börse steht trotz dem Aufbäumen am Mittwoch seit Jahresbeginn ein Kursminus von 37 Prozent zu buche.

Kursentwicklung von Rivian.

Rivian lieferte im vergangenen Quartal knapp 13'600 Elektroautos aus und erzielte dabei einen Umsatz von 1,2 Milliarden Dollar, verzeichnete jedoch einen Verlust von 1,45 Milliarden Dollar. Das Unternehmen ist in zwei beliebten Fahrzeugkategorien in den USA aktiv, nämlich grossen SUVs und Pickups. Darüber hinaus baut Rivian elektrische Lieferwagen für Amazon, die mittlerweile auch in Europa zu sehen sind. Der weltgrösste Online-Händler Amazon ist zudem ein Investor.

Expansion und höhere Bruttomargen dank VW-Investment möglich

Die US-Grossbank Bank of America bewertet diese Entwicklung positiv und bestätigte am Mittwoch das "Buy"-Rating und das Kursziel von 21 Dollar, was einem Aufwärtspotenzial von 75 Prozent entspricht. Der zuständige Analyst John Murphy ist damit deutlich optimistischer als viele seiner Kollegen. Obwohl eine Mehrheit der Analysten die Aktie zum Kauf empfiehlt, wird im Durchschnitt lediglich ein Anstieg von 6 Prozent erwartet, basierend auf Bloomberg-Daten.

Das Ziel des Joint Ventures zwischen Volkswagen und Rivian besteht darin, Architektur und Software für Elektrofahrzeuge gemeinsam zu nutzen und wird zu gleichen Teilen kontrolliert werden. "Diese Nachricht ist für Rivian sehr positiv, da die Vereinbarung dem Unternehmen Zugang zu Kapital verschafft, um nicht nur die Produktion des R2 in seinem Werk in Normal, Illinois, hochzufahren, sondern auch ein neues Werk in Georgia für seine Mittelklasse-Fahrzeugplattform zu errichten", argumentiert der Analyst von Bank of America.

Die Investitionen von VW in Rivian werden laut Bank of America wertvoll sein, da sie dem Unternehmen helfen, die erforderlichen Grössenordnungen zu erreichen, um einen positiven Cashflow zu generieren. Rivian könnte auch von erheblichen Kosteneinsparungen und betrieblicher Effizienz profitieren, was zu einer Verbesserung der Kostenposition und letztendlich zu höheren Bruttomargen führen würde. Darüber hinaus ergeben sich aus dem gemeinsamen Unternehmen potenzielle zukünftige Einnahmen.

ManuelBoeck
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