Die von Bloomberg zusammengestellten Daten zeigen, dass die Analysten für die S&P 500-Firmen im dritten Quartal einen Gewinnanstieg von 4,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr erwarten, während sie Mitte Juli noch von sieben Prozent ausgegangen waren. Die Prognosen der Unternehmen selbst deuten dagegen auf einen Anstieg von etwa 16 Prozent hin.
Gina Martin Adams, Chefanalystin für Aktien bei BIoomberg, bezeichnet die Diskrepanz als «ungewöhnlich gross», und die deutlich besseren Aussichten deuten darauf hin, dass «die Unternehmen die Erwartungen ohne Probleme übertreffen dürften».
«Die Margen dürften weiter steigen, da die Unternehmen den Fokus auf Effizienzsteigerungen inmitten der wirtschaftlichen Unsicherheit legen», schrieb sie in einer Notiz.
Das Momentum zugunsten positiver Gewinnrevisionen hat ebenfalls zugenommen. Das Bloomberg-Modell zeigt für die drei Monate bis September einen Wert von 0,14 an - seit Covid lag der Durchschnitt bei 0,03. Gleichzeitig deutete der Index für Gewinnrevisionen der Citigroup im September auf eine starke negative Dynamik hin. Er sank auf den niedrigsten Stand seit Dezember 2022.
Rekordjagd trotz niedriger Messlatte
Dennoch: Trotz Befürchtungen der Analysten erreichte der S&P 500 am Freitag ein weiteres Rekordhoch und ist in diesem Jahr bereits um 22 Prozent gestiegen - dies ist der beste Jahresverlauf bis Mitte Oktober seit 1997.
Das ist ein Hinweis darauf, dass sich die Anleger von den gesenkten Prognosen nicht abschrecken lassen und stattdessen darauf setzen, dass diese Berichtssaison erneut für positive Überraschungen sorgen wird. Dies war bereits im ersten Quartal 2024 der Fall, als die Erwartungen bei 3,8 Prozent Wachstum lagen und sich das effektive Wachstum bei 7,9 Prozent einpendelte.
Der Berichtszeitraum begann denn auch mit einer positiven Nachricht. JPMorgan räumte die tiefe Messlatte aus dem Weg, nachdem das Unternehmen für das dritte Quartal einen überraschenden Anstieg des Nettozinsertrags gemeldet und seine Prognose für die wichtigste Einnahmequelle angehoben hatte.
Die Aktie stieg am Freitag nachbörslich um etwa 4,5 Prozent. Auch Wells Fargo legte um knapp sechs Prozent zu, nachdem die US-Grossbank Befürchtungen über die Auswirkungen der sinkenden Zinssätze mit ihren Ergebnissen zerstreuen konnte.
«Mehrere Grossbanken hatten Mitte September im Vorfeld der Gewinnsaison ihr Risiko reduziert», schrieben die Strategen von Morgan Stanley in einer Mitteilung. «Dies förderte eine tiefe Erwartungshaltung zu Beginn des Quartals. Die ersten Ergebnisse der Berichtssaison deuten darauf hin, dass die Banken diese Messlatte überwinden».
Nicht alle Aktien profitieren von einem günstigen Umfeld
Allerdings gab es auch einige Warnzeichen. Anfang dieses Monats hat Nike die Erwartungen der Wall Street vor dem Amtsantritt des neuen CEO Elliott Hill zurückgesetzt und seine Umsatzprognose für das Gesamtjahr zurückgezogen. Und Ende September stürzten die Valoren von FedEx als Folge einer Gewinnwarnung.
«Das Hauptaugenmerk liegt auf den Aussichten der Unternehmen auf der anderen Seite der Kurve, jetzt, da ein Entspannungszyklus begonnen hat», schrieben die Strategen der Bank of America in einer Notiz - und senkten gleichzeitig ihre Gewinn-Prognosen für den S&P 500 für 2024 von 250 auf 243 Dollar die Aktie.
«Die Messlatte liegt nicht hoch. Sobald die Unternehmen den makroökonomischen Gegenwind überstanden haben und erste Anzeichen einer Verbesserung durch niedrigere Zinssätze erkennbar sind, sollten Aktien davon ziehen.»
Die «Magnificent Seven» sollten noch nicht abgeschrieben werden
Das Augenmerk der Anleger wird sich schliesslich auf die «Magnificent Seven» richten - eine Gruppe von performancestarken, bedeutenden Unternehmen, die auch die Rallye am US-Aktienmark in diesem Jahr bis vor kurzem dominiert haben. Der Konsens erwartet, dass ihre Gewinne im Vergleich zum Vorjahr um etwa 18 Prozent steigen werden. Das bedeutet eine Verlangsamung gegenüber dem im zweiten Quartal verzeichneten Wachstum von 36 Prozent.
«Der fundamentale Grund für die Underperformance der ‹Magnificent Seven› könnte einfach die Verlangsamung des EPS-Wachstums gegenüber dem sehr starken Tempo des letzten Jahres sein», so die Analysten von Morgan Stanley.
«Wenn die Gewinnrevisionen eine relative Stärke für die ‹Magnificent Seven› zeigen, werden diese Aktien wahrscheinlich wieder besser abschneiden und die Marktbreite könnte sich erneut verringern - so wie es im zweiten Quartal und im gesamten Jahr 2023 der Fall war.»
(Bloomberg)