Am Tag nach dem Attentatsversuch auf Donald Trump im vergangenen Sommer erhielt der zukünftige US-Präsident einen Anruf von einer vertrauten Stimme. Wie das «Wall Street Journal» berichtet, war es Bernard Arnault, der Chef und Eigentümer des Luxusgüterprimus LVMH. Arnault wollte nach dem Mann sehen, den er seit Jahrzehnten kannte. Zudem wollte er ein klares Signal senden: Er steht Trump in guten wie in schlechten Zeiten zur Seite.

Die Verbindungen zwischen den beiden Familien sind vielfältig und reichen viele Jahre zurück. Trump und Arnault lernten sich in jungen Jahren kennen, als sie noch beide aufstrebende Immobilienentwickler in New York waren. Nun ist Alexandre Arnault, der zweitälteste Sohn, mit Trumps Schwiegersohn Jared Kushner befreundet. Und Ivanka Trump ist eine Freundin von Arnaults Tochter Delphine. Weiter bestehen diverse unternehmerische Verbindungen zwischen den Familien. Beispielsweise ist der LVMH-Konzern in den Räumlichkeiten der Trump Organization in Manhattan eingemietet.

Mit der zweiten Amtsdauer von Donald Trump stellt sich die Frage, ob Arnault seine Verbindungen erneut nutzen kann, um LVMH aus dem möglichen Handelskrieg herauszuhalten – so wie es ihm bereits 2019 gelungen ist. 

Europäische Produktion, internationale Kundschaft

Arnault hat LVMH zu einem der wertvollsten Konzerne Europas aufgebaut. Dabei setzte er auf europäische Handwerkskunst. Konsumenten zahlen stolze Preise für Produkte, die grösstenteils in Europa mit französischem «Savoir-faire» gefertigt werden. Zölle hätten einen einschneidenden Effekt für den Luxusgüterkonzern. 

Besonders im Vergleich zwischen Produktionsstätten und umsatzstärksten Märkten wird das geopolitische Risiko für den Konzern deutlich. Die USA und China sind die zwei grössten Einzelmärkte des Konzerns, wobei Europa, Asien (ohne Japan) und die USA in etwa vergleichbare Umsätze erwirtschaften. 

Der Umsatzrückgang in Asien - China wird nicht speziell ausgewiesen - betrug letztes Jahr rund 13 Prozent, wobei Analysten von einem stärkeren Rückgang im Reich der Mitte ausgehen. Europa, Japan und der Rest der Welt vermochten diese Einbussen nicht zu kompensieren. LVMH hofft deshalb, dass ein Nachfrageschub aus den USA in den kommenden Jahren diese Lücke schliesst. 

In den USA betreibt LVMH derzeit jedoch lediglich 14 Fabriken. Zum Vergleich: In Frankreich verfügt der Luxusgüterkonzern über 120 und in Italien knapp 30 Produktionsstätten. Etwa 20 Prozent der Belegschaft des Unternehmens sind in Frankreich tätig. 

Diesem Risiko ist sich Arnault bewusst und reagiert: «Es ist offensichtlich, dass die US-Behörden uns nachdrücklich ermutigen, unsere Präsenz dort weiter auszubauen», so Arnault bei der Veröffentlichung der Jahresergebnisse 2024 Ende Januar. «Und ich muss sagen, dass wir angesichts des aktuellen Umfelds diese Möglichkeit ernsthaft in Betracht ziehen.» Laut einem Unternehmenssprecher prüft LVMH derzeit, zwei weitere Produktionsstätten in den USA in den kommenden zwei Jahren zu eröffnen.

Treue wird belohnt

Bereits während Trumps erster Amtszeit verlagerte Arnault einen Teil der Produktion von Handtaschen in die USA und bewarb diesen Schritt öffentlich mit Trump. Dies verhalf der Luxusindustrie, Zölle zu vermeiden, die andere europäische Branchen trafen.

Im Jahr 2019 verhängte die Trump-Regierung Importsteuern auf europäische Waren im Wert von 7,5 Milliarden Dollar. Als Begründung wurden die EU-Subventionen an Airbus genannt. Betroffen waren unter anderem Flugzeuge, Käse und Alkohol wie Wein und Whisky. Luxusgüter wie Champagner und Handtaschen blieben jedoch verschont. Dies verwunderte einige Beobachter damals.

Am Tag vor Inkrafttreten der Zölle bestiegen Arnault und Alexandre die Air Force One mit Trump und flogen nach Texas. Dort weihten sie eine neue Louis-Vuitton-Produktionsstätte ein. Der Luxusgüterkonzern hatte 50 Millionen Dollar investiert und plante, innerhalb von fünf Jahren 1’000 Mitarbeiter einzustellen.

Als ein französischer Reporter laut «Wall Street Journal» Trump fragte, warum er Wein und Käse mit Zöllen belegt, aber Champagner und Lederwaren verschont habe, antwortete Trump, er habe die Angelegenheit mit Arnault besprochen. «Ich kann ihn nicht besteuern, weil er in die Vereinigten Staaten umgezogen ist. Er war sehr klug. Er war uns voraus». 

Vielleicht schafft es Arnault erneut, LVMH von Strafzöllen zu befreien. Dies wäre ein positiver Katalysator für die Aktien. 

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