Die Verschärfung der Kapitalanforderungen für Grossbanken in der Schweiz könnte nach Ansicht von UBS-Verwaltungsratschef Colm Kelleher dem Finanzplatz schaden. «Zu hohe Kapitalanforderungen ersticken die Wettbewerbsfähigkeit», sagte Kelleher dem «SonntagsBlick» in einem Interview. «Es zeichnet sich ab, dass die Schweiz das bereits weltweit strengste Regime vor allen anderen Ländern weiter verschärfen wird.»

Die Schweizer Regierung hatte Anfang April einen mehr als 300 Seiten umfassenden Bericht zum sogenannten «Too Big To Fail»-Regelwerk (TBTF) mit 22 Massnahmen veröffentlicht, die den Schweizer Finanzplatz und insbesondere die UBS krisenfester machen sollen. Als Teil der Massnahmen sieht die Regierung dickere Kapitalpuffer vor. Sie legte aber keine Zahlen offen. Nach öffentlicher Kritik nannte für Finanzen zuständige Bundesrätin Karin Keller-Sutter allerdings Schätzungen zutreffend, wonach die UBS weitere 15 bis 25 Milliarden Dollar an Kapital benötigen dürfte.

Kelleher wollte sich in dem Interview nicht zu Zahlen äussern. «Der Too-big-to-Fail-Bericht enthält 22 Empfehlungen. Ich stimme mit den meisten überein», sagte er. «Womit ich aber wirklich ein grosses Problem habe, ist die Erhöhung der Kapitalanforderungen. Das macht einfach keinen Sinn. Das ist nicht mehr als eine Beruhigungspille für das Volk», fügte der UBS-Verwaltungsratspräsident hinzu. «Wir sollten uns auf wichtigere Themen fokussieren, wie das Liquiditätsmanagement und vor allem die volle Abwicklungsfähigkeit einer Bank.»

Kelleher rechtfertigt Ermottis Lohn 

Weiter hat der UBS-Präsident die Löhne im Bankwesen verteidigt. «Wenn man nicht zahlt, bekommt man nicht die Leute, die man braucht», sagte er. Es brauche Spezialisten, die das Bankwesen verstünden. «Es wird, vielleicht zu Unrecht, sehr viel bezahlt», sagte Kelleher. Auch Sergio Ermotti hätte nicht UBS-Chef werden müssen, sagte er. Ermotti habe eine gute Position als Verwaltungsratspräsident des Rückversicherers Swiss Re gehabt. «Jetzt arbeitet er sieben Tage die Woche rund um die Uhr, damit aus dieser völlig desaströsen Situation, wie wir sie im März 2023 vorgefunden haben, etwas Gutes entsteht.»

Im Rückblick habe Kelleher unterschätzt, welche Reaktion die Vergütung des UBS-Chefs auslösen würde. Absolut gesehen versteht er die Kritik. «Relativ gesehen, haben wir Sergio Ermotti nur zehn Prozent mehr bezahlt als seinem Vorgänger, obwohl er eine viel schwierigere Aufgabe übernahm», sagte der UBS-Präsident. Rhetorisch fragt er: «Wäre es Sergio gegenüber fair gewesen, wenn wir ihm das Gleiche bezahlt hätten?» Er glaube nicht.

(AWP/Reuters)