Martin Pfisters Konkurrent, der St. Galler Nationalrat Markus Ritter, erhielt 110 Stimmen. Das absolute Mehr betrug 123 Stimmen. Seine Wahl darf deshalb als Überraschung gewertet werden.
Erst in letzter Minute hatte der 61-jährige Martin Pfister seinen Hut in den Ring geworfen und sich für eine Kandidatur als Bundesrat entschieden. Während im Bundesparlament jeder Gerhard Pfister aus Zug kennt, gilt sein Namensvetter aus Baar als «grosser Unbekannter». So stellte sich Martin Pfister auch vor, als er sich den Medienschaffenden erstmals als Kandidat präsentierte.
Pfister ist verheiratet, hat vier erwachsene Kinder und vier Enkelkinder. Er studierte Germanistik und Geschichte, war Lehrer und arbeitete für Verbände. Als seine Hobbys listet er Wandern, Joggen, Kultur und Lesen auf seiner Website auf.
Letzteres scheint ihm besonders wichtig zu sein. Zur Arbeitsbelastung von Bundesräten sagte er, es sei wichtig, sich Zeit für anderes zu nehmen. «Auch ein Bundesrat muss noch ein Buch lesen können», so Pfister, der «Wassermusik» von T. C. Boyle als sein Lieblingsbuch bezeichnet.
Es ist lange her, seit letztmals eine Kandidatin oder ein Kandidat ohne parlamentarisches Mandat in die Landesregierung einzogen ist. Vor Pfister schaffte das zuletzt 2008 Eveline Widmer-Schlumpf. Pfister fehlt die Vernetzung in der Bundespolitik. Offensichtlich ist es ihm gelungen, in kurzer Zeit eine Mehrheit der Parlamentsmitgliedern von sich zu überzeugen.
Alt-Ständerat Bieri brachte ihn in die Partei
«Er kann das», sagt Alt-Mitte-Ständerat Peter Bieri, der für Zug von 1995 bis 2015 in der kleinen Kammer politisierte. Er lernte Pfister als Landwirtschaftslehrer kennen, als dieser den Schülern die Schlacht am Gubel näherbrachte. Bieri fragte Pfister daraufhin, ob er Interesse habe, der Partei beizutreten.
Bald war Pfister Parteimitglied, führte sie als Präsident und wurde 2006 Kantonsrat. 2010 war er Fraktionschef. Sechs Jahre später rückte er für den in den Ständerat einziehenden Peter Hegglin in die Zuger Regierung nach und übernahm das Gesundheitsdepartement. Das bekleidet er bis heute. 2018 und 2022 erzielte Pfister bei den Regierungsratswahlen das beste Ergebnis der fünf Regierungsräte.
Seriös, aber kein Visionär
Im Kantonsparlament wird Pfister von Luzian Franzini von den Alternativen-die Grünen (ALG) als «sehr dossiersicher» beschrieben. Er sei «ein Schaffer», der wisse, wovon er rede. Der Linke traut ihm das Bundesratsamt zu. Philip C. Brunner (SVP) sieht Pfister als einen «seriösen Arbeiter». Was er anpacke, habe Hand und Fuss. Er könne gut zuhören und auch parteiübergreifend Lösungen erarbeiten.
Barbara Gysel (SP) bescheinigt ihm «einen offenen Geist». Er politisiere «bürgerlich», sei aber «kein rechter Hardliner», weil er «politisch und privat für Vielfalt einsteht». Während der Corona-Pandemie habe er es als Gesundheitsdirektor hinbekommen, «Vertrauen zu schaffen» in einer Zeit der verstärkten Polarisierung.
Kritik erntet Pfisters Finanzpolitik. «Pfister hat den Zuger Tiefsteuerkurs mit der Verdrängung des Mittelstandes immer mitgetragen», sagt Franzini. Zudem sei der Bundesratskandidat «kein Visionär» und politisiere «eher am rechten Rand der Zuger Mitte». Barbara Gysel bemängelt, Pfister dürfte ruhig «mutiger sein» und «pointierter» auftreten.
Als seinen grössten politischen Erfolg betrachtet Pfister den gesundheitspolitischen Spagat, der dem Kanton Zug gelungen sei. «Wir haben eine sehr gute Gesundheitsversorgung bei vergleichsweise tiefen Krankenkassenprämien», sagt er auf Anfrage. Der Bundesratskandidat blieb bisher von grösseren Niederlagen verschont. «Es gibt natürlich Geschäfte, die ich im Regierungsrat nicht durchbringe. Aber diese finden den Weg an die Öffentlichkeit nicht.»
Kanton zahlt stationäre Spitalkosten
Als Gesundheitsdirektor steht Martin Pfister einem der wohlhabendsten Kantone der Schweiz vor. Die Zuger Regierung kann sich wegen der vollen Kantonskasse überlegen, wie sie das Geld ausgeben kann. Entschieden hat sie sich für eine Senkung der Krankenkassenprämien, um der Bevölkerung etwas zurückzugeben.
Als schweizweites Novum hat der Kanton entschieden, den Zugerinnen und Zugern in den Jahren 2026 und 2027 die stationären Spitalkosten zu 99 Prozent zu vergüten. «Es ist eine sehr einfach umsetzbare Massnahme, um die Krankenkassenprämien deutlich zu senken», sagte Pfister gegenüber SRF.
In den vergangenen Tagen erwähnte Pfister oft sein militärisches Wissen. Gewiss kein Nachteil, wenn wohl das Verteidigungsdepartement neu besetzt wird. Pfister bekleidete in der Armee den Rang eines Obersten. Er führte ein Rettungsbataillon und kommandierte zwischen 2004 und 2012 die Katastrophenhilfe der Armee in den Kantonen Zug, Uri, Schwyz, Graubünden und Tessin.
In der Medienkonferenz von vergangener Woche forderte der Mitte-Politiker mehr Mittel für die Armee. Das Korps sei zu wenig ausgerüstet, da gebe es Nachholbedarf. Zudem will er die Zusammenarbeit mit der Nato nutzen - ohne dem Verteidigungsbündnis beizutreten.
Ein zweiter Punkt könnte Pfister im Rennen um den freigewordenen Bundesratssitz helfen: seine Herkunft. Seit 2003 hat die Zentralschweiz kein Mitglied mehr in der Landesregierung. Der letzte war der Luzerner Kaspar Villiger (FDP). Über fünfzig Jahre ist es her, dass mit Hans Hürlimann (CVP) ein Zuger im Bundesrat war. Das war von 1974 bis 1982.
(AWP)