Die US-Präsidentschaftswahlen nähern sich. Quasi der offizielle Auftakt für den Wahlkampf findet in der Nacht von Donnerstag auf Freitag (3 Uhr mitteleuropäische Zeit auf CNN) mit der ersten Präsidentschaftsdebatte zwischen US-Präsident Joe Biden und Herausforderer Donald Trump statt. Das TV-Duell wird als erster grosser Stimmungstest im US-Wahlkampf gesehen. 

Besonders auffallend sind dabei die neuen Spielregeln, an die sich der Amtsanwärter beziehungsweise der Amtsinhaber halten müssen. Die vergangenen zwei US-Präsidentschaftswahlen, an denen Donald Trump teilgenommen hat, haben nun CNN dazu bewogen, neue Rahmenbedingungen für eine qualitativ hochwertige Debatte zu schaffen.

Dieses Mal sind keine Spickzettel erlaubt, das Mikrofon des jeweils nicht-sprechenden Teilnehmers wird stumm geschaltet, um konstante Unterbrechungen zu vermeiden, und das TV-Duell wird ohne Publikum durchgeführt. Besonders für Trump sind das Hindernisse. Er ist bekannt dafür, dass er Energie aus seinen Auftritten vor Wählern und Befürwortern schöpft.

Die Reaktionen an den Finanzmärkten werden nicht ausbleiben. Der Fokus der Anleger  liegt auf den Futures der grossen US-Aktienindizes und die Eröffnungskurse der US-Börsen am Freitag. Neben dem Einfluss der eine Stunde zuvor veröffentlichten Daten zu den US-Konsumentenpreisen sollten die Marktbewegungen erste Einblicke über die Einschätzung der Kapitalmärkte zum Abschneiden der beiden Teilnehmer im ersten Streitgespräch der US-Präsidentenwahl liefern. Sinken die Bankaktien, scheint Biden seinen derzeitigen Rückstand auf Trump aufzuholen. Er hat derzeit leichte Vorteile in den Umfragewerten.

Denn obwohl die Präsidentschaftswahlen erst am 5. November stattfinden, werden die Kapitalmärkte bereits zuvor einen Vorsprung des Einen gegenüber dem Anderen einpreisen. Wechsel in den Stimmungswerten sollten bis November deshalb einen Einfluss auf die Kursbewegungen der amerikanischen Börsen und Marktsektoren haben. 

Das kommt nicht von ungefähr. Eine von Reuters und Ipsos durchgeführte Umfrage hat diese Woche gezeigt, dass ein tiefer Graben die amerikanischen Wähler trennt. In den Themen Einwanderung, Alter des Präsidenten und im Krieg zwischen Israel und Hamas liegen die Stimmungswerte von Trump vorne. Biden wird jedoch als weniger extrem betrachtet, schützt die Institution US-Demoraktie und punktet in Gesundheitsfragen. Doch für die Mehrheit der amerikanischen Wähler hat das Wohl der heimischen Wirtschaft höchste Priorität.

Vorgeschmack auf eine höhere Marktvolatilität

Der Ausgang des Duells könnte also ein Vorgeschmack auf eine höhere Marktvolatilität sein. Denn laut Daten von Morningstar zufolge ist die Schwankungsbreite des S&P 500 in Wahljahren höher als in Nicht-Wahljahren. Die monetären Entscheidungen während Wahljahren «sind voller Emotionen, Vorurteile und blinder Flecken» geprägt.

Zwar haben Investoren langfristig unter demokratischen wie auch republikanischen Präsidenten beträchtliche Anlagegewinne erzielt, doch die Unsicherheit über den Wahlausgang aufgrund der beiden festgefahrenen Lagen ist für die Finanzmärkte Sand im Getriebe. Gemäss Morningstar «kann die Politik ein Portfolio (kurzfristig) erheblich belasten.» 

Besonders dieses Jahr scheint die Thematik von einer Kurskorrektur überfällig zu sein. Reguläre Korrekturen beliefen sich im Durchschnitt auf 14 Prozent pro Jahr, so Morningstar. Der grösste Rückgang des S&P 500 in diesem Jahr beziffert sich jedoch auf nur fünf Prozent. Dazu kommt, dass es seit 337 Tagen keinen Marktrückschlag von mehr als 2 Prozent gab. Das letzte Mal kam dies in den Jahren 2017 bis 2018 (351 Tage) und 2003 bis 2007 (949 Tage) vor.

Welche Sektoren unter welchem US-Präsidenten florieren sollten

Das US-Investment-Banking-Haus Stifel hat jüngst ihre Einschätzung über den Einfluss des US-Wahljahres auf die Finanzmärkte publiziert. Wird Donald Trump die Wahl gewinnen, sollten Banken, Konsumfinanzierungsunternehmen, Kryptogesellschaften und die Hypothekargiganten Fannie Mae und Freddie Mac gemäss den Stifel-Strategen besser abschneiden.

Ein Sieg Bidens könnte zu neuen Beschränkungen für Fusionen und Übernahmen von Banken führen (insbesondere für grosse Regionalbanken), die Fertigstellung des aktuellen Basel-III-Vorschlags wird weiter vorangetrieben und «die Tür zu aggressiveren Liquiditätsregeln könnte geöffnet werden». Die Technologie-Branche sollte unabhängig davon, welcher der beiden Kandidaten sich durchsetzt, verlieren.

Diese Erwartungshaltung begründen die Strategen damit, dass sowohl Trump als auch Biden kartellrechtliche Klagen gegen Tech-Firmen einleiten dürften. Sie argumentieren, dass die parteiübergreifende TikTok-Gesetzgebung Hinweise liefere, dass beide Parteien bereit seien, die Technologiebranche einzuschränken.

Aber auch die Gesundheitsbranche sollte in jedem Fall leiden. Sowohl Biden als auch Trump befürworten höhere Verteidigungsbudgets. Diese sind aber durch fiskalische Beschränkungen eingeschränkt, weshalb bei den Gesundheitsausgaben gespart werden dürfte.

Mit Gold als Absicherungsinstrument und Inflationsschutz

Im Gegensatz zu Stifel sehen die Kollegen von Goldman Sachs das Hauptrisiko für die US-Unternehmen in der Einführung von neuen, zusätzlichen Strafzöllen und eine Verzögerung des Wahlentscheids aufgrund eines knappen Wahlausgang. Dies war zuletzt im Jahr 2000 der Fall, nachdem G.W. Bush mit nur 1’700 Stimmzetteln in Florida die Wahl gegen Al Gore für sich entschied. Der S&P 500 verlor in einem Monat der Unsicherheit bis zu 10 Prozent. Die Analysten von Goldman Sachs empfehlen deshalb Gold als Wahlausgangs- und Inflationsabsicherung.

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