Auf der Reisemesse in Friedrichshafen war es vergangene Woche am Stand für USA-Reisen auffällig ruhig. Nur wenige Besucher interessierten sich für die grossflächige Präsentation des Reiselands vom Nordamerika-Spezialisten America Unlimited. Firmenchef Timo Kohlenberg führt das vor allem auf die politische Situation in den Vereinigten Staaten seit dem Amtsantritt von Präsident Donald Trump zurück. «Auf Verbrauchermessen und in den sozialen Netzwerken bekommen wir mittlerweile eine Flut negativer Kommentare.» Manche Verbraucher erklärten, ihre USA-Reise um vier Jahre bis nach der nächsten US-Präsidentschaftswahl aufzuschieben.
Seit Mitte Januar gingen die Buchungen für USA-Reisen bei dem Reiseveranstalter aus Hannover zurück, während das Nachbarland Kanada mit mehr als doppelt so vielen Reisen gefragt sei wie nie, ergänzt Kohlenberg. Auch andere Reiseveranstalter in Europa beobachten die Zurückhaltung.
So etwa «Albatros Travel» in Kopenhagen. Der von den USA unter Trump geäusserte Gebietsanspruch auf Grönland schlägt in Dänemark hohe Wellen. «Wir haben uns aktiv dafür entschieden, keinen Cent für das Marketing von Reisen in die USA auszugeben», sagt Albatros-Produktmanager Steen Albrechtsen. Insbesondere aufgrund der Einstellung der USA gegenüber Dänemark und Grönland mangele es an Kundenresonanz. So liess der Däne Kennet Brask eine USA-Reise sausen. Der Eklat beim Treffen von Trump mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj Ende Februar habe den Ausschlag gegeben. Trump hatte den Gast im Weissen Haus mit Vorwürfen überzogen, das fand Brask unhöflich. «Als ich dieses Treffen sah, sagte ich mir: Ich werde nie in die Vereinigten Staaten reisen, solange Herr Trump dort Präsident ist.»
Einfuhrzölle gegen Europa, Druck auf die Nato oder Kritik an Deutschland wegen der Abgrenzung zu Rechtspopulismus seitens der US-Politik befremden viele Menschen hierzulande. Zuletzt gab es ausserdem Vorkommnisse direkt im Zusammenhang mit Reisen in die USA. Bekannt wurden drei Fälle, in denen Reisende mit deutschem Pass aufgrund von Beanstandungen der Grenzkontrolleure in Abschiebehaft landeten. Das Auswärtige Amt warnte daraufhin in seinen Reisehinweisen zu den USA, dass Vorstrafen in den USA, falsche Angaben zum Aufenthaltszweck oder geringfügige Überschreitungen zu Festnahme und Abschiebung führen können. US-Reisespezialist Kohlenberg hält die Warnung für übertrieben - derlei Vorfälle habe es vereinzelt auch früher schon gegeben, ohne dass das Auswärtige Amt seine Hinweise angepasst hätte.
Kein eindeutiger «Trump-Effekt»
Die Datenlage zu den Effekten auf das Reiseverhalten ist unterdessen nicht eindeutig. Die Besucherzahlen aus Westeuropa in die USA gingen im Februar im Vergleich zum Vorjahr um ein Prozent zurück, wie vorläufige Daten des US-amerikanischen National Travel and Tourism Office belegen. Im selben Zeitraum des Vorjahres waren sie um 14 Prozent gestiegen. Die Einreisen aus Deutschland sanken im Februar um neun Prozent im Vergleich zu 18 Prozent Anstieg vor Jahresfrist. Der Branchendienst Data Appeal Company registrierte weniger Internetsuchen nach US-Flügen aus Frankreich, Italien und Spanien - aber hohe Nachfrage aus Grossbritannien, obwohl auch die britische Regierung Reisehinweise verschärfte.
Der Deutsche Reiseverband (DRV) konnte zum Stand Ende Februar an den Buchungszahlen für Pauschal- und Bausteinreisen in die USA keinen Trump-Effekt ausmachen. Nach einem starken Zuwachs bei Frühbuchungen zu Jahresbeginn sei derzeit die Nachfrage nach allen Reisezielen schwächer, ergänzte der DRV. «Es ist davon auszugehen, dass die Buchungen spätestens nach Ostern wieder anziehen werden.» Mit gut zwei Millionen Touristen aus Deutschland jährlich liegen die USA auf Platz acht der beliebtesten Fernreiseziele im Sommer.
Die Lufthansa rechnet nach Worten von Vorstandschef Carsten Spohr sogar mit einem Rekordsommer, verkauft dabei aber immer mehr Tickets in den USA für Touren nach Europa. «Wir sehen keinerlei Zurückhaltung der Buchungen im Nordatlantik», sagte Spohr Anfang März. Der Reisekonzern TUI rechnet weiter mit steigenden Buchungszahlen aus Deutschland. Das Land sei reich an schönen Erlebnissen mit seinen Nationalparks zum Beispiel, sagte TUI-Deutschlandchef Benjamin Jacobi auf der Reisemesse ITB in Berlin. «Wir drücken uns allen gemeinsam die Daumen, dass es stabil bleibt.»
(Reuters)