Der 39-jährige Senator aus Ohio ist Trumps auserkorener Kandidat für die Vizepräsidentschaft. Das streng gehütete Geheimnis wurde am Montag zum Auftakt des Parteitags der Republikaner in Milwaukee auf der Online-Plattform Truth Social des Ex-Präsidenten gelüftet. Nahezu zeitgleich wurde die offizielle Nominierung Trumps als Spitzenkandidat der «Grand Old Party» bekanntgegeben. Er und Vance fordern nach jetzigem Stand Amtsinhaber Joe Biden und dessen Vizepräsidentin Kamala Harris heraus. Die formelle Kür des Demokraten-Duos steht aber noch aus.

Vom Kritiker zum glühenden Verfechter Trumps

«Als Vizepräsident wird J.D. weiterhin für unsere Verfassung kämpfen, an der Seite unserer Truppen stehen und alles tun, was er kann, um mir zu helfen, Amerika wieder gross zu machen», schrieb Trump auf seiner Plattform Truth Social.

Vance gilt als eine der Zukunftshoffnungen der Republikaner. Er leistet derzeit seine erste Amtszeit als Senator im Kongress in Washington ab. 2016 machte ihn seine auch ins Deutsche übersetzte Bestseller-Autobiografie «Hillbilly-Elegie: Die Geschichte meiner Familie und einer Gesellschaft in der Krise» bekannt. Darin schildert er eine von Armut geprägte Kindheit. Vance kämpfte sich nach oben, ging an die Eliteuniversität Yale und wurde schliesslich Finanzmanager. Einst war er ein scharfer Gegner Trumps, den er teils wüst beschimpfte und hinter den Kulissen gar mit Adolf Hitler verglichen haben soll. Doch nachdem Trump Präsident wurde, wechselte der medienversierte Vance bald ins Lager der Unterstützer. Inzwischen ist er ein glühender Verfechter Trumps. Er vertritt die von Trump bis heute ständig wiederholte Falschbehauptung, dass Biden bei der Präsidentschaftswahl 2020 nur wegen weitverbreiteten Wahlbetrugs gewonnen habe. Im Gegenzug für seine Loyalität erhielt Vance 2022 im Senats-Wahlkampf Rückendeckung von Trump.

James David Vance - so sein vollständiger Name - ist besonders in der ultrakonservativen Basis Trumps beliebt. Vergleichsweise gemässigtere Wähler wird er womöglich nicht gewinnen können, aber die treue Trump-Anhängerschaft, insbesondere die jüngere Generation, dürfte durch seine Auswahl zusätzlich mobilisiert werden.

Noch mehr als bei früheren Präsidentschaftswahlen bekommt die Auswahl des «running mate» diesmal besonders viel Aufmerksamkeit. Der Grund ist das hohe Alter der Spitzenkandidaten: Trump ist 78, Biden 81. Wer auch immer von ihnen die Wahl gewinnt, in beiden Fällen steht fest: Kann ein Präsident aus welchen Gründen auch immer seinen Posten nicht mehr ausfüllen, muss die Nummer zwei übernehmen.

Dass die Republikaner nach 2016 und 2020 zum dritten Mal mit Trump in eine Präsidentschaftswahl ziehen, steht seit Monaten fest. Trump hatte sich bei den Vorwahlen klar gegen seine innerparteiliche Konkurrenz durchgesetzt. Doch die formelle Kür wird nun mit Pomp und Gloria auf dem Parteitag begleitet. Am Mittwoch soll zunächst Vance eine Rede halten. Am Donnerstag hat schliesslich Trump zum Abschluss der viertägigen gigantischen Inszenierung vor Tausenden Zuhörern und Hunderten Journalisten aus aller Welt seinen grossen Auftritt, bei dem er feierlich die Nominierung annimmt.

Demokraten in der Defensive

Deutlich weniger Partylaune herrscht dagegen seit einiger Zeit im Lager der Demokraten. In Umfragen lagen Trump und Biden zuletzt noch dicht beieinander. Während Trump aber spätestens seit dem Attentat auf ihn am Samstag unter vielen Anhängern so etwas wie den Ruf eines Unbezwingbaren geniesst, sind die Zweifel an einem Wahlsieg Bidens gewachsen. Selbst in der eigenen Partei mehren sich besorgte Stimmen, dass der 81-Jährige trotz aller Erfahrung und Verdienste körperlich und geistig nicht mehr fit genug sein könnte für vier weitere Jahre im Weissen Haus. Grund ist sein schwacher Auftritt im TV-Duell gegen Trump Ende Juni. Mehrmals verlor er den Faden und hatte sprachlich Aussetzer. Auch danach passierten ihm noch zwei Mal in der Öffentlichkeit aufsehenerregende Verwechslungen, etwa als er den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj als dessen Kriegsgegner, Russlands Präsident Wladimir Putin, vorstellte.

Bidens Stellvertreterin Harris ist deswegen verstärkt als potenzielle Alternative in den Fokus der Medien und Wähler gerückt. Der Präsident pocht bislang jedoch darauf, im November erneut anzutreten. Offiziell als Kandidaten aufgestellt wurden er und Harris noch nicht. Der Parteitag der Demokraten ist vom 19. bis 22. August in Chicago angesetzt. Die Nominierung durch die Delegierten der einzelnen Bundesstaaten soll aber bereits vorher in einem virtuellen Verfahren geschehen. Der genaue Zeitpunkt dafür steht jedoch noch nicht fest.

(Reuters)