«Die Wachstumsaussichten haben sich in den letzten Monaten deutlich verschlechtert, was auch den disinflationären Druck erhöhen könnte», sagte Finnlands Notenbankchef Olli Rehn am Dienstag bei einer Veranstaltung in Washington. Sein französischer Kollege Francois Villeroy de Galhau warnte bei einem Vortrag an der New York University, es bestehe das Risiko, dass die Inflation zu niedrig ausfalle, «insbesondere wenn das Wachstum unterdurchschnittlich bleibt». Portugals Zentralbankchef Mario Centeno, der die EZB seit langem davor warnt, die Zinsen zu lange hoch zu halten, äusserte sich ähnlich: «Ich sehe mehr Risiken in einem Unterschreiten der Zielinflation als umgekehrt», sagte er in Washington.

Das Inflationsziel der EZB liegt bei zwei Prozent. Im September war die Teuerung in der Euro-Zone aber nur um 1,7 Prozent gestiegen. Die Äusserungen von Rehn und Villeroy dürften Spekulationen auf weitere schnelle Zinssenkungen verstärken. Anleger rechnen bei jeder der nächsten vier bis fünf Sitzungen der Notenbank mit weiteren Schritten nach unten. Dies liegt an Anzeichen dafür, dass die Inflation schneller nachlassen könnte als bislang angenommen, während das Wirtschaftswachstum in der Euro-Zone schwach bleibt. Frühindikatoren signalisieren sogar eine einsetzende Talfahrt.

XL-Zinsschritt abhängig von Daten

Auf dem Zinspfad nach unten schliesst EZB-Ratsmitglied Centeno auch grössere Schritte nicht aus. Dies sei abhängig von den Konjunkturdaten. EZB-Chefin Christine Lagarde betonte, das Tempo weiterer Senkungen des Einlagensatzes von derzeit 3,25 Prozent hänge weiter von eingehenden Daten ab. Die EZB dürfte laut ihrer Präsidentin nächstes Jahr die angestrebte Preisstabilität im Euroraum erreichen. «Ich bin absolut zuversichtlich, dass wir dieses Ziel im Laufe des Jahres 2025 nachhaltig erreichen werden», sagte die Französin auf einer Veranstaltung der Agentur Bloomberg. Auf die Frage, ob dies früher geschehen könne als in der Prognose der EZB für das Schlussquartal 2025 veranschlagt, erwiderte sie: «Das wäre meine Hoffnung.» 

(Reuters)