Bevölkerungswachstum, tiefe Zinsen, wirtschaftliche Entwicklung - sie werden oft zur Erklärung der steigenden Immobilienpreise genannt. Verkehrt ist das nicht. Beispielsweise fand eine Studie dem Jahr 2023 einen «erheblichen positiven Effekt» der wachsenden ausländischen Bevölkerung ab 2002 auf die Wohneigentumspreise - 2002 war das Jahr, in dem das Personenfreizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU in Kraft trat.

Ab diesem Zeitpunkt hat sich die Migration aus dem EU-Raum in die Schweiz rein zahlenmässig verstärkt. Denn vor 2002 hielten sich Zu- und Abwanderung aus respektive in den europäischen Raum mehr oder weniger die Waage. Seit 2002 beträgt der Wanderungssaldo durchschnittlich 43’000 Personen pro Jahr. Man kann annehmen, dass mehr Menschen mehr Wohnraum benötigen und allein deshalb die Immobilienpreise steigen.

Doch die Studienautoren vermuten noch etwas anderes - dass unter dem Freizügigkeitsabkommen vermehrt gut qualifizierte, besser verdienende Personen eingewandert sind. Sie können als zahlungskräftige Nachfrager auf dem Immobilienmarkt auftreten - und auch teure Immobilien finanzieren.

So weit, so gut. Jedoch: Es gibt Hinweise, dass Gründe für die steigenden Immobilienpreise auch bei den Verkäufern liegen. So spricht das jüngste Monitoring der Immobilienberatungsgesellschaft Wüest Partner von einer «Zurückhaltung bei Preisnachlässen», Verkäufer wollten Preisanpassungen nach unten vermeiden. Zudem habe sich das Angebot «vor allem in den teuren Preissegmenten vergrössert».

Explizit wird Ruedi Tanner, Präsident der Schweizerischen Maklerkammer. In den goldigen Jahren bis 2022 habe sich bei den Eigenheimverkäufern eine gewisse Vorstellung eingenistet: «Der Markt schluckt Immobilien zu Preisen, die 10 bis 15 Prozent über einer fairen Bewertung liegen.» Teilweise betrage der Aufschlag sogar 25 Prozent, wenn sich die Verkäuferschaft an den Bieterverfahren orientiere, die den Preis oft zusätzlich nach oben getrieben haben.

In den Zentren werden hohe Preise weiterhin bezahlt

Mit dieser Vorstellung treten Eigenheimverkäufer auch heute auf dem Markt auf, sagt Tanner - «und können sich damit nach wie vor manchmal durchsetzen». Zahlungsbereite Käufer finden sich speziell in Zentren wie Zürich, Bern oder Genf sowie in den Tourismusregionen.

Freilich findet nicht jeder Verkäufer auch einen Käufer, zumindest nicht sofort. Wüest Partner berichtet etwa von einer zunehmenden Insertionsdauer im hochpreisigen Segment. In diesem ist die Gruppe potenzieller Käufer klein, was die Chancen eines Verkaufs verringert. Ferner ist in Regionen wie dem Jura, dem Glarnerland oder Teilen des Tessin die Nachfrage ohnehin vergleichsweise tief, sodass sich allzu hohe Preise kaum durchsetzen lassen.

Tanner stellt zudem fest: «Die Käufer sind aus verschiedenen Gründen sensitiver geworden.» Dies hängt unter anderem mit den Zinsen zusammen. Sie sind ab 2022 gestiegen und haben, so der Präsident der Maklerkammer, «vor Augen geführt, dass kleine Zinsschritte eine relevante Zusatzbelastung für Eigenheimbesitzer bringen können».

Ob die erhöhte Sensitivität als Hinweis auf eine Normalisierung des Marktes verstanden werden kann? Tanner bejaht. Dass die Preise der Verkäufer immer öfter nicht bezahlt werden, wertet er als gesund für den Markt.

Derweil ist nicht von sinkenden, sondern von weiterhin steigenden Immobilienpreisen auszugehen. Wüest Partner beziffert das Preiswachstum im Jahr 2025 für Eigentumswohnungen mit 3,4 Prozent, für Einfamilienhäuser mit 3,0 Prozent.

Diese Werte bewegen sich unter den Preisanstiegen der jüngeren Vergangenheit - was aber nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass Wohneigentum für eine wachsende Anzahl Haushalte kaum mehr erschwinglich ist.

Reto Zanettin
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