Im März wurde wegen rückläufiger Aktienkurse beinahe schon ein Totengesang auf Apple angestimmt. Dem Technologiekonzern wurde mangelnde Innovationskraft im Bereich Künstliche Intelligenz (KI) vorgeworfen. Das traf Apple, nachdem Apple Anfang Jahr bereits das Elektroauto-Projekt begraben musste. Dass das Firmenkonglomerat Berkshire Hathaway des legendären Investors Warren Buffett hat im ersten Quartal seine Beteiligung an Apple erheblich reduzierte und sich von 13 Prozent seiner Aktien trennte, kam fast als Quittung für den stolzen Konzern aus Cupertino nahe San Francisco..

Seither erhielt der iPhone-Hersteller aber deutlichen Auftrieb. Besonders nachdem das Unternehmen bekannt gab, dass Apple Aktienrückkäufe im Wert von 110 Milliarden Dollar genehmigte, die grössten in der Unternehmensgeschichte. Apple meldete Anfang Mai zwar auch einen Umsatzrückgang von 10 Prozent bei den iPhone-Verkäufen im letzten Quartal. Nach fünf Umsatzrückgängen in sechs Quartalen sei die Talsohle durchschritten, sagte Firmenchef Tim Cook und konnte damit die Investoren etwas beschwichtigen.

Kursverlauf der Apple-Aktien.

Für Spannung sorgt nun die bevorstehende Worldwide Developers Conference 2024, die am 10. Juni beginnt. Es wird erwartet, dass der von Tim Cook geführte Konzern seine KI-Strategie präsentiert. In diesem Zusammenhang hat die Bank of America ihre Kaufempfehlung für den «Top Pick» Apple bei einem Kursziel von 230 Dollar bestätigt, was ein Aufwärtspotenzial von 20 Prozent impliziert.

«IntelliPhones» als neuer Wachstumstreiber für Apple

Analyst Wamsi Mohan ist der Ansicht, dass die kommenden KI-fähigen Smartphones, auch als «IntelliPhones» bezeichnet, einen mehrjährigen Upgrade-Zyklus antreiben werden, ähnlich wie es bei der schrittweisen Verbesserung bei der Einführung von Smartphones der Fall war. Die Akzeptanzkurve von KI-Smartphones werde voraussichtlich schneller verlaufen als bei Smartphones und 5G.

«Bei einer installierten Basis von über 4 Milliarden Smartphones sehen wir die Chance, dass der nächste Upgrade-Zyklus ein einmaliges Ereignis in einem Jahrzehnt sein wird», schreibt der Analyst. Auch wenn nicht alle KI-Funktionen bei der WWDC vorgestellt werden, die IntelliPhones dürften den Weg in den Mainstream finden. Aufgrund des mehrjährigen Upgrade-Zyklus, der positiven Entwicklung der Bruttomarge und des langfristigen Wachstums im Dienstleistungsbereich stuft die Bank of America die Aktie als «Kauf» ein.

IntelliPhones werden fortschrittliches maschinelles Lernen und KI-Technologien nutzen, um überlegene persönliche Unterstützung, Sprachverarbeitung, Gesundheitsüberwachung, Fotografie, Sicherheit, Batteriemanagement, AR/VR-Erlebnisse und anpassbare Benutzererfahrungen anzubieten.

«Mit der Weiterentwicklung der KI-Technologie wird sich die Kluft zwischen IntelliPhones und herkömmlichen Smartphones voraussichtlich weiter vergrößern, da sie noch ausgefeiltere und personalisierte Funktionen bieten, die die Nachfrage nach einem Upgrade verstärken», prognostiziert Mohan.

KI als Rolle des «Experten" monetarisieren

Mohan erläutert die Vorteile des IntelliPhones am Beispiel einer Reisebuchung: Die Reisewelt hat sich vom klassischen Reisebüro zu Online-Recherchen (beispielsweise TripAdvisor) und Online-Buchungen (beispielsweise Expedia) entwickelt. Der nächste Schritt ist laut Mohan die intelligente Reiseplanung durch KI, wobei der «KI-Agent» das traditionelle Reisebüro imitiert. Es wird möglich sein, mit dem Agenten zu interagieren, Präferenzen anzugeben und das Gespräch genau dort fortzusetzen, wo man aufgehört hat, indem der Agent den Kontext versteht und speichert.

Auf ähnliche Weise könnte KI die Rolle eines «Experten» in Bereichen wie Gesundheit, Fitness und Bildung (Sprachen, Musik, Wissenschaft oder Kunst) übernehmen. «Wir beobachten, wie Entwickler diese Agenten vorantreiben und eine neue Ebene der Monetarisierung schaffen», erklärt der Analyst. Gemessen an diesem Ausblick erscheint das vorausschauende Kurs-Gewinn-Verhältnis von 29 bei Apple immer noch niedrig, insbesondere im Vergleich zu Unternehmen wie Nvidia (43) oder Microsoft (36).

 

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