Damit beginne «der ökonomisch schwierigste Moment in der Geschichte der Bundesrepublik», sagte der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Moritz Schularick, am Mittwoch. Zur inneren Strukturkrise kämen nun noch massive aussenwirtschaftliche und sicherheitspolitische Herausforderungen hinzu, «auf die wir nicht vorbereitet sind». Trumps wirtschaftspolitische Massnahmen dürften protektionistische Zölle und Einfuhrbeschränkungen umfassen, die das Wachstum in Deutschland und Europa weiter belasten dürften.
Ähnlich sieht das der Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Achim Wambach. «Die Wahl Trumps zum Präsidenten der USA führt wahrscheinlich zu höheren Zöllen und niedrigeren Steuern für Unternehmen in den Vereinigten Staaten», sagte Wambach der Nachrichtenagentur Reuters. Zudem werde sich die amerikanische Politik noch stärker auf sich selbst fokussieren. «Das erhöht den Druck auf europäische Unternehmen, ihre Produktion in die USA zu verlagern.»
Deutschland und die EU müssten ihren Wirtschaftsstandort dringend stärken. «Nur ein dynamischer Binnenmarkt ist ein Garant dafür, nicht zwischen den Wirtschaftsblöcken USA und China zerrieben zu werden», sagte Wambach.
Auch Banken-Ökonomen sehen schwierige Zeiten für Deutschland bei einer neuen Amtszeit von Trump aufziehen. «Sein angekündigter Zollsatz von mindestens zehn Prozent für alle Importe in die USA wäre besonders für das Exportland Deutschland schlecht», sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. «Die Zölle verteuern nicht nur deutsche Waren in den USA, sondern dürften auch zu Gegenzöllen der EU führen, was den Aussenhandel weiter belasten würde.»
Ausserdem erhöhe eine von Trump forcierte De-Globalisierung mittelfristig die Inflationsrisiken auch im Euroraum. Sollte Trump die Körperschaftssteuer weiter senken, «würde Deutschland mit seinen hohen Steuersätzen noch weiter ins Hintertreffen geraten», sagte Krämer.
ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski sieht Deutschland schlechter vorbereitet als beim ersten Wahlsieg Trumps 2016. «Während die erste Amtszeit von Trump eine deutsche Wirtschaft in Hochblüte traf und noch das Wirtschaftswunder 2.0 gefeiert wurde, kommen mögliche Strafzölle, Deregulierung des US-Finanzsektors und geopolitische Spannungen zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt», sagte Brzeski. «Nach vier Jahren Stagnation und strukturellen Schwächen ist Deutschland nicht nur der 'kranke Mann Europas', sondern auch verwundbarer als vor acht Jahren.»
(Reuters)