Anton «Toni» Piëch (geb. 1978) ist CEO, Mitgründer und Verwaltungsratspräsident des 2016 gegründeten Start-ups Piëch Automotive mit Sitz in Zürich. Er steht auch der übergeordneten Piëch Holding vor. Toni Piëch ist eines von 13 Kindern des 2019 verstorbenen langjährigen VW-CEO Ferdinand Piëch und Urenkel von Ferdinand Porsche. Toni Piëch, der perfekt Schweizerdeutsch spricht, besuchte von 1992 bis 1997 das Lyceum Alpinum in Zuoz GR, studierte von 1998 bis 2002 an der Princeton University Ostasienwissenschaften und verbrachte zwölf Jahre in China, wo er journalistisch tätig war und Werbeclips drehte. Nach Asien ging er, um "aus seiner geordneten Umgebung" herauszukommen, wie er dem deutschen "Handelsblatt" einmal sagte. Piëchs Vater Ferdinand äusserte sich zu Lebzeiten stets eher abschätzig zu den Elektroauto-Plänen seines Sohnes.
cash.ch: Herr Piëch, Sie entwickeln mit Ihrer Firma Piëch Automotive einen elektrischen Sportwagen, den Prototypen davon haben sie bereits 2019 vorgestellt. Viele mögen sich sagen: Schon wieder ein neues E-Auto-Projekt. Hat die Welt auf Sie gewartet?
Toni Piëch: Auf mich als Person nicht, nein… (lacht). Aber auf neue, innovative Firmen im Autobereich, die schneller Projekte entwickeln können als bestehende Marken, auf das schon. Es ist ein wenig traurig, dass die meisten Innovationen im Autobereich aus China oder den USA stammen und nicht aus Europa. Der Kontinent hat dermassen viel Erfahrung im Autobau. Meines Erachtens macht es deshalb Sinn, dass neue, wendige Firmen in den Markt eintreten und diesen ein wenig aufmischen.
Aber die Konkurrenz im ganzen E-Auto-Bereich wächst.
Dieser Eindruck täuscht. Für die meisten Leute sind E-Autos noch immer eine Neuheit. Wir stehen noch immer eher am Anfang der Entwicklung. Das wird offensichtlich, wenn man die Anzahl der etablierten Marken mit den Alternativen im Elektrobereich vergleicht.
Der E-Automarkt leidet noch immer unter zwei Nachteilen: Der Mangel an Ladestationen und der Preis der Fahrzeuge. Wann ändert sich das?
Infrastruktur und Preis sind sicher das eine, die Ladezeiten das andere. Es ist begreiflich, dass man eine Ladezeit von 30 Minuten nicht einfach in Kauf nehmen will. Aber das wird sich ändern. Mit unserem Produkt wird eine Ladezeit von unter fünf Minuten möglich sein. Da werden wir natürlich nicht die einzigen Anbieter sein. Und die Preise werden sicher sinken.
Viele Leute assoziieren E-Autos mit Tesla. Wie sehen Sie die Zukunft der Firma? Wird Tesla noch dominanter?
(schmunzelt) Ich weiss es nicht. Ich glaube, ich bin einer der wenigen…
…der keine Meinung hat dazu?
So ist es nicht. Aber es ist mir bewusst, dass meine Trefferquote bei Aussagen zu diesem Thema sehr tief sein könnte. Die Mobilitäts- und Autoindustrie ist heute viel weniger planbar als früher. Es gibt mehr Technologien, aber auch mehr Wege, das Geld zu vernichten. Elon Musk ist sehr mutig und intelligent. Aber falls er auf eine falsche Batterie setzt und damit auch auf eine falsche Infrastruktur, wird er ein Problem haben. Tesla hat in gewisser Hinsicht sicher einen Vorsprung. Ich meine damit nicht das, was wir im deutschen Sprachraum Performance-Autobau nennen. Wenn unser Chefingenieur etwa um einen Tesla herumläuft, ist er ziemlich sicher nicht glücklich mit dem, was er sieht. Die Tesla-Vorteile zeigen sich vielmehr beim Datenmanagement, bei der Autonomie und bei dem, was Musk als 'Computer auf Rädern' bezeichnet. Das ist schon genial. Tesla hat die ganze Industrie vorwärtsgebracht. Und schliesslich auch unserer Firma die Möglichkeit gegeben, finanzierbar zu werden.
Der Piëch-Prototyp lief unter den Namen 'Mark Zero' und heute unter 'GT'. Wie ist der Entwicklungsstand und wie wird das Auto bei Marktreife heissen?
Zum Namen kann ich mich noch nicht äussern. Die Coronapandemie brachte auch bei uns etwas Verzögerung. Während dieser Zeit haben wir die Batterietechnologie, welche unsere schnelle Ladezeiten ermöglicht, nach Europa geholt und in die Firma integriert. Das hätte aber auch ohne Pandemie zu Verzögerungen geführt, das wussten wir. Im Luxus- und Performance-Segment ist es überdies nicht so wichtig, ob man sechs Monate früher oder später auf den Markt kommt. Hier macht man den Unterschied mit dem Produkt.
Wie unterscheidet sich Ihr E-Sportwagen von der Konkurrenz?
Mitgründer Rea Stark Rajcic und ich fanden, dass neue Autos tendenziell eher hässlicher werden und aussehen wie Ufos. Wir bauen ein sehr klassisch aussehendes Auto. Wir versuchen dabei, die Auto-Ästhetik der 60er und 70er Jahre neu zu interpretieren. Dies mit einem neuen Drive, innovativ und elektrisch. Das gibt es so im Markt noch nicht. Wir sind auch nicht nervös bezüglich Marktanteile. Wir müssen ganz einfach unsere Nische finden. (Fortsetzung des Interviews nach dem Bild)
Prototyp des Elektrosportwagens von Piëch Automotive (Quelle: ZVG).
Wann kommt der 'GT', oder wie er dann heissen wird, auf den Markt?
Unser erstes Modell kommt im Jahr 2024 auf den Markt, es wird aber nicht das letzte sein. Wir können auch einen SUV und einen Viersitzer bauen. Solche Modelle können wir in relativ schneller Kadenz auf den Markt bringen. Für das erste Modell gibt es auf der Website eine Warteliste. Da muss man noch nichts zahlen. Aber man wird informiert, ab wann man den Wagen bestellen kann.
Wir führen unser Gespräch auf der Investorenkonferenz 'Noah' in Zürich, an der Sie Geldgeber für Piëch Automotive gewinnen wollen. Wie viele Gelder haben Sie insgesamt schon eingesammelt?
Über die letzten fünf Jahre konnten wir eine hohe zweistellige Millionenzahl über Investoren einnehmen, nun wird es dreistellig. Für ein Startup tönt das nach viel Geld. Für eine Autofirma, die neue Modelle herausbringen will, ist es aber schockierend wenig. Wir gehen nun von der Prototypenentwicklung in die Serienentwicklung. Das heisst: Bislang war es ziemlich riskant, nun wird es Fleissarbeit. Und teurer.
Haben Sie auch eigenes Geld in Piëch Automotive investiert?
Ja.
Und Sie verraten uns wieviel?
Nein. Aber die Leute sollen wissen, dass ich nicht einfach die Türe schliessen und in die Ferien fahren kann. Es ist so viel Geld, dass es mir finanziell weh täte, sollte es nicht funktionieren. Ein Misserfolg würde mich natürlich auch wegen des Namens schmerzen.
Sie haben dem deutschen 'Manager Magazin' einmal gesagt: 'Ich konnte mir meinen Namen nicht aussuchen'. Aber ich nehme an, der Name Piëch wird Ihnen bei der Investorensuche helfen.
Sicher. Der Name bringt auch viel Verantwortung, die ich sehr ernst nehme. Ich kann sicher nicht einfach eine Autofirma gründen, meinen Familiennahmen 'draufklatschen' und das Ding dann an die Wand fahren. Das geht definitiv nicht.
Ist der Name Piëch auch eine Bürde?
Natürlich. Ich habe vielleicht eine untypische Bürde und hatte auch ein wenig mehr Glück in meinen Leben als andere. Es ist aber eine Bürde, die ich mir selber aufzwinge. Und andere Unternehmer, die zum Beispiel zwei Hypotheken aufgenommen haben und eine Familie ernähren müssen, haben ebenfalls viele Bürden.
Ist ein Börsengang von Piëch Automotive langfristig eine Option?
Das ist nicht undenkbar. Mein primäres Ziel bleibt aber, dass ich eine gesunde, europäische und profitable Firma auf die Beine stellen will. Ob privat oder kotiert, ist dann sekundär.