Amazon, Apple und Intel konnten mit ihren am Donnerstag veröffentlichten Zahlen die hochgesteckten Markterwartungen nicht erfüllen. Bei Letzterem hellte selbst ein zehn Milliarden Dollar schweres Sparprogramm die Stimmung der Investoren nicht auf, da es als Verzweiflungstat betrachtet wurde. Die Quartalsbilanzen der US-Techriesen zogen nicht nur die eigenen Aktien ins Minus, sondern auch die Börsen in Europa und Asien.
«Wir sorgen uns um Intels Marktposition», schrieb Analyst Brian Colello vom Research-Haus Morningstar. «Auch wenn das Unternehmen die richtigen Massnahmen ergreift, um sich auf die Herstellung von Spitzenchips zu konzentrieren, scheinen viele Kunden Intel den Rücken zu kehren.» Pat Gelsinger, der Chef des Chip-Herstellers, kündigte den Abbau jeder sechsten Stelle an. «Ich brauche weniger Leute in der Zentrale und mehr Leute im Aussendienst, die die Kunden betreuen.» Ausserdem streicht er die Dividende und fährt die Investitionen zurück. Damit wolle er die Bilanz wieder in Ordnung bringen und Schulden abbauen.
Intel fehlt ein konkurrenzfähiger KI-Chip, um dem Weltmarktführer Nvidia Paroli bieten zu können. Gleichzeitig sinkt die Nachfrage nach Prozessoren für klassische Server. Dadurch brach der Intel-Gewinn im zweiten Quartal überraschend deutlich auf 0,02 Dollar je Aktie ein. Für das laufende Vierteljahr stellte der US-Konzern Erlöse zwischen 12,5 und 13,5 Milliarden Dollar in Aussicht, rund eine Milliarde Dollar weniger als von Börsianern vorhergesagt. Intel-Aktien stürzten am Freitag im vorbörslichen Handel an der Wall Street um 20 Prozent ab, so stark wie zuletzt vor 24 Jahren.
Cloud-Wachstum hat seinen Preis
Der Lichtblick der Amazon-Bilanz war das auf 19 Prozent beschleunigte Wachstum der Cloud-Sparte Amazon Web Services (AWS). Allerdings seien hier steigende Investitionen zu erwarten, da der KI-Boom den Bedarf an Rechenzentren in die Höhe treibe, gab Analyst Rohit Kulkarni von der Investmentbank Roth zu bedenken. Er rechne für das laufende Jahr mit konzernweiten Investitionen von 65 Milliarden Dollar, von denen 44 Milliarden Dollar an AWS flössen. Ausserdem wolle Amazon gegen Jahresende Hunderte Kleinsatelliten in eine Umlaufbahn schiessen, um dem Internetdienst Starlink von Elon Musk Konkurrenz zu machen.
Trotz des starken Cloud-Geschäfts lieferte Amazon einen verhaltenen Ausblick auf das laufende Quartal und stellte einen Konzernumsatz von 154 bis 158,5 Milliarden Dollar in Aussicht. Als einen Grund nannte Finanzchef Brian Olsavsky die trübe Konsumlaune der Verbraucher. Kunden suchten gezielt nach Sonderangeboten. Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst des Online-Brokers CMC Markets, wies auf den wachsenden Konkurrenzdruck im Cloud-Geschäft hin, was Bedenken hinsichtlich der Wachstumsaussichten von AWS aufwerfe. Amazon-Titel gaben vorbörslich mehr als acht Prozent nach, so stark wie zuletzt vor eineinhalb Jahren.
Microsofts Cloud-Sparte Azure hatte dank milliardenschwerer Investitionen den Rückstand auf den Weltmarktführer AWS in den vergangenen Quartalen verkleinert. Allerdings blieb das Wachstum dort zuletzt hinter den Erwartungen zurück. Auch die Alphabet-Tochter Google pumpt Milliarden in ihre Rechenzentren.
Gut, aber nicht gut genug
Der Wermutstropfen bei den insgesamt leicht über den Erwartungen ausgefallenen Apple-Zahlen war der erneute Rückgang der iPhone-Einnahmen um ein knappes Prozent auf 39,3 Milliarden Dollar. In China, dem drittwichtigsten Absatzmarkt des US-Konzerns, fiel das Minus wegen einer erstarkten lokalen Konkurrenz mit 6,5 Prozent fast dreimal so hoch aus wie gedacht. Er gehe aber davon aus, dass die angekündigte KI-Offensive zahlreiche Nutzer dazu bewegen werde, auf neuere Geräte umzusteigen, um diese Funktionen nutzen zu können, kommentierte Analyst Thiago Alves Kapulskis von der Bank Itau BBA.
Unabhängig davon bereitet der hohe regulatorische Druck in der Europäischen Union (EU) einigen Anlegern Kopfzerbrechen. Wegen des Digital Markets Act (DMA) musste Apple bereits seine Bezahl-Technologie für Drittanbieter öffnen, um eine milliardenschwere Strafe abzuwenden. Ausserdem könnten gesetzliche Auflagen die Einführung von KI-Funktionen in Europa verzögern. Apple-Aktien hielten sich dennoch mit einem vorbörslichen Minus von 0,3 Prozent vergleichsweise gut.
(Reuters)
1 Kommentar
Also "maue" Nachfrage trifft nur auf Intel zu. AMZN und MSFT haben eine starke Nachfrage für Q2 raportiert und den Outlook für's laufende Quartal knapp unter den (überrissenen) Erwartungen der "Analysten" geplant. Apple hatte beim IPhone im China Geschäft einen schwächeren Umsatz, der aber durch übertroffene Zahlen beim IPad kompensiert wurde. Und Alphabet hatte nur bei yt geringere Werbeinnahmen, steht aber sonst Umsatzseitig gut da.
Was bei Google, MSFT und AMZN das vordergründige Problem ist, sind die höher als erwartet Investitionsvolumina in KI. Bei Google 25% mehr als erwartet. Im Call meinte Google's CEO: "Das Risiko eines Unterinvestments ist markant grösser als das Risiko einer Überinvestition". Und: "Es besteht derzeit eine Übernachfrage, wir können nicht alle Kunden bedienen". Soll heissen, es wird auf biegen und brechen AI Infrastruktur aufgebaut, koste es, was es wolle. Das wurde vom Markt als Grund zum Abtrafen genommen - es geht länger, bis die von den Investoren erwarteten returns aus AI kommen und es braucht dazu mehr Investitionskapital. Das allerdings ist reichlich vorhanden - alle drei Unternehmen haben freie Mittel mit denen sie diese Investitionen problemlos selbst finanzieren können.
Übrigens: Apple geht da einen anderen Weg - langsamer, selektiver und v.a. ohne NVDA. Interessanterweise setzt Apple auf Google Produkte zum trainieren ihrer generativen Modelle.
Und Intel: Intel ist kein Opfer von KI, Intel ist ein Opfer seiner selbst. Intel war schon im falschen Fahrwasser bevor KI als Markttreiber auftrat und Intel hat strukturelle Probleme, die zu zu hohen Kosten und zu einem nicht konkurrenzfähigen Sortiment geführt hat. Und bisher hat Intel dieses Fahrwasser nicht verlassen können. Intel errinnert mich etwas an Nokia, die scheitern auch in erster Linie an sich selbst.