Die Renditen von US-Staatsanleihen könnten nach Einschätzung von T. Rowe Price schon bald ein markantes Niveau erreichen. Grund dafür sind steigende Inflationserwartungen und Bedenken über die Höhe der Ausgaben im US-Bundeshaushalt.
«Die Rendite zehnjähriger Treasuries wird in den nächsten sechs Monaten die 5 Prozent-Schwelle testen und die Renditekurve steiler werden lassen«, so Arif Husain, Chief Investment Officer für den Bereich Fixed Income bei dem Vermögens-Manager, der etwa 180 Milliarden Dollar (166 Milliarden Euro) verwaltet. Der schnellste Weg zu 5 Prozent „wäre in dem Szenario, das geringfügige Senkungen der Fed-Zinsen beinhaltet», schrieb er in einer Mitteilung.
Damit hebt er sich von den Markterwartungen niedrigerer Renditen ab, nachdem die Federal Reserve im vergangenen Monat zum ersten Mal seit vier Jahren die Zinsen gesenkt hat. Nach starken Konjunkturdaten, die Fragen über das wahrscheinliche Tempo der Zinssenkungen aufwerfen, unterstreicht dies auch die zunehmenden Diskussionen auf dem grössten Anleihemarkt der Welt.
Die Renditen 10-jähriger Staatsanleihen lagen zuletzt im Oktober letzten Jahres bei 5 Prozent und erreichten damit ihren höchsten Stand seit 2007, als die Märkte krisenbedingt eine Phase anhaltend hoher Zinssätze einpreisten. Sollte Husains Vorhersage eintreten, könnte es zu einer turbulenten Neubewertung kommen. Strategen erwarten derzeit, dass die Renditen im zweiten Quartal auf durchschnittlich 3,67 Prozent fallen werden.
Am Freitag lagen die Renditen zehnjähriger Treasuries bei 4,24 Prozent.
Flut von Neuemissionen
Laut Husain, der seit fast drei Jahrzehnten auf dem Markt tätig ist, «überflutet» das US-Finanzministerium den Anleihemarkt derzeit mit Neuemissionen, um das Staatsdefizit zu finanzieren. Gleichzeitig hat die Fed-Politik der quantitativen Straffung - ein Versuch, ihre Bilanz nach Jahren des Anleihekaufs abzubauen - dazu geführt, dass eine wichtige Quelle der Nachfrage nach Staatsanleihen versiegt ist.
Die Renditekurve wird wahrscheinlich noch steiler, da etwaige Renditeanstiege bei Kurzläufern durch Zinssenkungen begrenzt werden, so Husain.
Vergangenen Monat hiess es von der Private-Banking-Sparte der Deutschen Bank, dass die Renditen 10-jähriger Treasuries bis zum nächsten September 4,05% erreichen würden - eine Vorhersage, die sich schon etwa einen Monat später als richtig erwies. Das Blackrock Investment Institute vermeldete unterdessen letzte Woche, dass die Renditen längerfristiger US-Anleihen bei der Veröffentlichung neuer Wirtschaftsdaten in beide Richtungen schwanken würden.
Die Finanzlage der USA weist bereits Risse auf, was Husains Ansichten bestätigt. Die Schuldenzinslast des Landes stieg im Finanzjahr bis September auf den höchsten Stand seit den 1990er Jahren, aber weder die Wahlplattform des ehemaligen Präsidenten Donald Trump, noch die von Vizepräsidentin Kamala Harris, preisen die Reduzierung des Defizits als Kernelement an. Dadurch sind die US-Staatsschulden zu einem Hauptrisiko für Marktteilnehmer geworden.
Das wahrscheinlichste Szenario für die US-Notenbank ist eine Phase kleinerer Zinssenkungen, vergleichbar mit den Senkungen zwischen 1995 und 1998, so Husain. In diesem Szenario würde China mehr Anreize schaffen, um seiner eigenen Wirtschaft zu helfen, damit auch das globale Wachstum ankurbeln und der Fed einen klareren Ausblick bieten.
Es besteht auch die Aussicht auf einen normalen Lockerungszyklus, bei dem die Fed näher an den neutralen Zinssatz heranrückt, der laut Husain wahrscheinlich bei etwa 3 Prozent liegt. Er zog auch ein Szenario in Betracht, in dem die USA in eine Rezession geraten, was zu aggressiven Zinssenkungen führen würde.
«Investoren, die meine Ansicht teilen, dass eine kurzfristige Rezession unwahrscheinlich ist, sollten eine Positionierung für höhere langfristige Renditen von Treasuries in Betracht ziehen», schrieb Husain.
(Bloomberg)