Die Familie Pritzker ist eine der reichsten in Amerika. Bis vor etwa 20 Jahren herrschte sie über ein Imperium, das sich vom Betrieb von Hotels bis zur Herstellung von Eisenbahnwaggons erstreckte. Die Pritzkers sind immer noch Haupteigentümer der Hotelkette Hyatt. Das Vermögen ist allerdings innerhalb der Familie aufgeteilt worden.

Karen Pritzker, eine der Erbinnen, hat ihren Teil des Vermögens in Risikokapital angelegt und unterstützt Unternehmen wie Snap und Spotify. Jetzt hat auch sie sich der Welle von Investoren angeschlossen, die Blankoscheckfirmen finanzieren. Also so genannte Special Purpose Aquisition Companies, kurs SPACs. 

Das Pritzker Vlock Family Office ist Ankerinvestor der Thimble Point Acquisition, einem SPAC, die im Februar fast 300 Millionen Dollar bei ihrem Börsengang eingesammelt hat. Manager des Family Offices, benannt nach Karen Pritzker und ihrem verstorbenen Ehemann Michael Vlock, leiten das Unternehmen, das nach Software- und Technologie Ausschau hält.

"Damit können wir Unternehmen an die Börse bringen und quasi den gesamten Lebenszyklus vervollständigen", sagte Elon Boms, der 40-jährige Vorstandschef von Thimble Point, der auch Geschäftsführer des Family Office ist, welches vor dem Börsengang 50 Millionen Dollar bereitgestellt hat.

Wachsende Kraft

Der SPAC-Boom zieht Finanziers, ehemalige Politiker, Sportler und Prominente an, die bereit sind, mit ihrer Bekanntheit private und institutionelle Investitionen anzulocken.

Während grosse Family Offices seit langem in Privatmarktanlagen und Immobilien investieren, zeigen ihre jüngsten Wetten auf die sogenannten SPACs, dass sie auch am Aktienmarkt an Einfluss gewinnen. Kritiker fordern derweil nach dem Zusammenbruch von Bill Hwangs Archegos Capital Management mehr Regulierung in diesem Bereich. Der Kollaps des Family Offices Archegos hat namentlich die Credit Suisse schwer belastet. 

Family Offices sind von der Registrierungspflichten der US-Börsenaufsichtsbehörde Securities and Exchange Commission weitgehend ausgenommen. SPACs hingegen müssen der Aufsichtsbehörde Daten zur Verfügung stellen, wodurch Einblicke möglich werden, wie die Milliardäre ihr Geld verwalten.

Blankoscheck-Unternehmen

Der ehemalige Hedgefondsmanager Dan Och etwa ist besonders aktiv mit seiner Firma Willoughby Capital. Das in New York ansässige Unternehmen hat in ein Blankoscheck-Unternehmen investiert, das sich auf Konsumgüter in China konzentriert und ist laut einer informierten Person auch an Thimble Point beteiligt. Ajax I, ein von ihm gesponsertes SPAC, fusioniert mit der in Grossbritannien ansässigen Gebrauchtwagenplattform Cazoo in einer 7-Milliarden Dollar-Transaktion.

Barry Sternlichts Family Office ist bei sechs SPACs involviert. Eine Blankoscheck-Firma von einem der Mitbegründer des Family Office von Michael Dell hat bei seinem Börsengang letzten Monat fast 600 Millionen Dollar gesammelt.

Die meisten SPACs entstanden in den USA, aber der Trend ist mittlerweile global. Black Spade Capital, das in Hongkong ansässige Family Office von Casinounternehmer Lawrence Ho ist dabei. Die in London ansässige Man Capital des Milliardärs Mohamed Mansour investierte in Grab Holdings, eins der wertvollstes Startup Südostasiens, bevor dessen Börsengang im Rahmen eines 40-Milliarden-Dollar-Deals am vergangenen Dienstag angekündigt wurde.

Reiche Familien schliessen sich sogar zusammen. NNS Group, das Family Office des Ägypters Nassef Sawiris, hat sich mit einer Investmentfirma der Familien Frère und Desmarais zusammengetan, um die Avanti Acquisition zu gründen. 600 Millionen Dollar hat der Börsengangs in den USA, eingebracht, europäische Unternehmen sollen damit gekauft werden.

SPAC-Manie zeigt Zeichen von Verschleiss

"Anspruchsvolle Family Offices waren sehr aktiv", sagte Luigi Pigorini, Leiter Europa, Mittlerer Osten und Afrika bei Citi Global Wealth. "Sie haben unglaubliche Verbindungen, Wissen und Investitionsmöglichkeiten - all dies sind wichtige Kriterien."

Die SPAC-Manie zeigt jedoch auch Anzeichen von Verschleiss. Die behördlicher Kontrolle nehmen womöglich zu, die Bedenken hinsichtlich der Qualität der getätigten Deals tun es sowieso.

Immobilieninvestor Sternlicht scherzte, ein "sehr talentierter Hausverwalter" unter seinen Angestellten könnte wohl ein SPAC umsetzen. Er sagte CNBC letzte Monat: "Wenn Sie laufen können, dann kriegen Sie ein SPAC zustande" und lies durchblicken, dass viele derer, die hinter Blankoscheckfirmen stehen, Vermögensverwalter oder Führungskräfte seien, die zuvor an anderer Wirkungsstätte gescheitert sind.

"Drei Tage Due Diligence bedeuten nur, dass Sie den Briefkopf überprüfen und herausfinden, ob ein Unternehmen tatsächlich existiert", sagte Sternlicht CNBC. "Es ist ein wenig ausser Kontrolle geraten. Nein, es ist ganz klar ausser Kontrolle."

Sternlicht ist überzeugt, dass er selbst das Erfolgsrezept kennt. Seine "Jaws Spitfire Acquisition Corp." fusioniert mit Velo3D, einem Hersteller von 3D-Metalldruckern - die Transaktion ist 1,6 Milliarden Dollar wert. Die Jaws Acquisition Corp, die er ebenfalls mitfinanziert übernimmt den Gesundheitsdienstleister Cano für 4,4 Milliarden Dollar.

Rückgabe stärken

Selbst wenn SPACs keinen Erfolg haben, schadet das nicht unbedingt den Family Offices, die welche gegründet haben. SPAC-Sponsoren kaufen normalerweise Aktien der von ihnen geschaffenen Unternehmen zu einem Bruchteil des Standardpreises von 10 Dollar, den IPO-Investoren bezahlen. Sie besitzen in der Regel etwa 20 Prozent des Eigenkapitals nach dem Börsengang und können ihre Rendite durch Fremd- oder Eigenkapitalfinanzierung und Aktienoptionen weiter erhöhen.

Das Family Office des Unternehmers Ed Freedman beispielsweise ist mit dem Sponsor der "Stable Road Acquisition Corp." verbunden, ein Unternehmen, welches im Oktober seinen Zusammenschluss mit dem Transportunternehmen Momentus vereinbart hat. Die Blankoscheck-Firma hat bis nächsten Monat Zeit, die Transaktion abzuschliessen, und bittet derzeit seine Aktionäre um Zustimmung, die Frist zu verlängern.

Ein Aktienanteil, den der Sponsor für etwa 5 Millionen Dollar erworben hatte, kann dann mehr als das Neunfache dieses Betrags wert werden, selbst wenn der Aktienkurs des Unternehmens bei 10 Dollar bleibt. Freedmans Family Office hat dem SPAC darüber hinaus 300'000 Dollar geliehen und sich bereit erklärt, weitere 3 Millionen Dollar zu einem Preis von 10 Dollar pro Aktie zu investieren.

Ein Sprecher von Stable Road lehnte einen Kommentar ab.

Zwei Jahre Zeit

SPACs haben in der Regel zwei Jahre Zeit, um ein Unternehmen zu finden, das sie erwerben können. Wenn sie dies nicht schaffen, müssen sie Anlegern ihr Geld zuzüglich Zinsen zurückgeben. Der Sponsor büsst seinen Einsatz ein.

Thimble-Point-Chef Boms sagt, er habe vor etwa einem Jahr begonnen, über ein SPAC nachzudenken, nachdem er versucht hatte, Unternehmen durch einen Reverse Merger an die Börse zu bringen. Seit dem Börsengang des SPACs habe er mehr als 100 Treffen mit potenziellen Übernahmezielen gehabt. Von den rund 600 SPACs, die seit Anfang letzten Jahres gelistet wurden, hat noch nicht mal ein Drittel Deals angekündigt und nur etwa 30 haben bislang Übernahmen abgeschlossen.

Boms indessen ist sich sicher: "Wir haben eine sehr, sehr solide Liste."

(Bloomberg)