Die geplante Übernahme von UPC "ist tot", sagt Sunrise-Chef Olaf Swantee am Dienstag gegenüber Bloomberg. Sunrise wolle nun die bisherige Strategie des Alleingangs wieder aufnehmen, die "glücklicherweise gut funktioniert" habe und welche von den Aktionären gewünscht werde. Baldige neue Aktivitäten im Bereich Firmenübernahmen bezeichnet Swantee für Sunrise als "unwahrscheinlich". Ein neuer langfristiger Plan für das Unternehmen habe für ihn und sein Team nun Priorität.
Am frühen Morgen hatte Sunrise "aufgrund klarer Hinweise von Aktionären und der Ankündigung von Freenet, an der Generalversammlung gegen die Kapitalerhöhung zu stimmen", eine ausserordentliche Generalversammlung zur Übernahme von UPC abgesagt. Sunrise hätte an der GV die Zustimmung von mehr als der Hälfte der abgegebenen Stimmen gebraucht, um die Kapitalerhöhung, die für die Übernahme nötig war, durchführen zu können. Doch der Widerstand der für die ausserordentliche GV registrierten Aktionäre war zu gross. Laut der Einschätzung der Bank Vontobel war der US-Stimmrechtsberater ISS ausschlaggebend für für die Ablehnung der UPC-Transaktion.
Dabei hatten auch Zugeständnisse nichts genutzt. So hatte Sunrise die Kapitalerhöhung auf 2,8 Milliarden Franken verkleinert. Ursprünglich war sie gar 4,1 Milliarden Franken schwer, was den Börsenwert von Sunrise überstiegen hätte.
"Eine verpasste Gelegenheit"
Die Aktien von Sunrise eröffnen an der Schweizer Börse fast 5 Prozent im Plus und liegen zuletzt 2,4 Prozent höher. In Antizipation eines Scheiterns der Übernahme legten die Titel seit Anfang Mai 15 Prozent zu. Die Aktie des Konkurrenten Swisscom ist unverändert.
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Für die Bank Vontobel ist das Aus der UPC-Übernahme "eine verpasste Gelegenheit, den Schweizer Telekommarkt zu konsolidieren." Im Gefolge dieser Entwicklung dürfte das Umfeld für ähnliche Transaktionen bei kleineren Anbietern nachhaltig ungünstig sein. "Inzwischen rechnen wir damit, dass Sunrise weitere Marktanteile hinzugewinnen und an seiner attraktiven Dividendenpolitik festhalten wird", so die Bank Vontobel. Der Analyst der Bank entfernt allerdings die in der Bewertung enthaltenen Akquisitionssynergien von 50 Prozent und senkt daher das Kursziel der Aktie auf 85 Franken.
Widerstand aus Deutschland
Gegen den 6,3 Milliarden Franken schweren Deal hatten neben dem grössten Sunrise-Aktionär Freenet auch die aktivistischen Anleger Active Ownership Capital und Axxion opponiert. Freenet-Chef Christoph Vilanek kritisierte den Kaufpreis und die dazu nötige Kapitalerhöhung von 2,8 Milliarden Franken als zu hoch. Auch die Struktur des Deals sei nachteilig für die Sunrise-Aktionäre. Zudem sieht er den strategischen Sinn der Übernahme nicht mehr.
In einer Stellungnahme gegenüber AWP sagte Vilanek am Dienstagmorgen, dass Sunrise jetzt zum Tagesgeschäft zurückkehren müsse und sich darauf konzentriere, Marktanteile zu gewinnen. "Ich fordere, das UPC-Kabelgeschäft dort zu attackieren, wo das Sunrise-Produkt überlegen ist", sagte der Freenet-Chef. "Wir sind überzeugt: Wenn alle an einem Strang ziehen, kann die Aktie in den nächsten zwölf bis 24 Monaten deutlich steigen", sagte Vilanek zu Reuters.
Personelle Konsequenzen aus dem Debakel für die Sunrise-Spitze forderte Vilanek keine, er will die Firma offenbar nicht destabilisieren: "Dazu ist jetzt nicht der Zeitpunkt. Jetzt muss Sunrise wieder Fahrt aufnehmen. Dazu braucht man die besten operativen Leute." Über allfällige personelle Änderungen könne man sich unterhalten, wenn es in Richtung ordentliche Generalversammlung im nächsten Jahr gehe.
Swantee will offenbar bleiben
Auf die Frage, ob er bei Sunrise bleiben wolle, sagt Sunrise-CEO Swantee gegenüber Bloomberg: "Priorität ist nun, das Unternehmen zu stabilisieren und die Strategie neu zu definieren. Ich habe derzeit einen Job. Wir sind im Team zuversichtlich, dass wir die Strategie umsetzen können."
Das tönte vor wenigen Wochen noch etwas anders: Sicher sei, dass der Verwaltungsrat und das Management von Sunrise bei einem Scheitern der UPC-Übernahme "ziemlich durchgerüttelt" würden, sagte Swantee in einem Interview. Was er in einem solchen Fall selber tun werde, könne er noch nicht sagen: "Eine Ablehnung wird aber sicher Auswirkungen auf das Management und den Verwaltungsrat haben", so Swantee. Gemeint ist dabei sicher auch Verwaltungsratspräsident Peter Kurer, der die Übernahme unbedingt durchbringen wollte.
(Mit Material von AWP und Reuters)