Die europäischen Zölle würden US-Waren im Wert von 26 Milliarden Euro betreffen, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch. Es sei eine rasche und angemessene Reaktion. «Unsere Gegenmassnahmen werden in zwei Schritten eingeführt. Sie beginnen am 1. April und sind ab dem 13. April vollständig in Kraft.» Ihren Angaben nach werden 2018 ausgesetzte Zölle wieder in Kraft gesetzt. Auch Kanada kündigte Gegenmassnahmen an.

US-Präsident Donald Trump bekräftigte seine Drohnung, seinerseits Gegenzölle zu erheben. «Natürlich werde ich reagieren», sagte er zu Beginn eines Treffens mit dem irischen Ministerpräsidenten Micheál Martin im Weissen Haus vor der Presse. Irland, ein Mitglied der Europäischen Union, gehöre zu den Ländern, die die USA ausnutzten, fügte Trump hinzu.

Ein eskalierender Handelsstreit dürfte die exportabhängige deutsche Wirtschaft besonders treffen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach von einer klaren Antwort der EU: «Wir müssen unsere Kraft nutzen, deshalb auch stark und angemessen antworten, aber immer mit der Perspektive, dass es zu einer Verständigung kommt.» Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sagte am Rande der Handwerksmesse in München, es seien herausfordernde Zeiten. Die Wirtschaft treffe immer öfter auf geschlossene Märkte. Daher seien die Gegenzölle der EU folgerichtig und konsequent. Man dürfe sich der neuen US-Regierung von Präsident Donald Trump nicht unterwerfen. Die EU müsse vielmehr geschlossen und entschlossen sein.

Ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums ergänzte in Berlin, man begrüsse, dass die EU-Kommission weitere Gespräche mit der US-Regierung führen wolle. Die Bundesregierung sei nicht an einem Streit interessiert, sondern setze sich für klare Regeln in internationalen Handelsfragen ein. Ähnlich äusserte sich Frankreichs Europaminister Benjamin Haddad: Ein Handelskrieg sei nicht im Interesse beider Seiten.

Die EU könnte zur Not aber noch weitergehen, sagte er dem TV-Sender TF-1. Als Beispiele nannte er digitale Dienstleistungen oder geistiges Eigentum der USA. Ein kanadischer Regierungsvertreter sagte, noch am Mittwoch werde es die Ankündigung für Gegenzölle im Wert von knapp 30 Milliarden kanadischen Dollar (rund 21 Milliarden US-Dollar) geben.

Die EU-Zölle betreffen Produkte von Booten über Bourbon bis hin zu Motorrädern. Die EU-Kommission will zudem in zweiwöchigen Beratungen weitere Produktkategorien für Zölle auswählen. Von der Leyen zeigte sich zugleich aber offen für Verhandlungen mit den USA, um die Streitigkeiten auszuräumen: «Wir sind bereit, einen sinnvollen Dialog zu führen. Ich habe Handelskommissar Maros Sefcovic damit beauftragt, seine Gespräche wieder aufzunehmen, um bessere Lösungen mit den USA zu finden.»

Der deutsche Grosshandelsverband BGA sprach von einer deutlichen Antwort aus Brüssel: «Europa muss Trump gegenüber Stärke zeigen. Gleichzeitig muss die Tür für weitere Verhandlungen offen bleiben.»

Trump heizt Streit an

Trump hatte die Zölle verhängt und mit dem Schutz von US-Stahl- und Aluminiumproduzenten begründet. Sie sind am Mittwoch wirksam geworden. Betroffen sind alle Exporteure dieser Metalle. Mit den Abgaben belegt werden auch Produkte aus diesen Metallen, etwa Schrauben oder Getränkedosen.

Seit seinem erneuten Amtsantritt im Januar überzieht Trump zahlreiche Länder mit Zöllen oder droht damit. Er stört sich an den Handelsdefiziten seines Landes, will Unternehmen zu Investitionen in den USA bewegen und für mehr Schutz an den US-Grenzen sorgen. Zuletzt waren an der Wall Street aber Sorgen aufgekommen, er könnte es übertreiben und die weltgrösste Volkswirtschaft womöglich sogar in eine Rezession stürzen. Scholz sagte, das Vorgehen der Regierung in Washington werde die USA am meisten treffen.

Von den Zöllen am stärksten betroffen ist Kanada, der grösste ausländische Stahl- und Aluminiumlieferant der USA. Trump hatte Kanada zunächst angedroht, die Zölle auf diese Produkte aus dem Nachbarland sogar auf 50 Prozent zu verdoppeln. Später machte er aber einen Rückzieher, als der Regierungschef der kanadischen Provinz Ontario, Doug Ford, sich bereit erklärte, einen 25-prozentigen Aufschlag auf Stromlieferungen in die US-Bundesstaaten Minnesota, Michigan und New York auszusetzen.

Auswirkungen auf EU zunächst gering

Das Kieler Institut für Weltwirtschaft kalkuliert derzeit nur mit geringen Auswirkungen auf Europas Wirtschaftsleistung. Der negative Effekt dürfte demnach nur bei 0,02 Prozent liegen. Nur ein kleiner Teil der Produkte werde in die USA exportiert. Dazu passen auch Äusserungen des deutschen Konzerns Klöckner & Co: «Die Zölle sind für uns zunächst positiv», sagte Firmenchef Guido Kerkhoff. Die Zölle führten dazu, dass die Preise stiegen und die Kunden ihre Lager auffüllten. «Wir haben auch keine Mengen, die wir von Deutschland in die USA verschiffen.» Daher seien die Auswirkungen mit Blick in das zweite und dritte Quartal positiv.

Thyssenkrupp Steel verwies darauf, dass der Hauptmarkt des Unternehmens Europa sei. Die direkten Auswirkungen seien daher begrenzt. «Schwerwiegender sind indirekte Effekte, die dann entstehen, wenn für die USA bestimmte Exporte aufgrund der Zölle in beträchtlichem Umfang nach Europa umgeleitet werden. Dies würde den europäischen Markt nachhaltig schwer schädigen.»

Rivale Salzgitter betonte, die Trump-Zölle kämen zur Unzeit. Die USA seien der wichtigste Absatzmarkt für die europäische Stahlindustrie. «Allein aus Deutschland wird jedes Jahr rund eine Million Tonnen meist Spezialstähle in die USA exportiert.» Die US-Zölle dürften zu Mengenumleitungen nach Europa führen. Hier gebe es bereits Probleme mit Überkapazitäten aus China.

(Reuters)